Gesellschaft | Baum und Menschen

Es geht um mehr als einen Baum

Es war also der letzte Sitzungstag des Bozner Gemeinderates
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Es geht um mehr als einen Baum

Es geschah am letzten Tag. Ich weiß so oder ähnlich beginnen Märchen, aber was ich jetzt erzähle ist keines, sondern es geht um ein trauriges Zeugnis einer Gesellschaft, die ihren Schleier von Gleichgültigkeit, aber auch Blindheit nicht ablegen will.
Es war also der letzte Sitzungstag des Bozner Gemeinderates. Laut Tagesordnung galt es zwei Sanierungsprojekte von verschiedenen Schulen in Bozen zu genehmigen, die in die Jahre gekommen waren und dringend einer Generalsanierung bedurften.

Dazu wurden die jeweiligen Planungsteams eingeladen, die ihre Arbeiten nach der allgemeinen Einführung durch den Stadtrat, vorstellten. Sie denken jetzt vielleicht, langweilig, was interessieren mich Pläne und Zahlen. Darum aber geht es nicht, denn diese Vorstellung im Gemeinderat liefert ein Spiegelbild jener Menschen, die gewählt wurden, um die Interessen der Bürgerinnen und Bürger zu vertreten.

Ich nehme es vorweg, ich war enttäuscht, dass weder der zuständige Stadtrat, der gleichzeitig die Bürde des Vizebürgermeisters trägt, noch die Planer in ihren Ausführungen zu den Sanierungsprojekt der Schulkomplexe ein Wort zu dessen Nachhaltigkeit bzw. Umwelt- und Klimaschutz fanden. Ärgerlich darum, weil ich bereits zwei Sitzungen vorher, bei der Genehmigung eines Kindergartens/Kinderhortes, das Fehlen von Informationen zum ökologischen Fußabdruck des Bauvorhabens bemängelt hatte. Bei allen drei Projekten handelt es sich um millionenschwere Investitionen.
Aus Fehlern sollte man lernen, möchte man meinen, aber dem war nicht so, denn auch beim letzten Bauvorhaben, musste ich die Daten über Energiekonsum, Nachhaltigkeit und Gesundheitsschutz wie mit einem Korkenzieher herausziehen.
Beim Projekt der Longon- und Archimedes- Mittelschule sollten auch große Bäume weichen, obwohl eine kürzlich genehmigte Baumschutzordnung dies untersagt.

Auffällig waren dazu einige Kommentare von Gemeinderäten, dass es sich „nur um ein paar Nussbäume und anders Zeug“ handelte.

Nach wie vor werden Bäume von zu vielen Menschen bestenfalls als Dekor betrachtet. Sie reden abfällig von Bäumen wie sie abfällig von Migranten oder Menschen reden, die sie ebenso als nicht gleichwertig betrachten.
Darum werden die Bäume aus dem Weg geräumt, weil man beispielsweise eine Straße, einen Parkplatz bauen oder ein Gebäude erweitern will. Dass die Bäume den Sauerstoff liefern, den alle Lebewesen zum Leben brauchen, scheint wenig zu interessieren. Ein Baum der Größe, wie jene, die man fällen will, produziert Sauerstoff für zwanzig Menschen und entnimmt dabei der Luft Kohlendioxid, dieses berüchtigte Treibhausgas, das hauptverantwortlich ist für die voranschreitende Klimakrise - mit großer Wahrscheinlichkeit die größte Herausforderung der Menschheit der nächsten Jahre und Jahrzehnte. 

Aber Bäume waschen auch die Luft von gefährlichen Schadstoffen und sie sind Motor von Wasserkreisläufen. Sie spenden außerdem wertvollen Schatten. Man hat in Bozen schon mehrere Plätze kaputt saniert, in dem sie mit Platten bzw. Asphalt versiegelt wurden. Kein Mensch überquert an heißen Tagen einen solchen Platz. Dass Bäume besonders an Schulen wertvoll sind, bedarf hoffentlich keiner Erläuterung. Trotzdem wird im Jahr 2020 noch ein Projekt zur Genehmigung vorgelegt, wo Bäume dem Beton weichen müssen. Warum nicht manche Unterrichtsstunde unter Bäumen halten, denn man schützt nur was man kennt und schätzt.

Wir sind Teil der Natur und als fragile Wesen auf eine intakte Mitwelt angewiesen, daher ist es klug, darauf zu achten, dass die Ökosysteme nicht geschwächt oder gar zerstört werden.
Albert Schweitzer, lehrte uns „Ich bin Leben, das Leben will, inmitten von Leben, das Leben will“. Das gilt auch für Bäume. Was sie ausatmen, atmen wir ein und umgekehrt.

