Politik | Tag der Jugend

„Die Zukunft gehört uns“

Internationaler Tag der Jugend: SKJ und SJR zeigen Sorgen junger Menschen während Corona und appellieren an die Politik: „Zeit, positive Akzente für Jugend zu setzen.“
Tanja Rainer, SJR
Foto: (Foto: salto.bz)

„Erinnern Sie sich an ihre Jugend? Die Streitigkeiten, die Liebesgeschichten, Partys, gemütliche Abende mit Freunden...Die Jugend ist kurz, schön, verrückt, langweilig und gerade habe ich persönlich das Gefühl, als würde mir jemand meine Jugend steheln, die Zeit, die sowieso schon so kurz ist.“

Mit diesem Zitat eines jungen Menschen appellierte der Südtiroler Jugendring (SJR) am heutigen internationalen Tag der Jugend (12. August) am Schloss Maretsch an die Entscheidungsträger: „Uns war es wichtig aufzuzeigen, wie es jungen Menschen während der Lock-down Phase ging. Denn im Vordergrund standen bisher die Leistungsträger, Kinder-und Jugendliche wurden vergessen,“ so die Vorsitzende des SJR Tanja Rainer.  Dafür hat der SJR eine online Umfrage durchgeführt, bei der rund 3.500 junge Frauen und Männer zwischen zwölf und fünfundzwanzig, mehrheitlich aus ländlichen Gebieten, teilnahmen. 

 

Das Corona-Jahr hat das Leben aller auf den Kopf gestellt, doch besonders in jungen Jahren, in der Phase der Selbstfindung aber auch Unsicherheit, können düstere Wirtschaftsperspektiven und ein beschränktes Sozialleben aufs Gemüt schlagen. Dies widerspiegelt sich in jenem Teil der Umfrage, der sich mit der Gefühlslage junger Menschen in Südtirol beschäftigt. Aus der Umfrage geht deutlich hervor, dass Jugendliche nach Corona unzufriedener sind, wie noch davor. 

Während in der ersten Woche des Lock-Downs der Beratungsbedarf zurückging, ist dieser später in die Höhe geschossen

Geschäftsführer Kevin Hofer teilt Beobachtungen, die aus der Jugendberatung vom SJR „Young and Direct“ hervorgehen: „Während in der ersten Woche des Lock-Downs der Beratungsbedarf zurückging, ist dieser später in die Höhe geschossen“, erzählt Hofer. Anfragen zur Beratung gingen in der Phase der Corona-Pandemie viel häufiger ein, wie noch vor Corona. 

Jedoch zeigen die Ergebnisse auch, dass diese geänderte Stimmung Jugendliche nicht davon abhält, sich an die Regeln zu halten:

 

 

Entgegen häufiger Stereotype, Jugendliche würden sich nicht um die Einhaltung der Distanz kümmern und stattdessen wilde Parties feiern, entgegnet der stellvertretende SJR-Vorsitzende Michael Kaun: „Diese Studie zeigt, dass die Jugend sich sehr wohl an die Sicherheitsbestimmungen zeigt. Eine negative Pauschalisierung der Jugend, ist problematisch, denn sie fördert kein gutes Bild junger Leute in der Gesellschaf.“

 

Mehr Sorgen, weniger Freunde, gleich viel Netflix

 

Ebenso änderten sich während des Lock-Downs die Freizeit der Jugendlichen. So gaben über 40 Prozent der Jugendlichen an, sich mehr am Haushalt beteiligt oder auf jüngere Geschwister aufgepasst zu haben. Die meisten jungen Leute investierten mehr Zeit in Hausaufgaben und verbrachten viel Zeit mit der Familie. Verständlicherweise ging die Zeit mit Freundin stark zurück. Was überrascht: der Konsum von Fernseher bzw. Streamingdiensten oder Computerspielen bleibt bei vielen in etwa gleich.

