Parlamento, Camera deputati
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Politik | Tägliche Fehden

Die Auflösung der Parteien

Lega und Forza Italia sind Verbündete, die sich gegenseitig den Kampf ansagen.

Kein Vergleich könnte die notorische Instabilität der italienischen Parteien und damit der Politik deutlicher vor Augen führen als jener zwischen Deutschland und Italien. In der Bundesrepublik sind mit CDU, CSU und FDP die wesentlichen Parteien der Nachkriegszeit noch immer  Protagonisten der politischen Szene. Später kamen die Grünen und die Linke dazu. In Italien sind alle Parteien der damaligen Ära längst von der Bildfläche verschwunden: Democrazia Cristiana, Partito Comunista, Partito d`Azione, Partito Socialista, Partito repubblicano und Partito Liberale. Während Deutschland seit Kriegsende von acht Bundeskanzlern regiert wurde, verheizte Italien 30 Ministerpräsidenten in 67 Regierungen.

Während Deutschland seit Kriegsende von acht Bundeskanzlern regiert wurde, verheizte Italien 30 Ministerpräsidenten in 67 Regierungen.

Dazu kommt das in anderen EU-Ländern nahezu unbekannte Phänomen des cambio di casacca. 268 Fraktionswechsel wurden in der laufenden Legislaturperiode im Parlament registriert. Fast wöchentlich kommen ein paar neue dazu. Auch innerhalb der Parteien knistert es zwischen governisti  und duri e puri - vor allem in jener Lega, deren vorsitzender Matteo Salvini gerne so tut, als hätte er alles stets unter Kontrolle. Bei der Abstimmung über den green pass blieb mit 63 Abgeordneten fast die Hälfte der Lega-Parlamentarier dem Votum fern. Daran hatte Salvini nichts auszusetzen: "Sono liberi di esserci o non esserci. Ognuno è libero di agire secondo coscienza, siamo in democrazia e non in regime." Damit verharmlost Salvini die vertikale Spaltung der Partei: auf der einen Seite die No Vax-Vertreter um Claudio Borghi und wichtige Lega-Parlamentarier wie Alberto Bagnai und Armando Siri. Auf der anderen der institutionelle Flügel um Wirtschaftsminister Giancarlo Giorgetti und die Präsidenten Friauls und Venetiens, die unmissverständlich auf der Seite der Impfbefürworter stehen und Salvinis These ablehen, derzufolge die Lega auch Impfgegner durchaus respektiere: "Sono per la democrazia e ogni idea è rispettata e rispettabile."

 

Doch Salvinis seltsames Demokratieverständnis stößt besonders bei den Verbündeten auf Unverständnis. Denn statt die gepante Fusion mit den Alliierten von Forza Italia voranzutreiben, löste der Lega-Chef mit einer campagna d'acquisti  große Verärgerung bei Silvio Berlusconi aus. Wenige Wochen vor den Gemeindewahlen kündigten der Präsident des lombardischen Regionalrats Alessandro Fermi und der langjährige Präsident der Provinz Lecco, Daniele Nava ihren Wechsel zur Lega an. Der erzürnte Ex-Cavaliere versuchte vergebens, beide von ihrem Schritt abzuhalten.

Hinter der hektischen Aktivität beider steht die Befürchtung, bei der Wahl von Melonis Rechtspartei in den Schatten gestellt zu werden. Die drei Parteien sind zwar offiziell im centrodestra vereint, aber der Kampf um die Vorherrschaft kennt keine Pause. So gibt es etwa in der Lega einen täglichen Konkurrenzkampf zwischen den governisti um Wirtschaftsminister Giancarlo Giorgetti und den duri e puri um Salvini. Sollte die Lega bei den bevorstehenden Wahlen in ihrer Hochburg Lombardei Verluste erleiden, wäre das ein schwere Rückschlag für Salvinis Führungsposition. Rätsel gibt auch ein weiterer Vorgang in der Lega auf: Salvinis Medienberater Luca Morisi ist überraschend zurückgetreten. Morisi war stets Schlüsselfigur der geschickten Werbekampagne auf Facebook, die Salvini populär gemacht hat. In seinem Büro beschäftigte er bis zu 35 Mitarbeiter, die ständig neue Aufnahmen Salvinis ins Netz stellten - ob mit Maschinenpistole im Anschlag oder beim Kopfsprung ins Swimming Pool.
Der Grund für den Rücktritt Morisis sind Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Verona über einen  Drogenmissbrauch des Lega-Wunderknaben. Keine angenehme Situation für den selbsternannten Saubermann der Lega.

 

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Salto User
Günther Alois … Mi., 29.09.2021 - 07:44

Salvini verteidigt seinen eigenen LEGA INDAGATO der wegen Drogenmissbrauch und Verkauf an Jugendlichen (wenn es stimmt,was ich nicht bezweifle!) angeklagt werden wird! Was soll man dann noch von so einer Partei halten?? MIST!! Fratelli d´itatlia pure Faschisten-PFUI im Jahre 2021. Beide Parteien UNWÄHLBAR für Südtiroler*innen.! Und die SVP holt die LEGA ins Boot anstatt eine Koalition mit seriösen italienischen Parteien zu suchen!BRAVO!

Mi., 29.09.2021 - 07:44 Permalink
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Karl Trojer Mi., 29.09.2021 - 11:34

Die Koalition SVP - LEGA ist ein schlecht verdaulicher Hammer... Andere, demokratischere Mehrheiten wären im Landtag durchaus möglich...

Mi., 29.09.2021 - 11:34 Permalink