Umwelt | Verantwortlichkeiten

Vorsätzliche Tötung überall!

Über die Parallelen zwischen Bauern und Autofahrern beim Vergiften der Umwelt
Hinweis: Dieser Artikel ist ein Beitrag der Community und spiegelt nicht notwendigerweise die Meinung der SALTO-Redaktion wider.
giftige Abdrift
Foto: S.Kripp

Der Malser Filmemacher Alexander Schiebel meint in „salto“ vom 30.9.2017 über sein Buch befragt: …..Er dagegen komme in dem Kapitel zum Schluss, dass „ihr (der Bauern) Delikt das vorsätzliche Ignorieren von Fakten ist“ – und das werde zum vorzeitigen Ableben von Menschen führen.

Diesen Satz könnte man ebenso gut auf alle AutofahrerInnen umdeuten: Ihr Delikt ist das vorsätzliche Ignorieren von Fakten , und das wird zum vorzeitigen Ableben von Menschen führen.

Denn es ist seit Langem bekannt, dass Autoabgase tödliche Gifte enthalten und diese allein in Südtirol entlang der Brennerautobahn etwa 70 vorzeitige Tote pro Jahr verursachen.

Sind also alle AutofahrerInnen indirekte Mörder, so, wie es Schiebel unterschwellig in Bezug auf die Obstbauern ausdrückt?

Ja und Nein.

Ja, weil diese Fakten eben bekannt sind und jeder der ein Auto startet, weiss, dass ab jetzt Gift ausgestossen wird.

Nein, weil mit dem Kauf des Autos, der ja legal ist, also vom Gesetz gedeckt ist, davon ausgegangen werden kann, das Auto entspricht den geltenden Normen, die wiederum seine Unbedenklichkeit ausdrücken.

Sie merken, auf was ich hinaus will: Die legale Zulassung eines Autos befreit es noch nicht von seiner eventuellen (bzw. bewiesenen) Schädlichkeit! Gesetzlich wird der Autofahrer aber trotzdem nicht belangt, wenn er Auto fährt. Es ist ja alles legal.

Man muss also die Gesetze ändern, wenn man den Ausstoß von Autoabgasen vermindern oder vermeiden will. Der heldenhafte Verzicht aufs Auto – bei manchen MitbürgerInnen tatsächlich der Fall – kann nicht als freiwillige Pflicht auferlegt werden.

Und so ist es auch bei den Gift spritzenden Bauern: nicht sie sind illegal oder mörderisch veranlagt! Nein, der Gesetzgeber erlaubt ihnen das Ausbringen dieser Pflanzenschutzmittel. Zwar unter gewissen Auflagen und Sicherheitsmaßnahmen, aber sie dürfen es. Die Fehler, die sie machen, entsprechen den Fehlern, die von Autofahrern gemacht werden. In beiden Fällen kommt es zu Situationen oder Unfällen mit gesetzlich durchaus geregelten Folgen und Verantwortlichkeiten. (Interessant ist dabei aber, dass bei den Bauern anhand von vielen Fotos auf den konkreten Fall hingewiesen wird, bei den AutofahrerInnen aber immer nur vom anonymen "Verkehr" geredet wird, also niemand direkt angeklagt wird!)

Wenn wir also weniger chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel in der Umwelt haben wollen, dürfen wir nicht auf die Bauern losgehen, sondern auf den Gesetzgeber, also unsere Parlamente. Dort wird entschieden, was zulässig ist und was nicht! Auf Gemeindeebene, auf Landesebene, auf Staatsebene und auch bei der EU. Denn leider ist es eine Tatsache, dass die großen schwarzen Bauernparteien CDU, CSU, ÖVP, SVP etc. immer schon weit mehr auf der Seite der Chemiefabriken gestanden haben und auch weiter stehen, als auf jener der Konsumenten.

Hier gilt es also anzusetzen!

Auf Wiedersehen in der nächsten Wahlkabine!

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Klaus Griesser Fr., 27.10.2017 - 16:35

Die von Ihnen gestellte Frage "Mörder oder nicht" umgeht meines Erachtens die tieferliegenden Frage:
wieso glauben so viele Bauern irrigerweise, dass die chemisch- synthetischen "Pflanzenschutzmittel" harmlos für Mensch und Natur seien, im Gegenteil, sie seien nützlich gegen "Un-Tiere und Un- Pflanzen" und arbeitserleichternd?
Schließlich gibt es schon lange bei der Weltorganisation FAO (Food&Agriculture) und beim Weltagrarbericht die von unabhängigen Wissenschaftlern begründete Aussage: Monokulturwirtschaft ist der falsche Weg, ruiniert die Bodenfruchtbarkeit - Biodiversität und Kleinräumigkeit sind notwendig, wenn wir die Welternährung garantieren wollen!
Ich kann mir das nur so erklären, dass die europäischen Gesetzgeber über die Lobbys die "Wahrheit" der Chemieriesen in Gesetze verwandelt haben. Ziemlich klar sieht man das am derzeitigen Glyphosat-Zulassungs-Gefeilsche. In Südtirol wurde darüber hinaus seit Jahrzehnten (und wird immer noch) von einem Heer von Wissenschaftlern im Solde der Chemieriesen in allen Gremien das Gegenteil verzapft, im Interesse der Chemieriesen. Die Bauern, die das glauben und der Gesundheit und Natur schaden, sind ihrerseits Opfer einer Chemie-Konzern-Profit-orientierten Ideologie und nicht vorsätzliche Mörder.
Liegt nicht da des Pudels Kern?

Fr., 27.10.2017 - 16:35 Permalink
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Erwin Demichiel Fr., 27.10.2017 - 23:56

Der Präsident des deutschen Bauernverbandes hat kürzlich zum Thema Glyphosat in herziger Offenheit - ohne es vielleicht zu wollen - sehr deutlich gesagt, um was es geht: es geht nicht um die Frage des Einsatzes von schädlichen oder nicht schädlichen Chemikalien und schon gar nicht um die Frage der Produktion von gesunden oder nicht gesunden Lebensmitteln, sondern es geht um den gnadenlosen weltweiten Kampf immer größerere Agrarkonzerne um Marktanteile und die Vorherrschaft in der Welternährung. Und da kann Europa keine Nachteile in Kauf nehmen. Punkt. Basta.

Die Größe dieser Konzerne wächst rasant. Landgrabbing ist ein Instruent dabei. Und in Europa? 50% des europäischen Agrarlandes ist im Besitz von 3% der landwirtschaftlichen Betriebe. Interessant. (https://www.tni.org/en/publication/land-concentration-land-grabbing-and…)

Fr., 27.10.2017 - 23:56 Permalink