Politik | Interview

Von jung zu jung

Die 25-jährige Jasmin Ladurner jüngste Frau im Südtiroler Landtag im Interview mit der 17-jährige Oberschülerin Miriam Stuefer, die ein Praktikum bei salto.bz macht.
Ladurner, Jasmin
Foto: Oliver Oppitz
Salto.bz. Frau Ladurner, gab es einen bestimmten Anlass oder eine wichtige Erfahrung in Ihrem Leben, die Sie bewogen haben, in die Politik zu gehen?
 
Jasmin Ladurner:  Ich war schon immer politisch interessiert und viele Gesprächsthemen in der Familie handelten von diesem Thema. Schlussendlich habe ich mich für das Studium der Politikwissenschaften in Innsbruck entschieden. Gleichzeitig nahm ich an einem Austauschsemester nach Israel teil und von dort führte mein Weg weiter nach Brüssel, wo ich ein Praktikum absolvierte. Dort bekam ich dann auch das Angebot einer Stelle in der Europäischen Volkspartei. So hat sich eben mein politischer Weg durchgezogen. Ich fand alles mega spannend, wollte aber dennoch in die Heimat zurückkehren. 
 
Es hat Sie dann aber nach München zur CSU verschlagen?
 
In München wurde mir ein Job in der CSU angeboten. Ich arbeitete dort für einen Minister und habe auch im Wahlkampf aktiv mitgearbeitet. Eigentlich wollte ich danach der Politik den Rücken kehren und in der Privatwirtschaft arbeiten. Ich habe ja auch einen Master in Wirtschaftswissenschaften. Meine erste Anlauf- und Arbeitsstelle in Südtirol war dann das Unternehmen Doppelmayr in Lana. 
 
Am Ende landeten Sie aber bei der SVP und schließlich im Landtag?
 
Mit der Zeit kam das Thema Landtagswahlen ins Rollen und ich bekam schon im Dezember 2017 jede Menge Anrufe, unter anderem von der JG und später auch von SVP-Obmann Philipp Achammer. Nach einer längeren Überlegungsphase habe ich mich dann für ein Kandidatur entscheiden. Die Landtagswahl selbst war dann für mich ein Riesenerfolg.
 
Sie scheinen selbst über den Einzug in den Landtag überrascht gewesen zu sein?
 
Natürlich hofft man. Es war für mich eine unheimliche Freude als klar wurde, dass die Kandidatur erfolgreich war. Die Wählerinnen und Wähler haben mir ihr Vertrauen geschenkt. Ich denke, dass mein Ergebnis durchaus beachtenswert ist, wenn man weiß, dass ich weder Verbände, Gruppierungen oder Lobbys hinter mir habe. 
Junge Menschen müssen selbst zum Einsatz kommen und das Land mit gestalten.
 
Sie haben auf den traditionellen Wahlkampf gesetzt. Den Kontakt mit den Leuten?
 
Ich war im Wahlkampf sehr viel unterwegs, habe an etwa 6.000 Haustüren geklingelt, zugehört und mit den Leuten gesprochen. Diesen Austausch mit der Bevölkerung möchte ich weiterhin aufrechterhalten. Wobei mir eines besonders wichtig ist: Junge Menschen müssen selbst zum Einsatz kommen und das Land mit gestalten. Ich möchte etwas im Landtag dazu beitragen und dort insbesondere auch die Interessen der Jugend vertreten. 
 
Politik ist immer noch ein Geschäft vorwiegend alter Männer?
 
(lacht) Ich denke es hat sich einiges geändert. Gerade die ältere Generation ist sich längst klar geworden, dass es immer junge Leute braucht. Viele wünschten sich in der SVP eine Veränderung oder Verjüngung. Das zeigt ganz sicher auch mein Wahlergebnis. Ich bin selbst noch jung und möchte konkret etwas für die Jugend tun. Es gibt hier viele Bereiche in denen man aktiv werden muss. Etwa die Auswanderung der Jugendlichen, die vielleicht ein Praktikum oder Studium im Ausland absolvieren und nach ihrem Abschluss nicht mehr zurückkommen. Hier muss die Politik handeln.
 
Allein mit der Agenda Jugend werden Sie aber nicht weit kommen.
 
Ein weiterer Punkt unser Land zukunftsfit zu machen, ist die digitale Entwicklung und Digitalisierung. 
Ein wichtiges Thema ist auch die Mobilität. Wobei wir immer auf unser größtes Kapital, die Natur, Acht geben müssen. Das öffentliche Verkehrsnetz muss in diesem Sinne ausgebaut werden. Etwa durch 
Car Sharing oder E-Verkehrsmittel. Ich will mich aber auch ganz besonders für uns junge Frauen einsetzen. Es muss mehr getan werden, um Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu gewährleisten – sowohl für Frauen, als auch für Männer. Als Vorbild kann hier das Skandinavische Modell dienen, das eine verpflichtende Elternzeit für beide Elternteile vorsieht.
 
Braucht Südtirol mehr Frauenpower?
 
