Kultur | Raumordnung

Worauf baut Südtirol?

Wie sehr wird das neue Raumordnungsgesetz, das nächstes Jahr in Kraft tritt, Südtirol prägen?
Hinweis: Dies ist ein Partner-Artikel und spiegelt nicht notwendigerweise die Meinung der SALTO-Redaktion wider.
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Foto: Florian Scartezzini

Text: Florian Scartezzini

In Zusammenarbeit mit der Architekturstiftung Südtirol / in collaborazione con la Fondazione Architettura Alto Adige.

 

Kommendes Jahr tritt das neue Raumordnungsgesetz in Kraft. Inwiefern wird Herr und Frau Südtiroler von der neuen Regelung über die räumliche Entwicklung des Landes betroffen sein? Das  nachfolgende Interview mit Arch. Adriano Oggiano, dem Direktor des Amtes für Gemeindeplanung der Landesabteilung für Natur, Landschaft und Raumentwicklung, gibt einen kurzen Überblick, was sich durch das neue Gesetz in Zukunft ändern wird.

 

Arch. Scartezzini: Was sind die Kernaussagen des neuen Gesetzes?

Arch. Oggiano: Die erste wichtige Änderung der neuen Raumordnung ist, dass mehr Kompetenzen vom Land an die Gemeinden übergehen werden. Die Gemeinden können somit mehr über ihre eigene Planung bestimmen. Dies bedeutet aber gleichzeitig, dass dies für sie eine größere Herausforderung und Verantwortung sein wird. Der zweite wichtige neue Aspekt ist die Abgrenzung des Siedlungsgebietes, um den Bodenverbrauch einzudämmen. Innerhalb des Siedlungsgebietes ist die Gemeinde zuständig, außerhalb das Land. Innerhalb soll man sich freier entwickeln können, außerhalb soll die Landschaft besser geschützt werden.

 

Scartezzini: Welche Bedenken haben Sie trotz des Gesetzes noch?

Oggiano: Bei der Erarbeitung des Gesetzes gab es einen partizipativen Prozess, an dem mehrere Interessenvertretungen teilgenommen haben. Somit ist das neue Gesetz auch ein Kompromiss verschiedener Interessen.

 

Scartezzini: Wie kann Ihrer Meinung nach ein bewusster, Ressourcen schonender Umgang mit Grund und Boden mit den Interessen der Wirtschaft in Einklang gebracht werden?

Oggiano: Um die Siedlungsgrenze zu definieren, müssen von Seiten der Gemeinden vorher Erhebungen von Bedürfnissen, von Gebäuden und Flächen, die sich bereits innerhalb der Siedlungsgrenze befinden und nicht genutzt werden, gemacht werden. Werden diese in Zukunft genutzt, ist eine Entwicklung möglich, ohne dass sich die Siedlung selbst erweitert. Innerhalb der Siedlungsgrenze sind in Zukunft auch mehrere und neue Nutzungen, wie Gewerbe und Handel, möglich.  

Ein weiteres Beispiel ist die Ausweisung von neuen Tourismuszonen außerhalb der Siedlungsgrenzen. Diese sind nun nur mehr möglich, wenn das Gemeindetourismusentwicklungskonzept diese vorsieht und wenn sie ein positives Gutachten vom Landesbeirat für Baukultur erhalten. Somit muss die Planung der neuen Tourismuszonen eine hohe architektonische Qualität aufweisen, um gebaut werden zu dürfen.

 

 

Scartezzini: Die Baukommissionen sollen von der Gemeindekommission für Raum und Landschaft, die hauptsächlich aus Sachverständigen besteht, ersetzt werden. Von der eigenen Gemeinde sitzt nur mehr der Bürgermeister in diesem Gremium. Was wird das für Auswirkungen haben?

Oggiano: Der Bürgermeister braucht Experten, um die richtigen Entscheidungen treffen zu können. Aus diesem Grund besteht die Gemeindekommission aus einem Vertreter der Gemeinde (meistens der Bürgermeister) und sechs Sachverständigen (für Baukultur, für Landwirtschaft oder Forstwissenschaften, für Sozial- oder Wirtschaftswissenschaft, für Raumplanung, für Landschaft und Naturgefahren). Diese Sachverständigen können auch Mitglied mehrerer Gemeindekommissionen sein, wodurch Ressourcen gespart werden können. Diese Kommission wird in Zukunft auch Entscheidungen über Änderungen bezüglich der Raumplanung treffen.

Die Gemeinde wird mit dem neuen Gesetz zusätzlich einen neuen Gemeindebeirat für Baukultur einberufen können.

 

Scartezzini: Es wurde kritisiert, dass es im landwirtschaftlichen Grün noch zu viele Ausnahmen für die Bauern gibt. Sehen Sie das auch so? Aber wenn jemand im landwirtschaftlichen Grün bauen darf, dann sind es doch die, die in der Landwirtschaft tätig sind, also die Bauern. Wie sehen Sie das?

Oggiano: Im heute noch gültigen Gesetz gibt es noch viele Ausnahmen. In der neuen Raumordnung können im landwirtschaftlichen Grün größtenteils nur mehr die bauen, die wirklich Bauern sind.

Es gibt zwar noch einige Ausnahmen, wie etwa Eingriffe an bestehenden Gebäuden, diese sind aber deutlich geringer wie im heutigen Gesetz.

 

Scartezzini: Wann tritt das Gesetz in Kraft?

Oggiano: Im Gesetz steht, dass es ab dem 01.01.2020 gültig ist. Vor kurzem gab die neue Landesrätin für Raumordnung, Maria Hochgruber Kuenzer ein Interview, in dem sie sagte, dass die neue Raumordnung vielleicht auch erst einige Monate später nach den Gemeinderatswahlen im Jahr 2020 in Kraft treten könnte.

 

Scartezzini: Das Gesetz ist schon geschrieben. Erwarten Sie sich noch viele Abänderungen bis es im nächsten Jahr in Kraft tritt?

Oggiano: Es gibt immer noch regelmäßige Treffen mit den Interessensvertretungen. Somit können sich auch im Zuge der nun auszuarbeitenden Durchführungsbestimmungen zum neuen Raumordnungsgesetz noch Ergänzungen ergeben, die aber als Vertiefung in den Texten der Durchführungsbestimmungen erscheinen können.

 

Scartezzini: Wann sollen die Durchführungsbestimmungen, die einzelne Bereiche der Raumordnung im Detail regeln, erscheinen?

Oggiano: Alle zwei Monate soll circa eine neue Durchführungsbestimmung geschrieben werden. Vier Durchführungsbestimmungen sind schon veröffentlicht. Ein Großteil dieser Bestimmungen soll noch bis Herbst dieses Jahres ausgearbeitet werden