Umwelt | Afing

Gesalzene Rechnung

Eine Bürgeriniative will eine Volksbefragung abhalten. Die Gemeinde blockiert und neun Bürger bleiben am Ende auf Gerichtskosten von über 15.000 Euro sitzen.
Afing ist in Sicht
Foto: Oswald Stimpfl
Man verweigert uns seit Jahren ein Bürgerecht und jetzt auch das noch“, ist Toni Höller entsetzt. Der Vorsitzender des Afinger Promotorenkomitees ist nicht der Einziger, der das Urteil des Bozner Landesgerichts nur mit Kopfschütteln kommentieren kann. „Wovor haben der Bürgermeister und die Assessoren Angst?“, fragt sich auch sein Mitstreiter Robert Tammerle.
Höller und Tammerle gehören zu einer Gruppe Afinger Bürger, die sich erlaubt haben gegen ein bäuerliches Bauvorhaben Sicherheitsbedenken anzumelden. Es geht um einer Wasserleitung zu Beregnungszwecken. Daraus entwickelte sich eine Geschichte, die zeigt welche Macht die Bauernlobby in diesem Land hat. Aber auch wie leicht man mit berechtigten Anliegen in eine bizzare Situation kommen kann.
 

Die Beregungsleitung

 
Das private Bodenverbesserungskonsortium JeKon hat schon vor Jahren ein Projekt zum Bau einer 30 Kilometer langen Berregungsleitungleitung von der Zone Fiechterhittl im Sarntal bis nach Glaning eingereicht. Die geplante Druckrohrleitung soll einem halben Meter Durchmesser haben und 100 Litern Wasser pro Sekunde führen. Die Bauern wollen damit ihre Wiesen und Äcker auch in Zeiten von Trockenheit bewässern.
Diese Leitung soll genau oberhalb des Dorfes Afing vorbeigehen. Der Gefahrenplan des Landes weist dort mehrere Gefahrenzonen aus. In den vergangenen Jahrzehnten gab es immer wieder Steinschlag und Muren. „Die Häuser der Afinger befinden sich allesamt unterhalb der geplanten Wasserleitung“, fasst Toni Höller die Kritik zusammen, „eine solche Leitung über dem Dorf bedeutet eine ständige Gefahr“. 
 
Eine Handvoll Bürger und Bürgerinnen machen gegen das Projekt deshalb mobil. Es geht dabei nicht den Bau der Leitung zu verhindern. Sondern die engagierten Afinger Bürger versuchen, den die Gemeindeverwaltung von Jenesien und das Bonifizierungskonsortium JeKon zur Verlegung der Bewässerungsleitung unterhalb ihrer Wohnsiedlung zu bewegen.
 

234 Unterschriften

 
Am 3. Oktober 2016 hinterlegten die besorgten Afinger Bürger bei Bürgermeister Paul Romen eine Petition mit 234 Unterschriften und forderten ihn darin auf, sich für diese Verlegung einzusetzen. Bei den 234 Unterschreibenden handelt es sich um mehr als 90 Prozent der betroffenen Bevölkerung über 16 Jahre.
Die Initiative scheint aber den Bürgermeister und die Gemeindeverwaltung kaum zu beeindrucken. Im Gegenteil. Genau eine Tag nach der Überbringung der Unterschriften – am 4. Oktober 2016 – stellt Paul Romen die Baukonzession für die Wasserleitung aus.
„Der Bürgerinitiative sagte er, er müsse überlegen und wolle innerhalb von sechs Monaten Bescheid geben“, erinnern sich Höller und Tammerle, „bis heute hat er mit keinem Wort auf die Unterschriften reagiert.“ Da der Bürgermeister und die Verantwortlichen des Betreiberkonsortiums JeKon mit weiteren Verzögerungen taktierten, gründen die Afinger Bürger im Frühjahr 2018 ein Promotorenkomitee, um eine Volksbefragung anzustreben.
 