Ich hoffe, dass die Machbarkeitsstudie zur Sanierung der Schule überarbeitet und eine kluge Lösung gefunden wird, so dass unsere Freunde die Bäume darin ihren Platz behalten und dass Klimaschutz und Nachhaltigkeit nicht nur Lippenbekenntnisse sind.

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Herta Abram Mo., 10.08.2020 - 17:21

Ja wirklich enttäuschend. Dieser, von Ihnen beschriebene, Mangel an Bewusstsein, um den Wert der Natur und den vielfältigen Zusammenhängen.
Dem innerstädtischen Grün kommt gerade in Zeiten des Klimawandels mit der zu erwartenden Zunahme von Hitzeperioden eine wachsende Bedeutung zu.
Von politischen Vertretern, Planern - eigentlich in allen Politikbereichen und Wirtschaftssektoren, sollte man erwarten können, dies, im vornherein stark zu berücksichtigen.
Ein einzelner Laubbaum produziert durch Photosynthese täglich über 10 Kilogramm Zucker und circa 10.000 Liter Sauerstoff. Die Sauerstoffproduktion reicht aus, um die Tagesration für etwa acht Menschen zur Verfügung zu stellen. http://rosenstein-park.de/index.php?page=Baum

Mo., 10.08.2020 - 17:21 Permalink
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Salto User
Silke Raffeiner Di., 11.08.2020 - 11:59

"Nachhaltigkeit" und "Zukunftsfähigkeit" bleiben für so manche Entscheidungsträger und -trägerinnen offenbar weiterhin leere Worte auf dem Papier, und das trotz Klimakrise, Fridays for Future und Corona-Krise. Hier spiegelt sich im Kleinen genau das, was Greta Thunberg den Mächtigen der Welt vorwirft, nämlich die totale Ignoranz.
Ich persönlich wünsche mir, dass Bozen eine Essbare Stadt wird.
https://utopia.de/ratgeber/essbare-staedte-so-funktioniert-das-konzept/
Herr Lantschner (und andere Grüne), bitte setzen Sie sich dafür ein.

Di., 11.08.2020 - 11:59 Permalink
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Dietmar Holzner Mo., 17.08.2020 - 16:06

Antwort auf von Silke Raffeiner

Da wird's wohl beim reinen Wunsch bleiben. Bozen wird nie und nimmer eine sogenannte "Essbare Stadt". Wir schaffen es weder die Wertstoffinseln in einem halbwegs ordentlichen Zustand zu halten, noch die Gehsteige hundekacke- oder im Winter schneefrei zu halten. Fahrräder werden permanent gestohlen, Wände und öffentliche Klos vollgesprüht, usw. usf. In Südtirols (größeren) Städten herrscht Null Gemeinschaftssinn. Für alles sind die öffentlichen Dienste zuständig. Die strikte Trennung der Sprachgruppen- und Kulturkreise tun das ihre dazu. Vielleicht sollte man wirklich alle städtischen Dienste auflassen....mal schauen, was passiert.

Mo., 17.08.2020 - 16:06 Permalink
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Martin Aufderklamm Fr., 14.08.2020 - 18:26

Der Matteottiplatz in Bozen scheint - trotz Neugestaltung - der nächste Kandidat für eine Asphaltinsel ohne Schatten zu sein, sowie bereits der Dominikaner und Mazziniplatz.

An kleinen öffentliche Trinkhähne an Plätzen scheint auch niemand in der Gemeinde zu denken, siehe Lino Ziller Platz: relativ gut gelungene Neugestaltung, aber ohne Brunnen. Der Eingang des Supermarkets lädt geradezu ein, etwas Trinkbares (in Plastikflasche) zu kaufen.

Da gibt es noch viel viel Aufholbedarf, auch seitens der Grünen.

Fr., 14.08.2020 - 18:26 Permalink
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Eva Ormos Mo., 17.08.2020 - 14:30

Bravo Herr Lantschner! Es scheint, man muss den Entscheidungsträgern nicht nur auf die Finger schauen, sondern sie immer wieder aufrütteln und auffordern, die Rechte der hier lebenden Menschen auf ein angenehmes (Stadt)leben nicht außer Acht zu lassen! Auch die nächsten Generationen werden es danken!

Mo., 17.08.2020 - 14:30 Permalink