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“Mehr Mut für eine neue Schule”

Ferdinand Patscheider, già dirigente scolastico in Alto Adige, sui pregiudizi sulla scuola bilingue, la presunta utilità del sondaggio etnico e la lezione di Francoforte.
Patscheider, Ferdinand
Foto: Ferdinand Patscheider

Per molti anni Ferdinand Patscheider ha lavorato come dirigente scolastico e poi come ispettore per l’ambito linguistico-espressivo presso l’Intendenza scolastica tedesca in Alto Adige. Oggi è a capo della Scuola Europea a Francoforte con 4 sezioni linguistiche (in autunno 2018 diventeranno 5), in cui accanto alla prima lingua di insegnamento gli alunni seguono le lezioni di diverse materie in seconda lingua. In questa intervista bilingue il professor Patscheider guarda da altre latitudini al microcosmo scolastico altoatesino partendo da un assioma banalmente imprescindibile: “La lingua deve essere vissuta”.

 
 

salto.bz: Dottor Patscheider, quali erano le sue aspettative rispetto al modello di insegnamento quando è approdato alla Scuola Europea di Francoforte?
Ferdinand Patscheider
: Ich habe mich für die Stelle des Schuleiters an der Europäischen Schule in Frankfurt beworben, weil ich mir erwartet hatte, einen unbefangenen, offenen und unvoreingenommenen Umgang mit Sprache(n) und Kultur(en) anzutreffen. Genau das habe ich in Frankfurt angetroffen. 

An der ES Frankfurt werden in vier Sprachsektionen – deutsch, englisch, französisch, italienisch, ab Herbst 2018 auch spanisch – Kinder und Jugendliche von 4 bis 18 Jahren unterrichtet. Zusätzlich zu den Sprachen der jeweiligen Sektion werden alle europäischen Sprachen angeboten – dem Prinzip der Pflege der Muttersprache/dominanten Sprache wird große Bedeutung beigemessen. 

Hans Karl Peterlini, ricercatore nel campo della formazione e della pedagogia, afferma che il termine “madrelingua” è “inutilizzabile” dal punto di vista della linguistica. Lei lo adopera?
Der Begriff “Muttersprache” mag im wissenschaftlichen Kontext umstritten sein, im Kontext der Europäischen Schule wird er nach wie vor verwendet, ja. Das heißt im Klartext, dass Schüler und Schülerinnen, die eine andere als eine der vier bzw. fünf Sprachen unserer Sprachsektionen sprechen, täglich Muttersprachenunterricht erhalten. Dies in unterschiedlichem Ausmaß: von 25 Minuten täglich im Kindergarten, bis zu 5 Stunden wöchentlich in der Abiturklasse. Diese Schüler, unsere sogenannten SWALS-Schüler (Students Without A Language Section) – es handelt sich immerhin um mehr als 30% der gesamten Schülerschaft – haben als erstes Abiturfach ihre L1, und dies obwohl sie alle anderen Fächer in der Sektionssprache bzw. in ihrer L2 ablegen. Als Wahlfach können in der Sekundarschule auch noch eine L4 oder L5 gewählt werden. Das wird allerdings wenig in Anspruch genommen.

Ci sono tuttavia numerose opportunità di entrare in contatto con le altre lingue?
In der Primarschule (Jahrgänge 1-5) findet im Grunde kein Sach-/Fachunterricht in einer Fremdsprache statt. Auch wenn, wie bereits erwähnt, die Sektionssprache für viele Kinder nicht die Muttersprache bzw. dominante Sprache ist. Die Schüler kommen aber in den verschiedensten Situationen mit den anderen Sprachen in Berührung: in sektionsübergreifenden Projekten, in der Kantine, beim Chor, auf dem Pausenhof, in den vom Elternverein organisierten Nachmittagsaktivitäten usw. 

In den ersten drei Jahrgängen der Sekundarstufe (Klassen 6 bis 8) werden die Schülerinnen und Schüler in folgenden Fächern bunt gemischt: Sport, Musik, Kunst, IKT. Die Lehrpersonen und die Schüler/innen sind flexibel, als Verkehrssprachen werden zumeist deutsch und englisch, situationsbedingt auch andere Sprachen, verwendet. Ab der 4. Klasse der Sekundarstufe müssen einige Fächer in der jeweiligen Zweitsprache belegt werden, und zwar Geschichte, Geographie, Wirtschaft, IKT, Religion/Ethik und Philosophie. Der Unterricht in Sport, Musik und Kunst findet weiterhin in gemischten Gruppen statt.