Volkesfragung & Urteil

 
Auf das Ergebnis einer Volksbefragung müsse der Bürgermeister reagieren, teilten die Initiative für mehr Demokratie und die Volksanwaltschaft der Bürgerinitiativgruppe von Afing mit. In der abgegebenen Fragestellung geht es ausschließlich um den zu verändernden Trassenverlauf oberhalb des Dorfes Afing und des Weilers Enterbach-Pockschien. Obwohl Volksbefragungen ein Bürgerrecht sind und im vorliegenden Fall alle Voraussetzungen bestanden, lehnte die zuständige Kommission in Jenesien im Frühjahr 2018 eine solche ab. 
 
Das Promotorenkomitee zieht deshalb im Sommer 2018 vor das Landesgericht. Im Dezember 2018 dann das Urteil. Es ist en Schock für die Einbringer: Das Gericht lehnt die Volksbefragung mit der Begründung ab, dass das Projekt übergemeindlich sei.
Das Promotorenkomitee wird zudem zur Zahlung der Maximalkosten in der Höhe von 13.800 Euro aufgefordert und hat zusätzlich die eigenen Anwaltskosten zu tragen. Insgesamt mehr als 15.000 Euro.
Toni Höller als Vorsitzender des Komitees sagt enttäuscht: „Der Bürgermeister hat sich ausschließlich auf die Seite der profitierenden Bauern aus Jenesien geschlagen, die Privatinteressen verfolgten.“. Engagierte Afinger Bürgerinnen und Bürger hätten nur versucht für die Sicherheit des eigenen Dorfes zu sorgen. „Und jetzt werden wir vom Promotorenkomitee auch noch dafür finanziell abgestraft“, resümiert Höller.
Die engagierten Afinger Bürgerinnen und Bürger wollen trotz dieses Urteils nicht aufgeben. Sie haben ein Spendenkonto einrichtet und bitten die Bevölkerung um Unterstützung bei ihrem Kampf um die Zukunft von Afing: „Jede andere Trasse ist besser als die derzeit geplante“, sagen sie.
 
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Erwin Demichiel Sa., 12.01.2019 - 17:17

Hallo, Fidi Ellmenreich, nichts leichter als das. Auf Ihre Anregung hin hab ich dem Bürgermeister nachfolgende Email geschrieben. Ich nehme an, dass er sich zu Wort melden wird.

Sehr geehrter Herr Bürgermeister,
am 12.01.2019 ist im Online Portal SALTO ein Bericht erschienen über das Thema „Wasserleitung zu Beregnungszwecken“ (https://www.salto.bz/de/article/12012019/gesalzene-rechnung).
Darin wird geschildert, wie sich ein Promotorenkomitee von Jenesiener BürgerInnen der Fraktion Afing mit demokratischen Mitteln um eine Verlegung der Trasse der geplanten Wasserleitung bemüht hat und was dabei geschehen ist.

Eine Leserin des Portals schreibt, dass sie Ihre Meinung dazu interessieren würde. Diese würde auch mich interessieren und sie wäre sicherlich auch von öffentlichem Interesse. Wären Sie zu einer solchen Stellungnahme im Portal SALTO bereit?

Herzliche Grüße

Sa., 12.01.2019 - 17:17 Permalink
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Erwin Demichiel Di., 22.01.2019 - 20:57

Hallo Fidi Ellmenreich, hier die Antwort des Bürgermeisters:

Vorausgeschickt, dass ich als Bürgermeister und somit Verantwortlicher für den Zivil und Personenschutz, mich in diesen Jahren eingehend mit Fachleuten zum Trassenverlauf der Beregnungsleitung in Afing konfrontiert habe und alle das geplante Projekt aus unterschiedlichsten Perspektiven als die beste,sicherste und nachhaltigste Lösung einstufen, wissend, dass sich Planer und Verantwortliche, auch um die in Afing gestreute Angst zu entkräftigen, intensiv um die bestmöglichste Sicherheit gekümmert haben und die Studien vor allem deshalb gemacht werden um die Sicherheit der Bürger zu gewährleisten,erlaube ich mir auf zwei Sachverhalte hinzuweisen :
a)
Projekt
Das genehmigte Projekt, welches von einem privaten Bodenverbesserungskonsortium vorgelegt wurde , enthält alle Voraussetzungen: von der notwendigen Wasserkonzession, UVP Prüfung, geologische Gutachten, Durchfahrtsgenehmigungen der betroffenen Grundeigentümer bis hin zum positiven Gutachten der Baukommission, sodass der Erlass einer Baukonzession die notwendige Folge war. Alles andere wäre wohl als Willkür des Bürgermeisters zu bezeichnen.Hier geht es auch nicht um eine mächtige Bauernlobby zu unterstützen sondern um ein notwendiges Projekt, welches mit großer Sorgfalt seit Jahren verfolgt wird um für das notorisch trockene Jenesien und Afing Wasser zu garantieren.
Nach Hinterlegung der 234 Unterschriften ( Art und Weise wie diese eingeholt wurden, wäre wohl auch noch zu hinterfragen ) hat der Bürgermeister so wie im beigelegtem Schreiben verlangt den Gemeinderat dazu informiert und den Antrag dort besprochen mit dem BVK JeKon Kontakt aufgenommen und diese ersucht andere mögliche Trassenführungen unterhalb des Dorfes zu prüfen. Dieser Verlegung konnte von JeKon nicht entsprochen werden, da die zusätzlich dazu eingeholten geologischen Gutachten negativ waren. Zu erinneren bleibt, dass unabhängig vom erstellten Gutachten auch weitere frühere und für andere private Zwecke bestimmte Gutachten genau auf die gleichen Gefahren im vorgeschlagenen Bereich hinweisen.
Wie von den Promotoren im Salto Artikel behauptet “der Bürgermeister habe bis heute mit keinem Wort auf die Unterschriften reagiert, ist eine ganz mindere Unterstellung und Lüge.
Wahr und dokumentierbar ist, dass es verschiedene Aussprachen nicht zuletzt auch im Beisein der Volksanwältin und Vertrauenstechnikern der Bürgerbewegung gab . Mehrmals wurde die Bürgerbewegung eingeladen ein geologisches Gutachten vorzulegen, welches die Möglichkeit einer Trassenführung unterhalb des Dorfes bestätigt. Dazu gab es immer nur Funkstille von seiten der Bürgerbewegung!!!!!!!
In Anbetracht der vorhandenen Gutachten wurde bei einer gemeinsamen Aussprache in Afing zwischen Vertretern der Bürgerbewegung und JeKon vereinbart, dass die Bürgerbewegung in die Planung mit einbezogen wird und bei allen Sicherheitsvorkehrungen mitsprechen kann. Damit hatte sich die (ehemalige erste) Bürgerbewegung einverstanden erklärt und ihre Mitarbeit auch zugesagt. Meines Wissens sind diese Afinger Bürger auch aktiv am Ausführungsprojekt eingebunden. Dabei haben auch gar einige implizit ihre erste Unterschrift zurückgezogen, weil ihr Antrag und vora allem Bedenken berücksichtigt wurden.
Zwei Personen Toni Höller und Robert Tammerle wollten die geologischen Gutachten nicht wahrhaben und vertraten ohne wissenschaftlichen Hintergrund weiter die Meinung, sie wüssten mehr und besser als alle Geologen wie die Trasse in Afing zu verlaufen hätte. Diese Meinung wurde mediengerecht und populistisch immer wieder in diversen Formen verbreitet. Immer noch im Namen aller 234 Unterschriften wenn auch wahrscheinlich ohne Berechtigung. Es wurde nämlich ein neues Komitee bestehend aus 9 Personen gebildet.
Um eventuelle weitere Zweifel zu beseitigen, wurde auch noch der Landesgeologe Dr. Volkmar Mair mit den Anliegen vertraut gemacht. Auch dieses Gutachten schließt eine Trassenführung unterhalb des Dorfes aus. Aber nein auch dieses Gutachten wurden von Höller & Co. wieder mehr als abfällig kommentiert. Vermittlungsversuche gab es immer wieder zuhauf. Gesucht wurden aber immer nur sehr populistische Vergleiche um Angst und Hetzerei in Afing gegen die eigenen Afinger Gemeindereferentinnen und Bürgermeister zu streuen eben weil dieser eine ordnungsgemäß ausgestellte Baukonzession nicht widerruft. Bei allem Respekt vor gegenteiliger Meinung bleibt es halt Aufgabe der Gemeinde und Behörden die gesetzlichen Vorgaben und Auflagen zu prüfen und dies wurde sehr sorgfältig gemacht. Vor allem wenn es keinen alternativen Lösungsvorschlag (ausser einen Strich in der Landschaft) gibt.
Festzuhalten bleibt, dass die Technik und Sicherheitsauflagen für Wasserfuhr heute sehr ausgereift sind und die notwendigen Kontrollen und Überprüfunfen sehr rigoros sind. Bei allem Verständnis für jegliche Bedenken muss ich mich als Amtsperson auf fachliche Gutachten stützen und nicht auf Vorstellungen von Bürgern welche dazu noch von Gutachten widerlegt werden. Auch Gutachter haben neben ihrem Fachwissen, Hausverstand den sie einsetzen wann es um die Sicherheit eines Projektes geht. Hier geht es um objektive Beurteilung und nicht um Panikmacherei.
Eine kurze Gegenfrage sei erlaubt. Kann es sein, dass es nicht um die Wasserleitung sondern ums eigene Ego in Afing geht?

