Economia | Energie

Steigt der Ölpreis wieder?

Die OPEC und andere wichtige Erdölproduzenten haben die Förderkürzung von 1,8 Million Barrels pro Tag bis Dezember 2018 verlängert. Was bedeutet das für den Ölpreis?
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Foto: MP

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Erdöl ist mit einem Anteil von über 30% am weltweiten Energieverbrauch der wichtigste Energielieferant. Der Ölpreis ist daher eine entscheidende Größe in der Weltwirtschaft und von großer Bedeutung für die Konjunktur. Selten waren sich Analysten so uneins über die zukünftige Entwicklung des Ölpreises. Die OPEC Länder, Russland  und andere wichtige Ölförderländer haben Ende November beschlossen, ihre Produktion für ein weiteres Jahr um 1,8 Millionen Barrels pro Tag zu kürzen, um das Überangebot abzubauen und Angebot und Nachfrage wieder ins Gleichgewicht zu bringen. Doch diese Entscheidung ist noch lange keine Garantie dafür, dass die Ölpreise in Zukunft stabil bleiben oder weiter steigen werden. Zu viele andere Faktoren beeinflussen die Ölpreisentwicklung.

Von  Mitte 2014 bis Anfang 2015 sank der Ölpreis von circa 120 US$/Barrel im Sinkflug auf circa 45 US$ pro Barrel und erreichte Anfang 2016 einen Tiefststand von circa 28 US$. Danach stabilisierte sich der Preis auf einem Niveau von circa 50 US$/Barrel. Nicht zuletzt hat die im November 2016 geschlossene Einigung der OPEC Länder, Russland und  einiger anderer Ölförderländer zu einer Produktionskürzung von 1,8 Millionen Barrels/Tag, zu dieser Preisentwicklung beigetragen. Eine solche Einigung zwischen den  OPEC Ländern und Russland, sowie einigen anderen zum Teil großen Ölproduzenten hat es in dieser Form vorher nie gegeben. Die einzelnen Länder haben sich erstaunlicherweise auch größtenteils an die vereinbarten Produktionskürzungen gehalten, was in der Vergangenheit nicht immer der Fall war.

In den vergangenen drei Monaten hat der Ölpreis wieder einen Aufwärtstrend erlebt. Brent, der wichtigste Benchmark-Preis hat im November zeitweise knapp 65 US$/Barrel erreicht. Ein Grund für die steigenden Preise ist die instabile geopolitische Situation im Nahen Osten. Derzeit sind es vor allem die zunehmenden Spannungen zwischen den beiden großen Ölproduzenten Saudi-Arabien und dem Iran, die für Unsicherheit am Ölmarkt sorgen.

Obwohl die an der Ölproduktionskürzung teilnehmenden Länder circa 66% der weltweiten Ölproduktion ausmachen, sind ihre Möglichkeiten, Einfluss auf den Ölpreis zu nehmen, begrenzt.  Zu viele andere Einflüsse bestimmen den Ölpreis. Das macht es zunehmend schwierig verlässliche Prognosen zu erstellen. Manche Analysten der Erdölbranche prognostizieren für die nahe Zukunft einen weiteren Anstieg des Ölpreises,  da sich die Wirtschaft in vielen Ländern positiv entwickelt und vor allem die Schwellenländer China und Indien ihren Ölverbrauch weiter steigern werden. Andere Ölmarktexperten gehen davon aus, dass der Ölpreis nicht steigen wird, sondern sogar sinken wird, da die USA noch mehr Schieferöl auf den Markt bringen und somit den Preis dämpfen wird. 

 

Welche Faktoren bestimmen den Ölpreis?

Ein entscheidender Faktor für die Entwicklung des Ölpreises ist der Markt selbst, also Angebot und Nachfrage. Aber auch zukünftige Erwartungen bezüglich diverser Einflüsse, die den Ölpreis beeinflussen, wirken sich auf den Ölpreis aus. Im Folgenden werden die wichtigsten Faktoren, die den Ölpreis bestimmen, aufgezeigt.

Wirtschaftslage

Auf der Nachfrageseite beeinflusst die weltweite Wirtschaftslage, vor allem die  in den großen Industrieländern und in den Schwellenländern China und Indien, den Ölpreis. Bei niedrigem oder negativem Wirtschaftswachstum wird weniger Öl konsumiert. So kam es während der weltweiten Wirtschaft- und Finanzkrise 2008/2009 als Folge geringeren Verbrauchs zu massiven Preiseinbrüchen. Andererseits hat der Rohölpreis auch einen starken Einfluss auf die Konjunktur. Ist der Ölpreis für längere Zeit sehr hoch, wirkt sich das negativ auf das Wirtschaftswachstum aus und erhöht zudem die Inflation.