Eine negative Pauschalisierung der Jugend, ist problematisch

Auch eine unerwartete Erkenntnis: Fast alle Jugendlichen machen sich Sorgen über die weltweite Entwicklung:

 

 

Dabei informiert sich der Großteil im eigenen Elternhaus und bei Nachrichtendiensten, während die Politik oder Institutionen wie Uni, Vereine oder Schule weniger konsultiert werden. Dies widerspiegelt sich wohl auch mit dem Trend, dass immer mehr Leute Vertrauen in die Politik und Institutionen verlieren, wie auch eine Aussage aus der Umfrage thematisiert: „Die Jugend verliert meiner Meinung nach das Vertrauen in die Politik, den Staat und das schon längere Zeit und nun noch mehr,“ so die Stimme eines jungen Menschen.

Die Jugend verliert meiner Meinung nach das Vertrauen in die Politik, den Staat und das schon längere Zeit und nun noch mehr

Betrachtet man jedoch die Antwort der Politik auf die Bedürfnisse der jüngeren Generationen währen der Coronapandemie, so erscheint es, als seien Entscheidungsträger sich ihrer schwindenden Legitimität unter Jugendlichen nicht wirklich bewusst. So gaben von den jungen Teilnehmenden über ein Drittel an, mit ihren Sorgen kein Gehör gefunden zu haben.

 

 

Ausgehend von den Erkenntnisse der Umfrage hat der Jugendring eine Resolution beschlossen und den politischen EntscheidungsträgerInnen übermittelt. Der SJR sieht zukünftigen Handlungsbedarf in vier Bereichen: „Erstens braucht es eine Überprüfung von Gesetzesvorhaben in Zusammenhang mit Corona auf deren Auswirkungen auf Kinder und Jugendliche,“ fordert Tanja Rainer. „Insbesondere sind hierbei die möglichen psychischen Folgen etwaiger Maßnahmen für junge Menschen zu beachten,“ so die Vorsitzende. Zweitens fordert der SJR, dass alle Maßnahmen die ökologische, ökonomische und soziale Nachhaltigkeit im Sinne der Generationengerechtigkeit gewährleisten. „Wenn man bedenkt, wie viel Gelder nun ausgegeben werden, um die Wirtschaft wieder anzukurbeln, darf für die nächste Generation nicht nur ein Schuldenberg entstehen, sondern muss auch die Nachhaltigkeit gewährleistet werden.“

Drittens benötige es Anreize und Unterstützung, um einem Anstieg der Jugendarbeitslosigkeit entgegenzuwirken, sagt Rainer: „Wir haben von sehr vielen jungen Menschen gehört, dass ihr Praktikumsplatz oder Sommerjob abgesagt wurde.“ Zuletzt einer der wichtigsten Punkte der Resolution: eine interdisziplinäre ExpertInnen-Gruppe, wo Kinder und Jugendliche mit Entscheidungsträgern zusammensitzen um ihre Ideen miteinzubringen, und Maßnahmen für sie nachvollziebarer zu gestalten. „Kinder und Jugendliche haben eine eigene Sichtweise wie wir Erwachsenen und sind dort Experten,“ schließt Rainer ab. Der Jugendring hofft, dass die Resolution möglichst rasch Berücksichtigung findet.

 

 

Auch Südtirols Katholische Jugend (SKJ) möchte am internationalen Tag der Jugend daran erinnern, jungen Menschen zu ermöglichen, positiv in die Zukunft zu schauen. „Jugendliche haben das letzte halbe Jahr auf vieles verzichten müssen und die Erfahrungen sind sehr unterschiedlich. Jetzt ist es an der Zeit, an die Zukunft zu denken und gerade für die Jugend positive Akzente zu setzen “ ist Sara Burger, zweite Landesleiterin der SKJ überzeugt. Laut Katholischer Jugend seien Maßnahmen nötig, um Jugendarbeitslositkeit vorzubeugen, um weiterhin Bildung, inklusive Präsenzunterricht, zu gewährleisten, und um den Austausch untereinander zu fördern. Zudem müssten Jugendliche Raum finden können, ihre Freundschaften auszuleben, sich selbst zu verwirklichen und ihre Stimme gelten zu lassen.

„Der Tag der Jugend ist für uns Ansporn, dass Politik, Gesellschaft und Kirche gerade jetzt an die jungen Menschen denken müssen, um einer „Generation Corona“ im negativen Sinne vorzubeugen,“ sagt Burger. „Die Zukunft gehört uns, arbeiten wir gemeinsam daran, dass die Stimme der Jugend gehört wird.“