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Politik | Pandemie

Die Öffnung der Halbinsel

Ab heute öffnen nach über 70 Tagen in ganz Italien Geschäfte, Restaurants, Friseure, Bäder und Museen.
Dass Giuseppe Conte über fast unmenschliche Ausdauer und Geduld verfügt, ist bekannt.  Beide wurden am Wochenende allerdings auf eine harte Probe gestellt.  Denn die Verabschiedung jenes Dekrets, das allen Regionen Italiens eine Öffnung erlaubt, geriet zu einem Marathon,  der an Widersprüchen und der Erschöpfung der Beteiligten zu Scheitern drohte.  Regionenminister Francesco Boccia gab sich im Morgengrauen salomonisch: "Per le ripartenze, ci piaccia o no, il nostro paese si confronta con 21 sistemi diversi e quindi  è inevitabile coinvolgere tutti."
Gegen 2.30 Uhr wurde Gesundheitsminister Speranza aus dem Bett geklingelt, der die Freigabe stoppen wollte, weil sie vom Heer der Virologen, Pneumologen und Pharmakologen, die unseren Alltag  seit Wochen bestimmen,  als verfrüht abgelehnt wurde.  Doch am Ende setzte sich im Kampf um die Beistriche Premier Conte  durch. Die Regionen beschlossen die Öffnung - mit einer Ausnahme: Kampaniens  als Sheriff bekannter Präsident Vincenzo De Luca widersetzte sich der Regelung. "Il regno di Delucaland dice no", spottet das Tagblatt Il Fatto quotidiano. 
Auch der lombardische Präsident Attilio Fontana zeigte sich angesichts der katastrophalen Bilanz in Italiens reichster Region skeptisch  und musste sich harsche Kritik von seinem Parteifreund Luca Zaia gefallen lassen, der auf die Autonomie pochte. Eines der Hauptthemen war der vom Inail festgesetzte Abstand von einem Meter in Gastlokalen.
Es ist eine Einigung mit Ausnahmen: in der Lombardei bleiben Turnhallen und Schwimmbäder weiterhin geschlossen, Zweitwohnungen am Meer dürfen nur besucht werden, wenn sie sich in der Region des Besitzers befinden. 
Es war eine Diskussion, in der die Parteizugehörigkeit häufig nur eine Nebenrolle spielte - etwa im Konflikt zwischen Zaia und Fontana. Der Präsident des Veneto war einer der ersten, der auf frühe Freigabe drängte und die Öffnung mit viel Geschick und ohne Streit durchzog.  Damit überholte Zaia in den Umfragen seinen Parteivorsitzenden Matteo Salvini deutlich und liegt nun gleich hinter Conte in der Beliebtheit von Italiens Politikern auf Platz zwei.
Ab heute ist die seit Wochen  geltende Regel des stare a casa  ausser Kraft - und damit auch jene der autocertificazione, die in Südtirol bereits abgeschafft war. Ab heute öffnen in ganz Italien (mit Ausnahme Kampaniens) Geschäfte, Bars, Friseure, Bäder, Museen, Bibliotheken und Kirchen.  Und Giuseppe Conte hat damit seine Beliebtheit weiter gesteigert - unter der Voraussetzung, dass der Virus ihm keinen Strich durch die Rechnung macht.

 

 

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Karl Trojer Di., 19.05.2020 - 09:11

Ja, Conte ist für seine Klugheit, Ausdauer und Menschenfreundlichkeit zu bewundern. Ich hoffe, dass er sich weiterhin durchsetzen kann. Aus Erfahrung würde ich sagen, dass ähnliche Qualitäten auch auf unserer Landeshauptmann zu treffen und dass die beiden sich gut verstehen.

Di., 19.05.2020 - 09:11 Permalink