Wirtschaft | Tourismus

Niemand hat die Absicht, eine Mauer ...

In Gröden verstopfen die vielen Tagesgäste aus anderen Landesteilen die Straßen. Dem kann abgeholfen werden.
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Foto: Goggel Totsch

Erregungsphase

„Brain Drain“ jammert das WIFO, das Institut für Wirtschaftsforschung der Michlschen Handelskammer. Auf Deutsch (aber Deutsch ist ja heutzutage nicht mehr hip) würde man sagen: Unsere schlausten Köpfe wandern ins Ausland ab. „Ein Ergebnis der Studie ist die Tatsache, dass die jährliche Anzahl der Südtiroler Abwander/innen kontinuierlich auf rund 1.500 Personen (2017) gestiegen ist, wobei rund 70 Prozent davon akademisch gebildet sind. Häufig wird der ausländische Studienort als neuer Wohnsitz gewählt.“

Tragisch, aber so lange die Schlausten der Schlauen hier bleiben, fürchte ich nicht um die Wettbewerbsfähigkeit unseres Hoametl. Einer von ihnen ist Ezio Prinoth, Präsident des Tourismusvereins St. Christina. In der walschen RAI fordert Ezio „eine Obergrenze für den Gästeverkehr in Gröden. Die vielen Tagesgäste aus anderen Landesteilen würden die Straßen komplett überlasten“. Passsperren, Maut, alternierende Targas, zeitliche Korridore, … was wurde nicht alles angedacht, um der Blechlawine unterm Sellastock Herr zu werden, dabei braucht nur ein Querdenker wie Ezio kurz seine Ganglien in Wallung bringen und schon haben wir den Stein der Weisen, die Antwort auf die Gretchenfrage, was sage ich, die Kardinalsfrage überhaupt. Der Gordische Knoten zwischen Overtourism und Verkehrskollaps durchschlagen. Die Infrastruktur von Pontives bis hoch zu den Jöchern ist für die Grödner und ihre Gäste völlig ausreichend – wir, die einfallenden Horden von Auswärts sind das Problem!

Plateauphase

Ich muss Ezio einfach Recht geben: Wer einen Haufen Geld auf den Tisch legt, um in Ulrich zwischen Antonius- und Kirchplatz seine „Vasche“ zu drehen, hat ein Recht darauf unter seinesgleichen und seinem Wirt zu bleiben. Ich meine, wenn sie denn aus dem unterirdischen Labyrinth des Cavalino Bianco herausgefunden haben, das der Ralph Riffeser (das ist der mit der Hansi Hinterseher Gedächtnisfrisur) dort für sie in den Hang gesetzt hat. Wenn sie denn einen Ausweg aus der Wellnesswüste des Schwarzen Adlers gefunden haben, die die Sanoners auf der gegenüberliegenden Straßenseite in den Fels getrieben haben.
Allerdings verstehe ich nicht ganz wen Ezio mit Tagesgästen nun explizit meint – wer fährt im Ferragostomonat schon freiwillig nach Gröden? Wohl nur Masochisten, die spüren wollen, wie es sich anfühlt, zwei Euro für einen Macchiato zu zahlen oder 32 Euro für eine Andata/Ritorno auf die Seceda – aber Ezio hat Recht! Wir sollten ihm seinen Wunsch erfüllen.

Natürlich muss es dann auch umgekehrt gelten – gleiches Recht für alle. Wer in der Val Gardena gebucht hat, kann an Schlechtwettertagen nicht mal eben die Straßen in Bozen oder Brixen verstopfen: wir dürfen nicht mehr rein, sie dürfen nicht mehr raus. Auch nicht oben über. Am Grödner Joch ist Schluss, denn auch die Badiotten und Faschander bleiben unter sich.
An dieser Stelle muss ich Abbitte leisten für meine Verunglimpfung des Verkehrsladiners. Die Alfreiderschen Verkehrskameras auf den Jöchern sind nicht für Zählungen sondern Zahlungen gedacht. Wie in der Bozner Altstadt: Einmal mit MI- oder FÜ-Kennzeichen für eine Stippvisite nach Kurfar oder Canazei am Kameraauge vorbeigefahren – EINE MILLION STRAFE! Automatisch!
Innovation aus dem NOI-Techpark (das sind die, die zuerst für viel Steuergeld fusioniert und dann für noch mehr Steuergeld wieder aufgespalten wurden): Vollautomatische Erkennung der Kennzeichen am An- und Abreisetag und Abgleichung mit den Buchungsportalen von LTS (Landesverband der Tourismusorganisationen Südtirols), Booking.com, Tripadvisor, Trivago, AirBnB, Expedia, ... Dazu die totale Vernetzung mit den Bozner Stadtputz, den Karpf, den Zepf, der CIA und NSA für die Knöllchen.

