Ambiente | Toblacher Gespräche

Klimaschutz ist geil

Von Freitag bis Sonntag geht es bei den Toblacher Gesprächen 2016 um die Ethik des solaren Zeitalters. Ein Vorgespräch mit dem Koordinator Karl-Ludwig Schibel.
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Foto: salto

Nein, an Gott glaube ich nicht“, sagt Karl-Ludwig Schibel nach einer kurzen Nachdenkpause. Der Koordinator der Toblacher Gespräche musste sich im Vorfeld des diesjährigen Themas ausführlich mit religiösen und spirituellen Fragen auseinandersetzen. Immerhin geht es um eine ethische Grundfrage: Warum soll der Mensch für die Erde etwas Gutes tun? Oder wie es die Macher der Toblacher Gespräche ausformuliert haben: „Vom Sollen zum Wollen – Zur Ethik des solaren Zeitalters“.
Und da war auch für Schibel die Auseinandersetzung mit religiösen Grundfragen unumgänglich. Und wie es scheint, hat Schibel vor allem bei Papst Franziskus die wichtigen, vielleicht die großen Ansätze zum Klimaschutz dieser Zeit entdeckt: „Der Papst hat sich in der Enzyklika `Laudato Si` nicht nur an die Christen und die Gottgläubigen gewandt“, sagt Schibel, „der Papst hat sich in der Frage des Schicksals unserer Erde an die Menschheit gewandt.“

"Es reicht nicht mehr zu sagen, dass wir uns um die zukünftigen Generationen sorgen müssen. Wir müssen uns bewusst werden, dass unsere eigene Würde auf dem Spiel steht."

Papst Franziskus

Was Schibel unter anderem in dieser Enzyklika zum Umweltschutz gelesen hat, das hat ihn sichtlich beeindruckt. „Die Welt ist laut dem Papst als Leihgabe zu sehen, die wir von den vorhergehenden Generationen erhalten haben und den nachfolgenden Generationen weitergeben werden.“ Diese Aussagen unterscheiden sich laut Schibel nur wenig von denjenigen, die sich im Klimaschutz engagieren. Klimaschutz gehöre zu ethischen und vielleicht auch religiösen Grundsätzen dazu.
Vielleicht ist es aber gerade dieser bereichsübergreifende Ansatz, der bei diesen Toblacher Gesprächen ganz unterschiedliche Referenten an einen Tisch bringt. So wird die Philosophin Luigina Mortari über eine Welt am Abgrund sprechen. Die deutsche Theologin Elke Mack wird sich mit dem Christentum und der Gerechtigkeit auseinandersetzen. Oder eben der Geschäftsführer von „Germanwatch“ Christoph Bals mit der Frage: Ob die Laudato Si des Papstes eine Art Magna Carta der sozialen Ökonomie ist. Es kommt aber auch Christian Felber, Gründungsmitglied von ATTAC Österreich zu Wort. Er wird über die Zusammenhänge zwischen Spiritualität, Gemeinwohl und Freiheit sprechen.
Das klingt nach sehr hochgesteckten philosophischen, wenn nicht sogar elitären Toblacher Gesprächen. „Das ist es aber ganz und gar nicht“, versucht Schibel zu entkräften. Dann erzählt er die Geschichte, wie es überhaupt zu diesem Thema gekommen ist. Schibel nahm als Koordinator des italienischen Klimaschutzbündnisses an einem Kongress in Mailand teil. Da wurde vor allem über die Kosten-Nutzen-Frage von Klimaschutz gesprochen. Also darüber, ob eine Photovoltaikanlage billiger ist als ein Öl-Heizkessel. Schibel wurde bei diesem Kongress von einem jungen Mann angesprochen, der mit dieser ganzen Kosten-Nutzen-Diskussion nicht einverstanden war.
Der Mann sagte zu mir: Wir machen die Maßnahmen zum Klimaschutz nicht etwa weil es sich finanziell auszahlt, sondern weil wir eine bessere Umwelt haben wollen“. Neudeutsch würde man sagen: Viele Menschen betreiben Umweltschutz vor allem deshalb, weil es geil ist die Erde zu retten. Hedonismus in Reinform, der nicht nur ein Wohlgefühl für die Welt bedeutet, indem die Abgase sinken und der Treibhauseffekt umgedreht wird. „Nein, es bedeutet auch, dass ich mir selbst mit dem Umweltschutz etwas Gutes tue“, sagt Schibel, „ein Leben, das weniger auf Kosten anderer geht, ist ein besseres Leben. Und es hilft auch mir selbst, besser zu leben.“
Dann nennt Schibel einige Beispiele. Radfahren: Das tut auf einer Seite der Umwelt gut, weil es keine Abgase erzeugt. Es fördert aber auch die Gesundheit und das Wohlbefinden desjenigen, der mit dem Rad fährt. Oder beim Fleischessen: Wer weniger Fleisch ist, der schränkt den Flächenverbrauch, das Tierleid und auch die Bildung des klimaschädlichen Methangases ein. Es tut aber auch wieder der Gesundheit gut, weniger Fleisch- und Wurstwaren zu essen.

"Das solare Zeitalter wird spätestens in 30 oder 40 Jahren Realität sein. Die fossilen Brennstoffe gehen zur Neige und mittlerweile versuchen alle großen Industrienationen etwas dagegen zu tun. "

Karl-Ludwig Schibel

Schibel ist schon voller Vorfreude auf die Toblacher Gespräche. Immerhin sind die Toblacher Gespräche so konzipiert, dass sie nicht nur den Vortragenden Platz geben sollen. Sie sollen vor allem in der Diskussion zu neuen Erkenntnissen und vielleicht auch neuen Thesen führen, wie man den Sprung in das solare Zeitalter schaffen kann. Denn von einem ist Schibel überzeugt: „Wir müssen den Klimaschutz in den nächsten Jahrzehnten angehen und vor allem in den Griff bekommen. Da bleibt uns nichts übrig“. Deshalb sind für Schibel die Toblacher Gespräche mit ihrer Weitsicht auf ein solares Zeitalter keine utopische Zukunftsmusik, sondern Realität von morgen. „Das solare Zeitalter wird spätestens in 30 oder 40 Jahren Realität sein“, sagt Schibel, „die fossilen Brennstoffe gehen zur Neige und mittlerweile versuchen alle großen Industrienationen etwas dagegen zu tun.“ Sogar die USA und auch China hätten mittlerweile verstanden, dass der Lebensstandard wegen der Umwelteinflüsse andernfalls nicht mehr zu halten ist.
Also was tun? Schibel verweist wieder auf Papst Franziskus und seine Laudato Si: „Es reicht nicht mehr zu sagen, dass wir uns um die zukünftigen Generationen sorgen müssen. Wir müssen uns bewusst werden, dass unsere eigene Würde auf dem Spiel steht.

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Klemens Kössler Ven, 09/30/2016 - 19:50

Das Solare Zeitalter ist wohl eher ein schöner Traum. In der Gier nach billiger Energie bauen sogar die Golfstaaten Kernkraftwerke wobei sie doch Sonne genug hätten.
Leider spielen die Kosten immer mit, solare Energie richtig genutzt muss auch die Preishürde schaffen.

Ven, 09/30/2016 - 19:50 Collegamento permanente