"Sprache muss gelebt werden. Dazu braucht es Orte der Begegnung, das reine Schulitalienisch oder Schuldeutsch ist zu wenig"

E queste lezioni con il metodo CLIL funzionano?
Auch wenn es sich de facto um eine Form des CLIL Unterrichts handelt, wird das Kind im System der Europäischen Schulen nicht so benannt. Der Erfolg unserer Schulabgänger zeigt eindeutig, dass das Modell funktioniert. Obwohl die Europäischen Schulen im Grunde keine bilingualen Schulen sind – oberstes Prinzip ist die Pflege und Weiterentwicklung der Muttersprache/dominanten Sprache –, verlassen alle Schülerinnen und Schüler die Schule nach zwölf Jahren mehr oder weniger dreisprachig.

In tale contesto quali impulsi possono arrivare dagli istituti scolastici europei utili anche per la scuola in Alto Adige? 
Was für die Südtiroler Schulwelt interessant sein könnte ist z.B. die Tatsache, dass es unseren SWALS-Schülern gelingt, das Niveau ihrer Muttersprache auf Abiturniveau zu halten. Und das, obwohl, vom Fach Muttersprache abgesehen, im Grunde alle anderen Fächer in anderen Sprachen gelernt werden. Die Schüler- und Elternschaft empfindet diese sprachliche und kulturelle Vielfalt als Bereicherung. Die in Südtirol oft wahrnehmbare Befürchtung des Verlustes der eigenen kulturellen Identität bzw. eines Sprachenwirrwarrs ist hier kein Thema. 

Der im Fundament einer jeden Europäischen Schule verankerte Grundsatz aus den 50er Jahren beschreibt am besten die Philosophie des Schultyps: "Zusammen erzogen, von Kindheit an von den trennenden Vorurteilen unbelastet, vertraut mit allem, was groß und gut in den verschiedenen Kulturen ist, wird ihnen, während sie heranwachsen, in die Seele geschrieben, dass sie zusammengehören. Ohne aufzuhören, ihr eigenes Land mit Liebe und Stolz zu betrachten, werden sie Europäer, geschult und bereit, die Arbeit ihrer Väter vor ihnen zu vollenden und zu verfestigen, um ein vereintes und blühendes Europa entstehen zu lassen" (Jean Monnet).

Cosa risponde a chi esprime scetticismo sull’utilizzo di un modello scolastico che prevede l’insegnamento simultaneo di diverse lingue, per esempio nella forma del CLIL?
Ich glaube felsenfest daran, dass im Gehirn eines Kindes mehr als eine Sprache Platz finden kann. Dies beweist ja auch die Tatsache, dass eigentlich die Mehrheit der Weltbevölkerung mit mehr als einer Sprache aufwächst.

Der Sach-/Fachunterricht in einer zweiten Sprache bzw. einer Fremdsprache überfordert Kinder und Jugendliche nicht. Natürlich bedarf es dabei einer entsprechenden Didaktik, mit Lehrpersonen, die dafür die notwendige Qualifikation haben. Erlauben Sie mir hier anzufügen, dass ich nicht von Immersionsunterricht in Reinkultur spreche, der die Kinder überfordern würde, sondern von einem Unterricht, in dem der Fach- und der Sprachunterricht Hand in Hand einhergehen. Der Schwerpunkt kann sich dabei natürlich mit wachsender Sprachkompetenz verschieben.

"Dass das frühzeitige Erlernen mehrerer Sprachen die Entwicklung einer “gesunden und starken” Identität verhindern könnte, ist ganz einfach ein Mythos"

Crede che l’Alto Adige sia una piattaforma idonea per applicare un tale modello scolastico?
Ich bin der Meinung, dass Südtirol mit seinen zwei Landessprachen ein ideales Pflaster wäre, beide Landessprachen zu pflegen und auf ein beachtliches Niveau zu bringen. Dies ohne dabei befürchten zu müssen, dass die jeweilige Muttersprache/dominante Sprache oder gar die kulturelle Identität darunter leiden könnten. 

Qual è il suo giudizio sulla sperimentazione del CLIL nelle scuole tedesche dell’Alto Adige? Come ispettore scolastico responsabile della sua introduzione nelle scuole superiori tedesche quali ostacoli ha dovuto affrontare?
Wie bereits erwähnt, ich bin felsenfest davon überzeugt, dass der Kontakt mit mehreren Sprachen von früher Kindheit an für Kinder ein Vorteil ist. CLIL ist eine Möglichkeit, die Sprachenvielfalt in die Schule zu bringen, sicherlich nicht die einzige. 