Orgasmusphase

Ich freue mich schon auf das Purpurrot auf Google Maps, wenn die Sentas und Scusis zwischen Rungaditsch und Plan de Gralba ihre „Vasche“ drehen – ich vergaß, selbstredend dürfen sie auch nicht mehr nach Überwasser, also in Urtijëi auf die andere Bachseite. Ist ja schließlich Kastelruth ... Ausland … also da, wo die Tagesgäste herkommen.
Ganz wichtig: Schlupflöcher stopfen. Sollte einer der 4x4 SUVler auf die Idee kommen, sich nicht nur an großstädtischen Garagenrampen abzuarbeiten, sondern in die archaische Wildnis unserer Forstwege wagen, um einen Schleichweg nach Saltria zu finden, muss vorgebaut werden – im wahrsten Sinn des Wortes. Nachdem Israelis, der Orban und nicht zuletzt Donald Dumb Mauern und Zäune wieder salonfähig gemacht haben, sollten wir nicht davor zurückschrecken ganz Ladinien – das schönfärberischte Wort wäre wohl – grenzzubefestigen. Vielleicht bleiben ja noch ein paar Meter übrig, wenn Donald mit seinem Zaun zu Mexiko durch ist. Ja wer weiß, vielleicht haben ja die Piefke noch etwas von ihrer Mauer eingelagert – sollte man ihnen schleunigst abkaufen, bevor diesmal die Wessis einen antifaschistischen Schutzwall gegen das braune AfD-Gesocks im Osten bauen wollen und ihre Betonelemente selber brauchen. Ich schweife ab.

Dann bleibt nur noch ein Letztes: Ezio hat bei den Tagesgästen sicher auch die Dosigen gemeint. Nix mehr mit Sonnenaufgangschauen auf der großen Cir oder eine Spritztour in die Ciavazes. Dafür wird dann ab 5:45 zurückgeschossen und wir lassen die Grödner und Badiotten nicht mehr ins Mutterland (witzig, meine Autokorrektur macht immer ein „Idioten“ aus den Badiotten :-). Wer eine autarke, hochpreisige Tourismusdestination will, soll sie auch kriegen – ohne wenn und aber. Aber vorher müssen wir noch für die Ausweisung bzw. Rückführung der ladinischen Excommunitari sorgen. Irgendeine Einweichungsfeier für den Verkehrsladiner wird sich organisieren lassen: eine verbreiterte Kehre nach Campolongo, ein neuer Kreisverkehr in Wolkenstein, … Dazu alle Senoner und Demetz, die Moroders und Kostners … Hoteliere, Garnibetreiber, Urlaub-auf-dem-Bauernhof-Bauern. Kurz, wer einem „mitans y mituns“ eine Bedeutung abringen kann und dem gleichzeitig das Odeur des Fremdenverkehrs anhaftet, sollte an diesem Tag anwesend sein. Besser, alle die Ezio Prinoth zum Präsident des Tourismusvereins St. Christina gemacht haben. Besonders wichtig wäre, dass auch die Perla der Turbo-Touristiker im Grünen(-)Mäntelchen dabei ist und nicht in der Weltlandeshauptstadt sein Geschwafel von der Gemeinwohlökonomie absondert. Dann machen wir zu – den Sack, pardon die Zufahrtsstraßen. Dann können die Förster zeigen, was sie am Checkpoint Charlie auf halbem Weg zur Seiser Alm in langen Jahren gelernt haben.

Rückbildungsphase

Keiner kommt raus. Auch nicht Ezio! Den Brain Drain stecken wir locker weg!! A se udëi!!!

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Sepp.Bacher Di., 10.09.2019 - 22:27

Nachdem ich dem Ladinischen nicht mächtig bin, habe ich versucht den Google-Übersetzer mit „mitans y mituns“, "Odeur" und "A se udëi" zu füttern, aber er hat´s nicht gefressen. Da ich auch diese kleinen Bosheiten verstehen möchte, frage ich, ob es einen Ladidinisch Übersetzer gibt? Danke! Im übrigen gefällt mir der Beitrag.

Di., 10.09.2019 - 22:27 Permalink
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19 amet Sa., 14.09.2019 - 22:18

Für denn Zaun um Ladinien könnte man auch auf den langsam verrostenden,der am Brenner liegt, zurückgreifen, und der damals die Nowotnis ,Sobotkas und Jovanovics ,vor den dunkelhäutigen"Tschuschen" schützen sollte.
Es sei denn der Trump hat vielleicht ein Vorkaufsrecht.

Sa., 14.09.2019 - 22:18 Permalink