Frauenpower und Powerfrauen finde ich super. Es braucht das Miteinander und ausgewogene Teams, von Männern und Frauen. Meiner Meinung nach ist diese Konstellation innovativer und besser, weil viel mehr Sichtweisen hinzukommen und wir viele Dinge anders, mit mehr Empathie und Feingefühl, angehen als Männer. Tatsächlich finden wir Frauen aber nach wie vor wesentlich seltener als Männer in Führungspositionen (und in der Politik). Das liegt weniger an der fehlenden Kompetenz, als viel zu oft an gängigen Konventionen und Rollenerwartungen. Und auch an Hürden, die es nach wie vor für Frauen gibt.
Ich bezeichne ich mich dezidiert als Nicht-Feministin. Aber ich unterstütze Frauen wo ich kann, damit sie ihren Weg gehen und ihre Ziele erreichen können. Wir Frauen können uns einander zu wahrer Größe verhelfen, indem wir zunächst einmal damit aufhören, uns gegenseitig kleiner zu machen, als wir sind. Zickenkriege helfen dabei niemandem.
Ich bezeichne ich mich dezidiert als Nicht-Feministin. Aber ich unterstütze Frauen wo ich kann, damit sie ihren Weg gehen und ihre Ziele erreichen können. 
Thema Frauenquote?
 
Eigentlich sollte heute keine Quote mehr gebraucht werden, aber es zeigt sich, dass sie immer noch vonnöten ist, damit die Teams wirklich gemischt sind. Gleichzeitig muss aber auch hier das Prinzip der Kompetenz gelten. Frau sein allein genügt nicht, es braucht kompetente Frauen. 
 
Der Südtiroler Jugend fehlt es meist an politischem Wissen. Wie kann man junge Leute dazu aufraffen, sich für die Politik zu interessieren?
 
Genau diese Thematik habe ich ganz stark während dem Wahlkampf verfolgt. Die Politikverdrossenheit tritt vermehrt auf. Es ist deshalb besonders wichtig, dass sich die jungen Leute mit Gleichaltrigen in der Politik identifizieren können. Und dass auf Themen eingegangen wird, die die heutige Jugend bewegt. Bis vor 5 Jahren herrschte (Jugend-)Arbeitslosigkeit, heute müssen wir uns über den Fachkräftemangel unterhalten.  Es braucht gezielte Maßnahmen und Kommunikationswege, damit die Jugend angesprochen wird, z.B. mit Fragestellentools in den sozialen Netzwerken. 
Des Weiteren muss die Schulpflicht garantieren, dass politische Bildung in der Schule alle erreichen kann. 
Die Schulpflicht muss garantieren, dass politische Bildung in der Schule alle erreichen kann. 
Gibt es für Sie auch ein Leben außerhalb der Politik?
 
Natürlich. Ich sportle wahnsinnig gern. Quasi mein Ausgleich, um den Kopf frei zu bekommen, neue Ideen zu sammeln und wieder zur Ruhe zu kommen. Berg- und Laufsport sind meine beiden Favoriten. Aber ich muss ehrlich gestehen, dass mir im Moment die Zeit fehlt, dem nachzugehen. Ich muss noch lernen, mir gezielt etwas Zeit für Privates und den Sport zu nehmen, um ein Gleichgewicht zur Arbeit zu finden. Der Austausch mit der Familie und der Sport sind meine beiden Ruhepole und Säulen, die mir Kraft geben. 
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Profil für Benutzer Karl Trojer
Karl Trojer Mi., 06.02.2019 - 11:50

Interessant !
Hinsichtlich einer Quotenregelung bin ich davon überzeugt, dass eine solche für die Dauer von 20 Jahren als 50/50 - Regel zur Geltung kommen sollte. Dies, weil jahrtausendealte gesellschaftliche Verzerrungen hinsichtlich der Minderwertung der Frauen immer noch nachwirken und Frauen viele Fehler machen können, d.h. aus Fehlern Kompetenz erlernen können, bis sie das Ausmaß poltischer Fehler erreichen, das Männer verursacht haben.
Ich würde die Parteien nicht nur dazu verpflichten, die Kandidatenlisten konsequent abwechselnd mit Frau - Mann, Frau - Mann,... aufzustellen, sondern auch die von der Partei errungenen Sitze paritätisch zu besetzen (dies könnte durch eine entsprechende vorausgehende Verzichtserklärung der Kandidatinnen/Kandidaten erfolgen).
Schließlich würden wir Männer von einer solchen Regelung nur profitieren : Zwischenmenschliche Beziehungen würden wichtiger, an Stelle des Konkurrenzkampfes käme mehr Kooperationsbereitschaft. Der Stress würde geringer werden, weil das "immer mehr, immer schneller" zugunsten von mehr Lebensqualität an Bedeutung verlieren würde.......