Ich habe mich in der Tat intensiv dafür eingesetzt, den CLIL-Unterricht in der deutschen Schule in Südtirol mit einzuführen. Es gibt nach wie vor große Bedenken und Befürchtungen, dass die Muttersprachenkompetenz darunter leiden könnte, dass Sachinhalte nicht richtig vermittelt werden könnten usw.

Timori che lei non condivide, presumo.
Ich teile diese Befürchtungen nicht, nein. Und bin nach wie vor davon überzeugt, dass es unklug ist, mit dem CLIL-Unterricht erst in den letzten Jahren der Oberschule einzusteigen. Das muss viel früher beginnen, je früher desto besser – mit der entsprechenden Pädagogik/Didaktik und qualifiziertem Personal. Es reicht aber nicht aus, als Lehrender die CLIL-Sprache zu beherrschen. Und natürlich geht es bei jedem Änderungsprozess auch um ganz anderes, was da mitschwingt, wie z.B. Umverteilung der Lehrstühle, Auswirkungen auf Rangordnungen, evtl. Begünstigungen usw. Alles verständlich, aber auch lösbar.

"Eine Statistik über die Sprachkompetenzen der Südtiroler Kinder als Steuerungsinstrument für zukünftige Bildungspolitik halte ich für wenig hilfreich"

Come valuta il continuo richiamo all’articolo 19 dello Statuto di Autonomia e più in generale la tesi per cui la scuola plurilingue rappresenterebbe una minaccia per l’identità linguistica e culturale della minoranza tedesca in Alto Adige?
Man muss den Art. 19 des Autonomiestatuts in seinem historischen Kontext sehen und belassen. Es gibt gute Gründe, warum dieser Artikel damals so geschrieben wurde, und er hat nach wie vor seine Berechtigung. Meine Lektüre des Artikels steht allerdings nicht mit dem frühen Erlernen einer Zweitsprache und/oder weiterer Sprachen in Widerspruch. Ich sehe dadurch keine Gefahr, dass Kinder dadurch ihre kulturellen oder sprachlichen Wurzeln verlieren könnten, ganz im Sinne des eingangs erwähnten Zitats von Jean Monnet. Zudem muss es Eltern freistehen, entscheiden zu dürfen, für welches Bildungsmodell sie sich für ihre Kinder entscheiden.
 
E come commenta la tesi secondo cui l’apprendimento precoce di due o più lingue sarebbe d’intralcio allo sviluppo di una sana e forte identità personale?
Die These, dass das frühzeitige Erlernen mehrerer Sprachen die Entwicklung einer “gesunden und starken” Identität verhindern könnte, ist ganz einfach ein Mythos. Die Mehrheit der Kinder auf der Welt wächst ohne Identitätsprobleme mehrsprachig auf. Zudem gibt es eine ganze Serie von wissenschaftlichen Studien, die diesen Irrglauben entkräften, wenn nicht gar demontieren.
 
A suo modo di vedere la scuola in Alto Adige dovrebbe diventare a tutti gli effetti scuola bilingue?
Mehrsprachige Schule, bilinguale Schule, deutsche/italienische Schule - wie immer Sie das Kind nennen wollen, es muss eine Schule sein, die es Kindern und Jugendlichen ermöglicht, beide Landessprachen zu erlernen und zu pflegen. Priorität muss dabei die Muttersprache haben. Was nicht heißt, dass nicht auch die Zweitsprache, zusätzlich zu einer weiteren Sprache – in den meisten Fällen wohl Englisch – nicht auch auf sehr hohem Kompetenzniveau erlernt werden kann. Dass es aber auch Kinder und Jugendliche gibt, die mehr als eine Muttersprache/dominante Sprache/L1 haben, darf dabei nicht außer acht gelassen werden.
 
Cosa sarebbe necessario per la realizzazione di una scuola bilingue? Quali impedimenti è necessario rimuovere?
Die Südtiroler Schulwelt könnte vom Modell der Europäischen Schulen einiges lernen. Es handelt sich hierbei nicht um eine bilinguale Schule. Das Prinzip der Muttersprache hat allerhöchste Priorität, dennoch wird vom Kindergarten an dem Erlernen weiterer Sprachen große Bedeutung beigemessen. Befürchtungen, dass Kinder dabei ihre kulturelle und/oder sprachliche Identität verlieren könnten, kommen so gut wie nicht vor. 