b) Antrag auf Referendum:

Beim Antrag zum Referendum gilt es vorauszuschicken, dass dabei nicht über das Projekt oder Sicherheitsfragen diskutieret wurde sondern bisher rein darum ob die vom Promotorenkomitee eingebrachte Fragestellung zugelassen werden darf. Dazu wurde von der Gemeinde der notwendige und gesetzlich vorgeschriebenen Iter in die Wege geleitet.
Das heißt Kenntnisnahme und Weiterleitung an die richterliche Kommission, welche die Zulässigkeit des Antrages im Sinne der gesetzlichen Bestimmungen, Gemeindestatut und Gemeindeverordnung prüft.
Zu erinnern bleibt, dass diese Kommission, nicht wie man in der Pressemitteilung glauben lässt, eine Kommission aus Jenesien ist, sondern aus unabhängigen Richtern besteht.
Diese hat die Fragestellung aus mehreren Gründen nicht zugelassen. Vor allem aber weil es nicht angeht, dass nur die Bürger der Fraktion Afing zur Volksabstimmung, über den Widerruf( Annullierung) einer Baukonzession die im gesamten Gemeindegebiet gültig ist, zugelassen werden sollen.
Auch diese richterliche Entscheidung wurde so wie die vorherigen Gutachten nicht anerkannt und vor dem Landesgericht in Bozen angefochten, welches den Antrag erneut abgelehnt hat.
Jeder, der sich ein klein wenig mit Gerichtsverfahren auskennt weiß, dass ein Antrag auch kostenpflichtig abgewiesen werden kann. Und vor allem was dies heißt.
Zu bemerken bleibt nur, dass die Gemeinde Jenesien im Anschluss, an ein durchgeführtes Umweltverträglichkeitsverfahren (UVP) nach Prüfung aller Unterlagen und Gutachten als letztes Glied des Verfahrens eine ordnungsgemäße Baukonzession erlassen hat, den Antrag auf Referendum so wie gesetzlich vorgeschrieben an die zuständige Kommission weitergeleitet hat und dessen Entscheidung zur Kenntnis genommen hat ......
vom Promotorenkomitee in den Gerichtsaal zitiert wurde.

Die Gemeindeverwaltung ist überzeugt alles korrekt abgewickelt zu haben und den Antragstellern sehr oft Gehör geschenkt zu haben.

Zwecks Verwehrung von Bürgerrechten verweise ich auf die gemeindeeigene Satzung und Verordnung. Dort können sie die bürgerfreundliche Gesinnung der Gemeindeverwaltung im Vergleich feststellen.

Mit freundlichen Grüßen
Paul Romen

Di., 22.01.2019 - 20:57 Permalink