Wirtschaft | Raiffeisen

Rettung in Rom

Die Finanzkommission hat am Freitag die Bankenreform abgeändert. Südtirols Raikas dürfen sich zu einem Haftungsverbund zusammenschließen und selbstständig bleiben.
Die Sitzung der Finanzkommission des Senates begann am Freitag bereits um 8 Uhr früh. Um 9.30 Uhr war die Rettungsaktion abgeschlossen. Südtirols Raiffeisenkassen konnten sich aus der nationalen Reform der italienischen Genossenschaftsbanken ausklinken und in Rom eine Sonderbestimmung durchsetzen. „Wir gehen damit einen anderen sinnvollen Sonderweg“, sagt SVP-Senator Dieter Steger unmittelbar nach der Sitzung.
 

Die Reform

 
Die Vorgeschichte ist bekannt. Der Staat soll auf Druck der EU eine Reform der italienischen Genossenschaftsbanken machen. Die Reform muss noch in diesem Jahr mit dem Steuerdekret verabschiedet werden. Der Kern der Neuerungen: Die bisher autonomen Genossenschaftsbanken müssen sich per Gesetz zu einem Vertragskonzern zusammenschließen. An der Spitze steht eine Aktiengesellschaft, die nicht mehr dem Genossenschaftsgedanken verpflichtet ist, sondern der Gewinnmaximierung. Zudem können in diese Aktiengesellschaft auch andere Gesellschafter eintreten. Eine Folge des Umbaus: Die einzelnen Kassen verlieren ihre Autonomie völlig. Alle Entscheidungen werden zentral gefällt und die Banken in den Dörfern sind nur mehr bessere Filialen.
Italienweit wird die Reform durchaus begrüßt. Sie soll vor allem die vielen maroden Genossenschaftsbanken auffangen. Seit über einem Jahr haben sich drei große Vertragskonzerne in Italien herausgebildet.
 
Einer davon ist Raiffeisen Südtirol. Dort hat die Landesbank AG in Windeseile und mit viel Druck einen Konzern entworfen, der die über 40 Südtiroler Raiffeisenkassen unter ihre Fittiche nimmt. In den vergangenen Monaten haben fast alle Raikas in ihren Vollversammlungen zähneknirschend die Statuten des neuen Konzerns und ihre Zustimmung verabschiedet. Außer der Spitze der Landesbank, die ihre Machtposition mit der geplanten Reform, deutlich ausweitet, war aber kaum jemand mit dem neuen Modell und dem Umbau glücklich.


Die Ausnahmebestimmung

 
Aus Eigeninteresse hat die Spitze der Landesbank nicht nur für diese Reform gearbeitet, sondern auch die Meinung öffentlich verbreitet, dass es unmöglich sei, eine Ausnahmebestimmung für Südtirol durchzusetzen.
Dabei hat sich seit über einem halben Jahr die politische Stimmung in Rom grundlegend verändert. Mit der neuen Regierung kam auch ein neuer Wind in diese Thematik. Sowohl viele M5S-Politiker, wie auch die Lega sehen die geplante Reform durchaus kritisch.
Das war dann auch der Hebel über dem man politisch ansetzte. Seit Monaten wird in Südtirol aus kritischen Raiffeisenkreisen ein Gegenmodell postuliert. Ein Haftungsverbund mit einem institutsbezogenen Sicherungssystem (IPS). Es ist ein Modell, das man in Deutschland und Österreich nach EU-Vorgaben längst umgesetzt hat. Dieses Modell würde die Autonomie der Südtiroler Raiffeisenkassen unangetastet lassen.
 
 
SVP-Senator Dieter Steger reichte in der Finanzkommission des Senates schon vor Wochen einen Abänderungsantrag in diesem Sinne ein. Nach dem Vorschlag sollen die Südtiroler Banken wählen können, ob sie einer Gruppe oder einem Haftungsverbund angehören wollen.
Genau denselben Abänderungsantrag brachte auch der Bankenfachmann der Lega und Präsident der Finanzkommission Alberto Bagnai ein. „Ich habe heute Früh wie es üblich ist meine Antrag zurückgezogen“, sagt Dieter Steger „und dafür jenen von Bagnai unterzeichnet“. Der Antrag ging in der Kommission am Freitag fast einstimmig durch. „Die Mehrheit hat sich hier sehr solidarisch mit unseren Anliegen gezeigt“, lobt Dieter Steger die Regierung.
 

Südtiroler Druckmittel

 
Damit dürfte die Rettungsaktion der Südtiroler Raikas in trockenen Tüchern sein. Am kommenden Dienstag wird in der Aula des Senates über das Steuerdekret - das diese Reform enthält – abgestimmt.
Ob dieser breiten Mehrheit geht Dieter Steger davon aus, dass die Abänderung ohne große Probleme im Senat durchgehen wird. „Weil das Steuerdekret in der Kammer sozusagen blindato ist, dürfte nicht mehr viel passieren“, meint der Bozner SVP-Senator.
Dabei gibt es in Südtirol einen nicht unwichtigen Nebenschauplatz. Die Raiffeisenkasse Deutschnofen-Aldein hat beschlossen die Reform gerichtlich anzufechten und beim Verwaltungsgericht Latium wie auch beim Südtiroler Landesgericht eine Klage einzureichen. Dabei will man die Frage nach Verfassungsmäßigkeit der geplanten Reform aufwerfen. Die Klagen wurden diese Woche in Rom und Bozen hinterlegt. „Damit entsteht zusätzlicher Druck“, sagt Obmann Alois Zelger zu salto.bz, „folgt das Verfassungsgericht unserer Interpretation fällt die gesamte Reform“.
Tritt die Ausnahmebestimmung für Südtirol hingegen so in Kraft, wird man die Klagen umgehend zurückziehen.