Politik | decreto Salvini

Bedenken erneut platziert

Arno Kompatscher trifft Matteo Salvini. Thema des Gesprächs: das “decreto sicurezza”. Das umstrittene Dekret steht vor der unmittelbaren Genehmigung durch das Parlament.
Kompatscher bei Salvini am 27. November 2018
Foto: LPA

Kein politisches, sondern ein rein institutionelles Treffen sei es gewesen, beteuert Arno Kompatscher. Am Dienstag war der Landeshauptmann in Rom, wo er Matteo Salvini getroffen hat. Über “ein eventuelles Regierungsabkommen” in Südtirol sei bei dem Treffen mit dem Parteichef der Lega nicht gesprochen worden, denn das habe “mit Rom und Brüssel nichts zu tun”. Vielmehr als Innenminister hat Kompatscher Salvini aufgesucht – und zwar Gesandter der Regionenkonferenz. Das Thema? Die Eilverordnung zu Sicherheit und Einwanderung, das so genannte “decreto sicurezza”. Erlassen von Matteo Salvini am 4. Oktober 2018 – an diesem Tag wurde das Dekret im Amtsblatt der Republik veröffentlicht –, hat der Senat das umstrittene und viel kritisierte als “decreto Salvini” betitelte Dekret am 7. November abgesegnet. Bevor es endgültig in Kraft tritt, muss auch die Abgeordnetenkammer zustimmen.

Wie im Senat, stellte die Regierung auch in der Kammer am Dienstag die Vertrauensfrage. 336 Abgeordnete sprachen das Vertrauen aus, 249 nicht. In einem aufgeheizten Klima – vor allem Abgeordnete des PD und von Liberi e Uguali attackierten Lega und 5 Stelle scharf – ging die Debatte anschließend bis gegen 21.30 Uhr weiter. Die finale Abstimmung wird im Laufe des heutigen Tages erwartet.

Wie hitzig das Gespräch zwischen Arno Kompatscher und Matteo Salvini verlaufen ist, ist nicht bekannt. Wie berichtet, wurde im Senat ein Abänderungsantrag, den die SVP-Senatoren auf Vorschlag des Landeshauptmannes vorgelegt hatten, nicht angenommen. In dem Antrag wurde die gleichmäßige Verteilung der Migranten, die von Norden nach Italien gelangen, auf das gesamte Staatsgebiet gefordert. “Die Tatsache, dass Menschen selbstständig auf dem Landweg aus einer anderen Region oder einem anderen europäischen Land eintreffen, ist besonders für Grenzgebiete wie Südtirol ein Problem”, hatte Kompatscher im Vorfeld mehrfach betont – und bei mehreren Treffen verlangt, dass diese Menschen in das staatliche Verteilungssystem aufgenommen werden, laut dem die auf dem Seeweg ankommenden Migranten je nach Einwohnerzahl auf alle Regionen verteilt wird. Südtirol nimmt 0,9 Prozent der Ankommenden auf.

Im Senat fand sich allerdings keine Mehrheit für den entsprechenden Abänderungsantrag – was Arno Kompatscher nicht davon abhielt, seine Forderung, die in der Regionenkonferenz gutgeheißen wurde, erneut beim Innenminister zu platzieren. Salvini habe klar zugesagt, dass Südtirol nicht mehr Migranten aufnehmen müsse als andere Regionen auch, berichtet der Landeshauptmann nach dem Treffen. Außerdem habe er seine Kritik am “decreto sicurezza” wiederholt, so Kompatscher: “Das Ziel von mehr Klarheit und Sicherheit wird auf dem eingeschlagenen Weg nicht erreicht werden, sondern unter anderem dazu führen, dass anteilsmäßig mehr Asylwerber auf der Straße enden – mit den entsprechenden Begleiterscheinungen.”

Unter anderem werden durch das Dekret, das übrigens nicht nur Bestimmungen zur Migration, sondern unter anderem auch zur Notwehr (“legittima difesa”) und Antimafia-Maßnahmen enthält, der Zugang zu Aufnahmestrukturen sowie die dezentralisierte Unterbringung von Asylwerbern stark beschnitten. Anstelle der SPRAR-Einrichtungen sollen wieder große Aufnahmezentren geschaffen werden. “Wir haben in Südtirol gezeigt, dass das SPRAR-Programm funktioniert hat, wenn die Verantwortung aufgeteilt und wahrgenommen wird”, betont Landeshauptmann Kompatscher. Positive Erfahrungen mit dem SPRAR-Programm habe man unter anderem bei der Integration von Flüchtlingen, die einen positiven Asylbescheid und damit das Bleiberecht erhalten haben. “Unser bisheriger Einsatz darf jetzt nicht dazu führen, dass eine Umverteilung zu unseren Ungunsten in Gang gesetzt werden. Das wurde mir zugesichert”, bekräftigt Kompatscher.

Eine konsequente politische Linie brauche es auch im Umgang mit Personen, die kein Bleiberecht haben: “Es gilt, ihren Rechtsstatus bis zur Rückführung klar zu definieren und auch hier die Verantwortlichkeiten sowie einheitlichen Standards festzulegen und wahrzunehmen, um Binnenmigration zu vermeiden”, so der Landeshauptmann, der sich im Namen der Regionen auch für eine stärkere Koordination des Innenministeriums mit den Regionen aussprach.