Die Hindernisse liegen in den Köpfen der Menschen. Alteingesessene Mythen wie z.B. der Irrglaube, dass Kinder, die mit mehreren Sprachen aufwachsen, keine richtig beherrschten, dass man zuerst eine Sprache gut beherrschen müsse, bevor man mit der zweiten beginnt, dass Code-Swichting Anzeichen eines Sprachdefizits sei usw. erschweren die Öffnung in Richtung neuer Schulmodelle. Politische Entscheidungsträger müssten mehr Mut haben, neue Schulmodelle anzudenken, ohne dabei zwingend auf die historisch gewachsenen und begründeten Grundprinzipien der deutschen bzw. italienischen Schule in Südtirol verzichten zu müssen.

"Südtirol mit seinen zwei Landessprachen wäre ein ideales Pflaster, beide Landessprachen zu pflegen und auf ein beachtliches Niveau zu bringen"

Di recente negli ambienti del Pd è circolata l’idea, poi smentita, di insegnare il dialetto tedesco nella scuola italiana in Alto Adige. Secondo l’ex rettore dell'Università di Bolzano Hans Drumbl si tratta di una proposta insensata senza contare che i dialetti cambiano da valle a valle. Qual è la sua opinione in merito? Siamo imbrigliati in visioni futili e antiquate?
Ich sehe das genauso. Ich glaube, es gibt keine wissenschaftlichen Studien, die belegen, dass lokale Dialekte in einem formalen Kontext erfolgreich erlernt werden. Im schulischen Kontext ist es sicherlich sinnvoller, die Standardsprache zu erlernen, im non-formalen bzw. informellen Kontext ist das eine ganz andere Geschichte. Das ist aber im Moment nicht das Thema hier.

È convinto anche lei, come molti addetti ai lavori, che l’approccio ludico, fin dalla scuola materna, sia essenziale per l’apprendimento della seconda lingua?
Ganz so einfach stellt sich mir die Frage nicht. Was bedeutet “spielerischer Ansatz”? Es gibt in der Sprachdidaktik sehr viele Ansätze und Methoden, die zwar beim ersten Betrachten nach Spiel aussehen, de facto aber im Grunde beinhartes Pauken verbergen. Beim Erlernen einer Sprache, und ich spreche bewusst nicht von Spracherwerb, geht es um Üben, Wiederholen, Automatisieren usw. Es ist also eine Frage der Verpackung. Je kleiner die Kinder, desto “verspielter” wird der Ansatz sein, gleichzeitig wissen wir aber auch, dass auch jüngere Kinder schon sehr wohl in der Lage sind, kognitive Leistungen zu erbringen, beim Sprachenlernen Regeln zu erkennen und anzuwenden. Die Quantität und die Qualität des sprachlichen Inputs spielen dabei eine große Rolle.

Cosa pensa del sondaggio etnico nelle scuole e negli asili in Alto Adige? Non c’è il pericolo di strumentalizzare politicamente una questione inequivocabilmente delicata che interessa così tante famiglie?
Ich halte wenig bis gar nichts davon. Qui bono? Ich muss ehrlich zugeben, dass ich die Diskussion aus der Distanz nicht verfolgt habe, aber insgesamt den Nutzen einer solchen Erhebung nicht erkennen kann. Geht es um die Bestimmung der dominanten Sprache(n) der Kinder? Um dann was mit den Daten zu tun? Die Gefahr ist groß, hier einen Datenfriedhof zu erzeugen, der zwar statistisch “nice to have” ist, aber eigentlich keinen Nutzen hat. 

Eine Sprachstandserhebung macht aus pädagogischer Sicht nur dann Sinn, wenn es darum geht, den Förderbedarf im sprachlichen Bereich zu erheben, um gezielt individuelle Fördermaßnahmen zu planen und zu ergreifen. Eine Statistik über die Sprachkompetenzen der Südtiroler Kinder als Steuerungsinstrument für zukünftige Bildungspolitik halte ich für wenig hilfreich.

"Die in Südtirol oft wahrnehmbare Befürchtung des Verlustes der eigenen kulturellen Identität bzw. eines Sprachenwirrwarrs ist hier in Frankfurt kein Thema"

Tutti gli studi compiuti in questi anni dimostrano che le competenze linguistiche degli alunni altoatesini nella seconda lingua sono nettamente inferiori alle aspettative. Come lo spiega? 
Nun, wenn man sich die Ergebnisse der Studien der Zweitsprachenkompetenzen in anderen Grenzregionen anschaut, dann scheint sich ein gewisses Muster zu ergeben. Ob das in der Schweiz, in Belgien, in Kanada oder anderen mehrsprachigen Grenzregionen ist – die Sprache des Nachbarn erfreut sich paradoxerweise nicht besonderer Beliebtheit. 

