Campidoglio
Foto: tourismoroma
Politik | Gemeindewahl

Schräges Tauschgeschäft im Kapitol?

In der römischen Stichwahl um das Bürgermeisteramt droht eine politische Mauschelei.

Der Nachfolger der bereits in der Vorwahl gescheiterten römischen Bürgermeisterin Virginia Raggi könnte bereits vor dem zweiten Wahlgang am 17. Oktober feststehen. Carlo Calenda, Vorsitzender der von ihm selbst gegründeten Kleinpartei Azione, der im ersten Durchgang 19,8 Prozent der Stimmen erhalten hatte, will für die bevorstehende Stichwahl den PD-Kandidaten Roberto Gualtieri empfehlen, der im ersten Durchgang 27 Prozent erhalten hatte.

Damit will er einen möglichen Erfolg des Rechtskandidaten Enrico Michetti verhindern. Calenda stellt für seine Unterstützung jedoch eine ungewöhnliche Bedingung: in seinen zukünftigen Stadtrat darf Gualtieri keinen Vertreter der Fünf-Sterne-Bewegung aufnehmen. Damit schlüpft Calenda, der in der ersten Runde die geringste Stimmenzahl erhalten hatte, in die ungewöhnliche Rolle eines Königsmachers. Der vom Rechtsbündnis unterstützte Enrico Micchetti hatte im ersten Durchgang mit 30,1 Prozent die meisten Stimmen erhalten. Er versucht, die Parteichefs der Lega und der Fratelli d'Italia sowie den rechten Flügel von Forza Italia um Maurizio Gasparri für sich zu gewinnen.

 

Der neue M5S-Chef Giuseppe Conte verurteilt Calendas ungewohnte Initiative: "Dettare condizioni agli altri mi sembra quantomeno arrogante." Eine Zusammenarbeit mit der neuen Stadtregierung im Kapitol schließt er aus. Auch die scheidende M5S-Stadträtin Roberta Lombardi kritisiert das vorgeschlagene Tauschgeschäft als Kuhhandel: "L´ingresso in giunta delle 5 stelle non è stato mai chiesto nè ipotizzato. Rimane agli atti come iniziativa di una certa sinistra radical chic." Gualtieri, ein angesehener römischer Universitätsprofessor, ehemaliger Minister und EU-Parlamentarier gilt als qualifizierter Anwärter auf das Bürgermeisteramt. Ob er allerdings gewillt ist, das vorgeschlagene Tauschgeschäft zu akzeptieren, scheint fraglich. Und offen bleibt, wie viele Römer sich angesichts der vorgeschlagenen Mauschelei noch am zweiten Wahlgang beteiligen.