Wirtschaft | Sparkasse

Post von Calabró

Vor sieben Monaten hat die Gesellschafterversammlung eine Haftungsklage gegen die ehemaligen Verwalter beschlossen. Die Sparkassen-Spitze taktiert aber immer noch.
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Foto: Suedtirolfoto.com / Othmar Seehauser
Der Brief der Sparkasse kam per Einschreiben vor rund zehn Tagen. 19 Personen erhielten das von Generaldirektor Nicola Calabró unterzeichnete Schreiben. Norbert Plattner, Enrico Valentinelli, Walter Ausserhofer, Maria Niederstätter, Gerhard Gruber, Marina La Vella, Mauro Pellegrini, Werner Schönhuber, Hans Peter Leiter, Helmut Gschnell, Andreas Sanoner, Anton Seeber, Alberto Zocchi, Siegfried Zwick und Heinrich Dorfer. Sowie Peter Gliera, Andrea Maria Nesler Heinrich Müller und Peter Schedl. Es sind Gremien der Sparkasse zwischen 2007 und 2014. Der Verwaltungsrat, der Aufsichtsrat und der Generaldirektor.
Die Gesellschafterversammlung der Sparkasse hat am 26. Juli 2016 beschlossen eine Haftungsklage gegen ihre früheren Verwalter einzuleiten. Sie sollen Mitschuld an den Millionenverlusten der Sparkasse tragen. Demnach gingen die Angeschriebenen davon aus, dass jetzt nach sieben Monaten die Klage kommt.
Doch ein schneller Blick auf den Brief der Sparkasse reicht, um Entwarnung zu geben. Von der Einleitung einer Haftungsklage ist man noch weit entfernt. Das vierseitige Schreiben der Sparkasse mit dem Betreff „Intimazione ad adempiere e formale costituzione in mora“, ist nichts anders als eine Inverzugsetzung. Einer Art erste Benachrichtigung, dass die Bank gegen ihre ehemalige Führung vorzugehen gedenkt.
Es ist ein technischer Schritt, der vor einer Haftungsklage nötig ist“, erklärt der Anwalt eines der Angeschriebenen.
Dass der amtierende Verwaltungsrat der Sparkasse aber sieben Monate nach dem Beschluss der Gesellschafterversammlung gewartet hat, bevor er diesen Schritt gesetzt hat, macht deutlich wie zögerlich man die Umsetzung der Haftungsklage in der Sparkasse angeht. Der Grund dafür ist einfach: Es gibt zu viele und zu enge Beziehungen geschäftlicher, privater und beruflicher Natur zwischen der amtierenden Sparkassen-Spitze und den jetzt Beklagten.
Auch deshalb entwickelt sich das Ganze zu einer Never Ending Story.
 

Die Strafe

 
Ausgangspunkt für die Haftungsklage sind die Berichte und Erhebungen der Bankenaufsicht. Acht Inspektoren der Banca d’Italia haben vom 8. Oktober 2014 bis zum 6. März 2015, die Sparkasse auf Herz und Nieren geprüft. Am Ende kam ein Prüfbericht heraus, in dem Sparkasse, die schlechte Note bekam, die je für eine Südtiroler Bank vergeben wurde. Die Prüfung endet für die Sparkasse mit der Note 5 „vorwiegend negativ“ (in prevalenza sfavorevole). Weiß man, dass die Bewertung 6 automatisch die Ernennung eines Kommissars nach sich zieht, dann wird klar, wie ernst es um die Sparkasse bestellt war.
Der Bericht der Banca d’Italia wurde am 30. Juni 2015 der Bank zugestellt. Gleichzeitig wurde gegen die ehemaligen Verwaltungs- und Aufsichtsräte, sowie gegen den ehemaligen Generaldirektor ein Sanktionsverfahren eröffnet. Das genau ein Jahr später mit einer Strafe von insgesamt 912.000 Euro endete. Jeder der 19 Funktionäre wurde zu 48.000 Euro Strafzahlung verdonnert.
Der Grund dafür steht in dem Inspektionsbericht, den die Banca d´ Italia bereits im Juni 2015 dem neuen Sparkassenverwaltungsrat übergeben hat. Die Bankenaufsicht geht davon aus, dass die ehemaligen Verwalter und Aufsichtsräte durch verschiedene Handlungen und Unterlassungen an den Millionenausfällen Mitschuld tragen.
 

Das Gutachten

 
Spätestens damit kommt eine Haftungsklage ins Spiel.
Dennoch dauert es fast ein Jahr bevor die Sparkasse dieses Thema konkret auf den Tisch brachte. Gleich zwei Mailänder Kanzleien, zuerst die Kanzlei „Bonelli, Erede e Partner“ und ab Dezember 2015 „Studio Legale Chiomenti“ haben sich mit dem Fall beschäftigt. Bisheriger Kostenpunkt: Mehrere Hunderttausend Euro.
Erst im Frühjahr 2016 lieferten die Berater dann ein Gutachten ab. Die Rechtsanwälte kommen darin zu denselben Schlussfolgerungen, die die Banca d'Italia schon elf Monaten zuvor detailliert in ihrem Bericht ausgeführt und dem amtierenden Verwaltungsrat vorgelegt hat. Man geht von einer Mitschuld der früheren Verwalter aus.
 

Drei Anläufe

 
Welches Theater die Haftungsklage aber ist, zeigt sich schon an der Tatsache, dass die Gesellschafterversammlung drei Anläufe brauchte, um eine Entscheidung zu fällen.
Innerhalb März 2016 sollten die Mailänder Anwälte das Rechtsgutachten liefern. Deshalb setzte man am 31. März 2016 die Haftungsklage auch auf die Tagesordnung der Gesellschafterversammlung.
 
 
Doch die Anwälte lieferten das Rechtsgutachten nicht termingerecht. Deshalb ließ Sparkassenpräsident Gerhard Brandstätter den Tagesordnungspunkt im Haydn-Auditorium vertagen. Spätestens am 26. April würde das Gutachten vorliegen. Am 31. Mai sollte die Frage der Haftungsklage dann einer außerordentlichen Gesellschafterversammlung vorlegt werden. Die Gesellschafterversammlung fand zwar statt, aber die Haftungsklage wurde nochmals vertagt.
Erst im dritten Anlauf am 26. Juli 2016 genehmigte die Gesellschafterversammlung die Haftungsklage. Die Aktionäre gaben der amtierenden Sparkassen-Führung damit den Auftrag die Haftungsklage einzureichen. Wer jetzt aber gedacht hat, das würde passieren, der dürfte sich getäuscht haben. Denn bis heute – sieben Monate später – wurde keine Klage eingereicht.


Unterbrochene Verjährung

 


Das Schreiben, datiert mit 14. Februar 2017, dient vor allem zur Unterbrechung einer möglichen Verjährung. Die Angeschriebenen werden mit dem Schreiben zudem aufgefordert solidarisch der Bank den angerichteten Schaden zu ersetzen. Wobei dieser Schaden nicht einmal quantifiziert wird.
Man hätte dieses Schreiben bereits im Juli 2016 versenden können. Denn in dem Brief wird nur das wiedergeben, was die Gutachter der Bank bereits in ihrem Bericht im späten Frühjahr 2016 geschrieben haben.
Demnach lässt sich die amtierende Sparkassen-Führung sehr viel Zeit mit der Haftungsklage. Fast so als bereite ihr das Vorgehen gegen die ehemaligen Verwalter mehr Sorgen, als den möglichen Beklagten.