Wenn man sich die reine Stundenanzahl betrachtet, die junge Südtiroler Schulabgänger im Laufe ihrer Schulkarriere in der jeweiligen Zweitsprache haben mitmachen dürfen, dann sind die Ergebnisse in der Tat ernüchternd. Was auch auffällt, ist das große Gefälle zwischen der Stadt und dem Land. Kinder und Jugendliche in ländlichen Gebieten haben aber auch de facto weniger Gelegenheiten, mit der Zweitsprache in direkten Kontakt zu kommen. Als Kommunikationssprache in den social media spielt die Zweitsprache leider auch keine große Rolle.

La responsabilità non è quindi unicamente della scuola?
Sicher, die Schule spielt eine große Rolle, sie alleine kann es aber nicht richten. Die neuen Lehrpläne, wenn so umgesetzt wie vorgesehen, müssten eigentlich zu einer eindeutig verbesserten Kommunikationskompetenz führen. Die Veränderung didaktischer Traditionen braucht aber auch Zeit. Ich verwehre mich allerdings der immer wieder pauschalen Schuldzuweisung, dass nur die Zweitsprachlehrer Schuld daran seien, wenngleich es sicher Optimierungspotenzial auch in diesem Bereich gibt. 

Des Weiteren hat das verbriefte Recht auf den Gebrauch der eigenen Muttersprache natürlich auch einen Kollateraleffekt. Das verbriefte Recht darauf, immer und überall seine Muttersprache verwenden zu dürfen, nimmt vielleicht auch ein wenig Motivation, die jeweils andere Sprache aktiv zu benutzen. 

Summa summarum: Sprache muss gelebt werden. Dazu braucht es Orte der Begegnung, das reine Schulitalienisch oder Schuldeutsch ist zu wenig. Motivation entsteht dort, wo entsprechende Lebensräume geboten werden. Wo keine Kontaktmöglichkeiten bestehen, sind wir alle gefordert, inklusive der politischen Entscheidungsträger, solche Orte zu schaffen. Freizeit-, Sport-, Kultur- und andere Vereine müssen nicht notgedrungenermaßen einsprachig oder nach ethnischen Kriterien organisiert werden, ganz im Gegenteil. Wir sollten dabei aber auch nicht vergessen, dass die Südtiroler Gesellschaft mittlerweile vielsprachig ist, das gesellschaftliche und politische Leben muss sich auch dem stellen.

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Stefania Pulcini Do., 23.11.2017 - 10:15

La ringrazio per le parole prof. Patscheider.. che condivido pienamente! Immagino che in molti sappiano che per rinnovare la scuola ci sono dei cambiamenti necessari ..se ne è parlato molto anche al Forum dei 100, sono stati sentiti anche esperti in materia , ma ovviamente il documento finale poi trattava di altro.

Do., 23.11.2017 - 10:15 Permalink
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Max Benedikter Sa., 25.11.2017 - 13:24

Wenn man die besten Artikel über Mehrsprachigkeit auf salto sammelt und liest, dann könnten die Entscheidungsträger viel lernen.
Danke an die Redaktion und Gastkommentatoren!
Als bald scheidender Präsident des Hetasusgebers bin ich sehr stolz auf uns.

Sa., 25.11.2017 - 13:24 Permalink
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Emil George Ciuffo So., 26.11.2017 - 22:53

"Summa summarum: Sprache muss gelebt werden."
Genau! Wer nicht will, wird auch in der besten Schule nichts lernen. Und nur die Schule zu verbessern und dann 24*7 Stunden in allen Medien predigen, dass die andere Sprache eine Gefahr für uns darstellt, bringt ebenfalls nichts ...
Es müsste erst mal der Zugang zu den anderen Sprachen bzw. die Haltung oder die Anschauung in den Köpfen der Leute durch die Politik geändert werden. Genau das Gegenteil aber ist der Fall. Die Politiker "verdienen" ihr Geld damit, Gräben zu graben und Zäune zu bauen. Siehe Doppelte-Staatsbürgerschafts-Diskussion ... nur ein Beispiel unter vielen ...

So., 26.11.2017 - 22:53 Permalink