Mi., 06.02.2019 - 11:50 Permalink
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Profil für Benutzer Mensch Ärgerdichnicht
Mensch Ärgerdi… Mi., 06.02.2019 - 12:24

Frau Ladurner hat als Studentin der Politikwissenschaften ein Austauschsemester in Israel absolviert, sehr Interessant. Da müsste man bei Gelegenheit nachhaken, was sie als Teil und nun vor allem als politische Repräsentantin einer etnischen Minderheit von der israelischen Politik im Gazastreifen und den palästinensischen Konflikt hält.

Mi., 06.02.2019 - 12:24 Permalink
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Profil für Benutzer Harry Dierstein
Harry Dierstein So., 31.03.2019 - 10:49

Wenn Jasmin Ladurner sich selbst als "Nicht-Feministin" bezeichnet, dann ist das völlig plausibel und nicht zu kritisieren! Sie hat nämlich begriffen, dass Frauen im 21. Jahrhundert (in Mitteleuropa) keine schützens- und förderungswürdige Sonderlingsgruppe mehr darstellen, sondern eine vollständig gleichstellte und gleichwertige (gute) Hälfte der Bevölkerung repräsentieren.

Sie nutzt freimütig die Errungenschaften der Emanzipation der letzten Jahrhunderte und hat völlig zu Recht erkannt, dass es künstliche aufoktroyierte Steuerungsmechanismen (wie Quoten oder Sprachvergewaltigung mittels Gender*Sprech) nicht braucht, um es in der Gesellschaft oder Politik zu etwas zu bringen.

Insofern bin ich (zum ersten Mal) mit einer Äußerung der Jungpolitikern absolut einverstanden und hoffe, dass sie durch ihr Vorbild andere Mädchen und junge Frauen dazu inspiriert, sich stärker im öffentlichen Leben zu engagieren. (Was ja dann in Konsequenz theoretisch dazu führen könnte, dass Frauen endlich vermehrt Frauen wählen und nicht mehr so häufig Männer.)

So., 31.03.2019 - 10:49 Permalink
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Profil für Benutzer Christoph Moar
Christoph Moar So., 31.03.2019 - 13:19

Antwort auf von Harry Dierstein

Ich habe keine Vorbehalte gegen Frau Ladurner. Und falls sie dezidiert nicht-feministisch fühlt und agiert, ist das ihr Ding, und das Ihrer WählerInnen, um mal den Gendersprech hier mit reinzuziehen.
Was mir aber aufgefallen ist: in Gesprächen nach gemeinsam abgeschlossenem Studium hatten sich etliche meiner Mitkommilitoninnen als dezidiert nicht-Feministisch betrachtet. Erstaunlicherweise betrachten sie sich heute, nach über 20 Jahren, nicht mehr dezidiert nicht-Feministisch. Im Gegenteil. Ich finde das bemerkenswert.

Vielleicht ein Bias der Jugend?

So., 31.03.2019 - 13:19 Permalink
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Profil für Benutzer Harry Dierstein
Harry Dierstein So., 31.03.2019 - 18:02

Antwort auf von Christoph Moar

Beim Feminismus der jetzigen Postmoderne geht es den Aktivistinnen leider vornehmlich nur um GleichbeRECHTigung und nicht um die GleichSTELLUNG der zwei Geschlechter und ihren zahlreichen, mannigfaltigen Ausprägungen. (Dies könnte man volkstümlich auch als Rosinenpickerei bezeichnen.)

Wenn's also nachts um drei unten raschelt, dann geht ER runter um nachzuschauen, ob da ein Eindringling ist, die Emanze bleibt oben liegen. Wenn der Wagen die verschneite Steigung nicht mehr schafft, dann geht ER raus in die Kälte, um die Schneeketten aufzuziehen, sie bleibt drin sitzen und chattet mit ihren Freundinnen. Wenn irgendwo ein (Schiffs)-Unglück passiert, dann heißt es immer noch: „Frauen und Kinder zuerst.“

Stark neugierig bzw. mittlerweile extrem desillusioniert suche ich immer noch die tolle Karrierefrau, die dem Mann den Haushalt überträgt, das Leben draußen in der Wildnis alleine meistert und ihm die Erziehung der Kinder überlässt. (Den angeblichen Minderverdienst von 7% , den Frauen in der Freien Wirtschaft angeblich weniger erhalten sollen, wäre er natürlich bereit durch einen Nebenjob auszugleichen. Schließlich darf das Shopping ja nicht zu kurz kommen!)

Scheinbar muss es solche Frauen ja offenbar geben, denn es wird immer wieder kolportiert, dass die böse Männerwelt sie in ihrer Entfaltung behindern würde. Ich hingegen behaupte, dass dies lediglich eine ideologische Fantasie einer weiblichen Modellvorstellung ist, die in der Realität allenfalls in homöopathischen Spuren anzutreffen ist.

Sehr, sehr gerne lasse ich mich aber eines Besseren belehren und bin gespannt, ob es diese Frauen aus der feministischen Erzählung da draußen tatsächlich gibt. Bislang habe ich noch keine einzige kennenlernen dürfen.

So., 31.03.2019 - 18:02 Permalink