Politik | Landesregierung

Die falsche Lega?

Die Frage klingt absurd, muss aber gestellt werden: Hat die SVP einen Regierungsvertrag mit einer Partei abgeschlossen, die es nicht gibt?
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Foto: upi
Das Ganze klingt absurd. Und für manchen mag es wie eine lässliche Formalität scheinen. Doch so einfach dürfte es nicht sein. 
Die Südtiroler Volkspartei und die „Lega Salvini Alto Adige‐Südtirol“ haben einen Regierungsvertrag unterzeichnet. 
Südtiroler Volkspartei und Lega Salvini Alto Adige‐Südtirol, welche aus den Landtagswahlen 2018 als meistgewählte Vertretungen der deutsch‐, ladinisch‐ und italienischsprachigen Bevölkerungsgruppe hervorgegangen sind, schließen folgende Regierungsvereinbarung für die Legislaturperiode 2018‐2023 ab“, heißt es im ersten Satz der unterzeichneten Regierungsvereinbarung.
Verträge sind bekanntlich rechtsverbindlich und die Angaben gelten. Was aber passiert wenn die Vertragspartner nicht richtig angegeben wurden? Ist der Vertrag dann ungültig?
Diese Frage kann und muss man in Südtirol jetzt auf höchster, politischer Ebene ernsthaft stellen. Ist der zwischen der SVP und der Lega geschlossene Regierungsvertrag überhaupt gültig?
Der Grund: Rein juridisch gibt es die „Lega Salvini Alto Adige‐Südtirol“ nicht, vor allem aber ist es nicht jene Partei, die beim Urnengang am 21. Oktober 11,1 Prozent der Stimmen geholt hat.
 

Salvinis Trick

 
Verständlicher wird das Schlamassel, wenn man sich die Häutung der Salvini-Partei im vergangenen Jahr genauer anschaut.
Jahrzehnte lang hatte die Lega eine klaren Namen: „Lega Nord per l’indipendenza della Padania”. Im täglichen Sprachgebrauch wurde sie abgekürzt als „Lega Nord“ bezeichnet. Genau unter dieser Bezeichnung ist die Salvini-Bewegung dann auch bei den Landtagswahlen 2018 in Südtirol angetreten. In allen amtlichen Unterlagen findet sich der Name „Lega Nord“.
Wobei sich inzwischen der eigentliche, offizielle Parteiname geändert hat. Denn mit 5. März 2018 wurde eine Umbenennung der Partei wirksam. Aus der „Lega Nord“ wurde die „Lega per Salvini premier”, jene Partei, die wenige Tage später dann auch zu einem der Sieger bei den Parlamentswahlen wurde und heute in der Regierung sitzt.
Das Statut der neuen Partei war bereits im Dezember 2017 im Amtsblatt der Republik veröffentlicht und von Roberto Calderoli – wie vom Gesetz vorgesehen – im Senat hinterlegt worden.

 
Der Grund für die Umbenennung war nicht nur eine klare Zuspitzung auf den neuen „Capitano“ der Lega Matteo Salvini, sondern vor allem der Versuch aus einem laufenden Strafverfahren ohne finanziellen Schaden auszusteigen.
Mehrere Staatsanwaltschaften ermitteln seit Jahren gegen die ehemalige Lega-Spitze wegen der Veruntreuung von Wahlkampfkostenrückerstattungen in der Höhe von insgesamt 49 Millionen Euro. Es gibt gegen Umberto Bossi & Co inzwischen rechtskräftige Urteile. Die „Lega Nord“ muss dieses Geld laut Urteil dem Staat zurückzahlen.
Die Staatsanwaltschaft von Genua hat italienweit Geldflüsse der Salvini-Partei beschlagnahmen lassen. Damit aber würden der Salvini-Partei alle Gelder umgehend entzogen, die sie vom Staat oder von den Steuerzahlern erhält.
Deshalb hat man zum Trick der Umbenennung gegriffen. Die Logik: „Lega per Salvini premier” ist ein neues Rechtssubjekt, das vom Urteil und damit von der Beschlagnahme der Gelder nicht betroffen ist.
Ein Spiel, das zum größten Teil aufgeht.
 

Das Südtiroler Problem

 
Vor diesen Hintergrund gab es selbst in der Lega keine Klarheit, wie und unter welchen Namen man bei den Landtagswahlen in Südtirol antreten soll. Offiziell trat die Partei als „Lega Nord“ an. Unter diesem Signum wird sie in allen offiziellen Dokumenten geführt. Als Logo fand sich am 21. Oktober auf dem Stimmzettel aber das Parteizeichen „Lega Salvini Premier“. 
 
Demnach könnte die im Koalitionsvertrag benutzte Bezeichnung „Lega Salvini“ in diese Richtung deuten. Das Problem aber: Obwohl diese Absicht, längst von der Wirklichkeit und den Interventionen von Roberto Calderoli widerlegt ist, will die SVP unbedingt den Eindruck vermitteln, dass man ausschließlich ein „lokales Bündnis“ abgeschlossen hat. Deshalb hat man in die Regierungsvereinbarung auch die Bezeichnung „Lega Salvini Alto Adige‐Südtirol“ geschrieben.
Doch diese Bewegung gibt es juridisch (noch) nicht. Denn die Südtiroler Lega heißt offiziell immer noch „Lega Nord Alto Adige – Südtirol“. So wird die Südtiroler Lega auch auf der offiziellen Homepage der Lega wiedergeben. Ebenso in allen offiziellen Dokumenten.
Demnach wird zu klären sein mit wem die SVP wirklich ihren Regierungsvertrag abgeschlossen hat. Und welche Lega jetzt wirklich in der Landesregierung sitzt.

 

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Felix von Wohlgemuth Do., 17.01.2019 - 14:11

Ich kann mich natürlich auch täuschen, aber bei Koalitionsverträgen handelt es sich nicht um einklagbare - also rechtlich verbindliche – Verträge, sondern um politischen Willensbekundungen. Sollte sich eine der Parteien nicht daran halten, kann niemand vor Gericht ziehen, sondern wird schlicht und einfach die Koalition scheitern. Wie sich die Parteien in solch einem Dokument selbst nennen, ist doch eigentlich egal. Also, ob Lega Nord, Lega Salvini oder doch Legona Ladrona ändert nichts.
Was ich mich frage (kann mich nicht mehr erinnern): hat die Lega für dieses neue Logo Unterschriften gesammelt, oder musste sie das nicht mehr, da es zuvor auf nationaler Ebene bereits bei den Parlamentswahlen verwendet wurde?

Do., 17.01.2019 - 14:11 Permalink