Produktionskürzungen

Produktionskürzungen in einem oder in mehreren wichtigen Ölförderländer verringern das Angebot und treiben somit den Ölpreis in die Höhe.  Förderkürzungen können entweder von den Ölproduzenten beschlossen werden, wie das jetzt der Fall ist, oder durch andere Gegebenheiten ausgelöst werden, wie zum Beispiel durch Naturkatastrophen. Als Folge des Hurrikans Harvey, der im vergangenen Sommer in den USA die Infrastruktur der Öleinrichtungen in einigen Gebieten schwer beeinträchtigte, stieg der Ölpreis kurzfristig an.

Geopolitische Krisen

Politische Spannungen und Kriege im Nahen Osten, der weltweit wichtigsten Erdölregion mit weit über 50% der globalen Erdölreserven, haben in der Vergangenheit immer wieder zu einer Angebotsverknappung geführt. Aber auch Befürchtungen, dass es in Zukunft zu einer Verknappung kommen könnte, führen zu höheren Ölpreisen. Derzeit verunsichern die zunehmenden Spannungen zwischen Saudi-Arabien und dem Iran den Ölmarkt und lassen einen möglichen Ölpreisanstieg befürchten, was sich auch im Ölpreis niederschlägt.

Spekulationen an den Finanzmärkten

Der Einfluss der an den Börsen gehandelten Oil Futures auf den Ölpreis gewinnt immer mehr an Bedeutung. Öl wird ähnlich, wie andere Rohstoffe, an den wichtigsten internationalen Börsen, wie in New York und London gehandelt. Dort werden täglich die Preise für die Öl-Futures festgelegt. Öl-Futures Kontrakte sind Termingeschäfte, bei denen sich Käufer und Verkäufer vertraglich darauf einigen, eine festgelegte Menge an Öl an einem festgelegten Datum in der Zukunft an einem festgelegten Lieferort zu übernehmen bzw. bereitzustellen. Die Preise für die Oil Futures orientieren sich an den Erwartungen der künftigen Ölpreise. Solche Kontrakte wechseln ihre Besitzer viele Male, bis es zur tatsächlichen physischen Lieferung kommt. Neben den Crude Oil Futures gibt es andere Veranlagungsmöglichkeiten für den Rohstoff Öl, wie Zertifikate, ETFs (Rohstofffonds) etc., denen jedoch immer ein entsprechender Futures-Kontrakt zugrunde liegt.

Ein Teil der Trader (Börsenhändler), die an den Börsen mit Öl Futures handeln, kaufen oder verkaufen das Öl für Auftraggeber, die auch tatsächlich im Öl- oder Energiesektor tätig sind und deshalb den Rohstoff für ihre Geschäftstätigkeit benötigen (z. B. große Ölgesellschaften, Raffinerien, große Stromanbieter). Bei einem weit größeren Teil handelt es sich jedoch um Spekulanten (Investmentbanken, andere Finanzinstitutionen, private Anleger), die ihr Geld an der Börse anlegen und denen es lediglich darum geht an den sich ständig ändernden Ölpreisen möglichst viel Geld zu verdienen.

Die Anzahl der Börsengeschäfte für Erdöl ist seit dem Beginn des Millenniums massiv angestiegen, da sich immer mehr Teilnehmer an diesen Geschäften beteiligen, um viel Geld zu verdienen.  Wurden im Jahre 2000 monatlich circa 500000 Crude Futures Kontrakte getätigt, so stieg diese Zahl im Jahre 2017 auf über 2,3 Millionen an. In nur 17 Jahren erhöhte sich die Zahl der Transaktionen um fast das Fünffache, ein enormer Anstieg!

Schieferölproduktion in den USA

Der starke Anstieg der Schieferölproduktion in den USA, der durch die Technik des Frackings möglich wurde, hat weltweit das Angebot an Erdöl beachtlich erhöht und im Jahre 2014 neben anderen Faktoren dazu beigetragen, dass der Ölpreis stark gesunken ist. Je nach Lagerstätte und abhängig von der Finanzkraft der jeweiligen Ölgesellschaft, ist die Förderung von Schieferöl ab einem Preis von circa 50 US$/Barrel rentabel. Je mehr der Ölpreis diese Marke überschreitet, desto profitabler wird es, Schieferöl zu produzieren.

Kürzungen der großen Ölproduzenten, wie sie derzeit bestehen, bewirken einerseits steigende Preise, die höheren Preise wiederum führen zu einer höheren Schieferölproduktion in den USA und bremsen so den Preisanstieg! Ein diametraler Trend, der den OPEC Ländern, Russland und den anderen Förderländern, die Förderkürzungen vorgenommen haben, um den Ölpreis zu stabilisieren oder zu erhöhen, Kopfzerbrechen bereitet. Da die Interessen der USA weder politisch noch wirtschaftlich meist nicht mit denen der OPEC Länder oder Russland in Einklang stehen, gibt es, zumindest derzeit, für diese paradoxe Situation keine Lösung.

Hohe Lagerbestände

Der niedrige Ölpreis während der vergangenen Jahre hat dazu geführt, dass vor allem die großen Industrieländer, aber auch China und Indien, billiges Öl kauften, um ihre Lager weiter aufzufüllen und so für Zeiten knappen Öls vorzusorgen. Deshalb sind die Lagerbestände derzeit weltweit sehr hoch und wirken, da sie zusätzliche Angebot darstellen, preisdämpfend. Die USA verfügen, zusätzlich zu ihren hohen kommerziellen Lagerbeständen, über 700 Millionen Barrel Öl an strategischen Erdölreserven, die eigentlich für Krisenfälle vorgesehen sind. Die Regierung Trump hat beschlossen in Zukunft nicht nur in Krisensituationen, wie das ursprünglich geplant war, Öl aus den strategischen Lagerbeständen auf den Markt bringen, sondern einen bestimmten Teil der Bestände abzubauen. So verfügt die USA, neben der Schieferölproduktion, über ein weiteres Instrument den Ölpreis zu beeinflussen. In den vergangenen Monaten wurde bereits einige Male Öl aus den Beständen der Strategischen Reserven verkauft.

 

Reservekapazitäten der wichtigen Ölproduzenten

Sind in Zeiten knappen Angebots die ungenutzten Produktionskapazitäten in den großen Förderländern sehr gering, kommt es zur Befürchtung, dass eine weitere Verknappung des Angebots nicht mehr durch die Reservekapazitäten ausgeglichen werden kann. Als im vergangenen Jahrzehnt der Ölpreis ein Rekordhoch von über 125 US$ pro Barrel erreichte, war die Reservekapazität in Saudi-Arabien, dem weltweit größten Ölexporteur, sehr gering und trug neben anderen Faktoren, zu den extrem hohen Ölpreisen bei.

Kursentwicklung des US Dollars

Da Erdöl vorwiegend in US-Dollar gehandelt wird, haben Schwankungen des Dollarkurses einen Einfluss auf den Ölpreis. Ein schwacher Dollar macht Öl für Länder außerhalb der Dollarzone billiger, ein starker Dollar führt zu höheren Preisen. Neben dieser Korrelation gibt es noch weitere monetäre und volkswirtschaftliche Zusammenhänge zwischen Dollar und Ölpreis, die sich auf die Höhe des Ölpreises auswirken können.

 

Schlussfolgerungen

Eine Reihe unterschiedlicher Faktoren beeinflussen die Entwicklung der Ölpreise, sodass es zunehmend schwierig wird verlässliche Prognosen zu erstellen. Selten waren sich Experten in ihren kurzfristigen Prognosen so uneins.  Neben Angebot und Nachfrage spielen weitere Faktoren, wie die zunehmende Einflussnahme der Finanzmärkte (Crude Futures etc.,) eine immer wichtigere Rolle. Zudem mischen die USA, als Folge ihrer stark gestiegenen Schieferölproduktion, aber auch durch die strategische Nutzung des Öls ihrer Lagerbestände bei der Ölpreisgestaltung immer mehr mit. Die angespannte geopolitische Lage im Nahen Osten sorgt zusätzlich für Unsicherheit auf den Ölmärkten. Die Förderkürzungen der großen Ölproduzenten allein sind nicht Garant für einen stabilen Ölpreis. Die Verbraucher, Industriebetriebe, Autofahrer und alle anderen, die auf Produkte aus Erdöl angewiesen sind, werden wohl auch in Zukunft mit einer unsicheren Ölpreisentwicklung leben müssen.  

Anmerkung:  Es gibt weltweit weit über 200 verschiedene Erdölsorten. Die zwei bekanntesten sind die Nordseesorte Brent, und die US Sorte WTI (West Texas Intermediate). An diesen beiden Preisen orientieren sich, abhängig von ihrer Qualität, die Preise der anderen Erdölsorten. WTI und Brent sind die weltweit meistgehandelten Rohöl-Kontrakte an den Börsen. WTI wird an der New Yorker Börse (NYMEX) gehandelt, Brent an der Londoner Börse (ICE).