Gesellschaft | Prostitution

Schlussstrich unter Strich?

Sollen die Bordelle in Italien wieder aufgesperrt werden? Die Freiheitlichen unterstützen die Forderung von Matteo Salvini: “Es braucht klare Auflagen und Richtlinien.”
Frau
Foto: Pixabay

Bozens Bürgermeister Renzo Caramaschi wollte sich bereits vor zweieinhalb Jahren dafür einsetzen. Jetzt bringt Matteo Salvini die Thematik wieder auf den Tisch: Am gestrigen Donnerstag ließ der Innenminister mit der Aussage aufhorchen, die Bordelle wieder aufsperren zu wollen.

Seit den 1950er Jahren gilt in Italien ein Verbot für Freudenhäuser – das so genannte “Merlin-Gesetz”.
“Ero e continuo a essere favorevole alla riapertura delle case chiuse”, meinte Salvini am Donnerstag. In Südtirol hat der Innenminister dabei gleich Unterstützer gefunden. Der Freiheitliche Parteiobmann und Landtagsabgeordnete Andreas Leiter Reber spricht sich dafür aus, an Österreich und Deutschland ein Vorbild zu nehmen. “Italien täte gut daran, das älteste Gewerbe der Welt schrittweise in legale Bahnen zu lenken”, meint Leiter Reber. Und: “Bordelle schützen vor Ausbeutung.”

Die Freiheitlichen sprechen sich seit Langem für eine Regulierung der Prostitution in Italien aus. “Die illegale, unregulierte Prostitution stellt spätestens seit dem Bordell-Verbot von 1958 ein in der Öffentlichkeit vieldiskutiertes Problemfeld dar”, schickt Leiter Reber nun in einer Aussendung voraus. Das Gros der Prostituierten sei “Opfer einer menschenunwürdigen Ausbeutung durch Zuhälter und Schleppern, oft in den Händen der Mafia oder ihr nahestehenden Strukturen”.

Ein Beweis, dass das bisherige Verbot nicht greife sei der “florierende Straßenstrich in den italienischen Städten”, so Leiter Reber. Er findet: “Eine der Zeit angemessenen Neuregelung nach österreichischem beziehungsweise deutschem Vorbild wäre in vielerlei Hinsicht vernünftig. Dort unterliegen Freudenhäuser, die einen erheblichen Anteil an der Gesamtprostitution ausmachen, klaren Auflagen und Richtlinien. Die Frauen wären rechtlich geschützt und versichert, Zwangsprostituierte können schneller erkannt werden, eine medizinische Kontrolle der Sexanbieterinnen wäre möglich und gleichzeitig würden wie in jedem anderen Gewerbe auch Steuern entrichtet.”

Die Legalisierung der Prostitution war zuletzt im September 2016 auch im Landtag diskutiert worden. Ein entsprechender Beschlussantrag von Alessandro Urzì (Alto Adige nel Cuore) wurde abgelehnt – unter anderem hatten sich SVP und Grüne dagegen ausgesprochen. Auch, weil die Abschaffung des Merlin-Gesetzes allein nicht reiche, um einem komplexen und vielschichtigen Phänomen beizukommen, so Landeshauptmann Arno Kompatscher damals.
Und Brigitte Foppa (Grüne) mahnte an, die Debatte auch unter einem anderen Gesichtspunkt zu betrachten: Es gelte zu berücksichtigen, “dass die Prostitution in erster Linie ein Männerphänomen ist. Auf 25.000 Prostituierte kommen 2,5 Millionen Kunden. Würde man dies bedenken, würde man die Diskussion ganz anders angehen. Die betroffenen Frauen werden nie befragt, wenn es um Lösungen gehe. Die Lösungen zielen zudem immer auf freiwillige Prostitution ab – aber das ist nur ein kleiner Teil des Phänomens.”

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Hans Hanser Fr., 01.03.2019 - 16:36

Sehr gute Idee! Das Freudenhaus sollte als Landesgesellschaft geführt werden, dann werden die satten Gewinne auch gleich vor Ort versteuert. Die Bestellung des Verwaltungsrats dürfte dann kein Problem darstellen, es gibt genügend Freunde, die man hat und das gerne und vielleicht unentgeltlich machen. Die Frauenquote muss natürlich eingehalten werden, aber von den letzten Kursen der VerwaltungsrätInnen sind sicher noch einige übriggeblieben, die noch keine entsprechende Position gefunden haben.

Fr., 01.03.2019 - 16:36 Permalink
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darkwing duck Fr., 01.03.2019 - 16:41

Die Legalisierung der Prostitution wurde in Deutschland mit Dezember 2001 umgesetzt, und ist in ihren Zielen - dem Schutz und der Entkriminalisierung der Sexarbeiterinnen, und der Verbesserung ihrer rechtlichen und sozialen Situation - völlig gescheitert. Eine dringend nötige Verbesserung der Bedingungen sollte dann mit dem Prostituiertenschutzgesetz von 2016 nochmal versucht werden, auch davon blieb aber nicht viel mehr übrig als die Kondompflicht und beispielsweise das Verbot von Pauschalangeboten...

Fr., 01.03.2019 - 16:41 Permalink
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gorgias Sa., 02.03.2019 - 20:35

Ich möchte jetzt niemandem zu nahe treten, aber um das Thema so nüchtern wie möglich zu behandeln, sollte man auf gewisse Begriffe verzichten. Prostituierte bezeichnen sich selbst als Sexarbeiter. Sie verkaufen weder Liebe noch ihren Körper sondern Dienstleistungen von mir aus auch Sexdienstleistungen.

Sa., 02.03.2019 - 20:35 Permalink
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gorgias Sa., 02.03.2019 - 22:56

Zufällig wurde letzten Freitag in der Sendung kontext von ö1 die Feministin Erica Fischer zu ihrem Buch "feminismus revisited" interviewt. Dabei äußert sie sich auch über das Thema Prostitution. So sollen Frauen, wenn sie nicht gezwungen werden, das Recht haben mit ihrem Körper zu machen was sie wollen und es gibt heutzutage geradezu eine Welle der puritanischen Ablehnung von Prostitution.

https://oe1.orf.at/player/20190301/543866

>Die betroffenen Frauen werden nie befragt, wenn es um Lösungen gehe. Die Lösungen zielen zudem immer auf freiwillige Prostitution ab – aber das ist nur ein kleiner Teil des Phänomens.<

1. "Männerphänomen" kann man ruhig als Kodewort für "Männerproblem" sehen. In der Prostitution gibt es verschiedene Spielarten. Die Prostitution als "Männerphänomen" zu bezeichnen ist eine Teilentmündigung von Sexarbeiter(innen).
https://www.deutschlandfunkkultur.de/sexarbeiterin-kristina-marlen-waru…

2. "Die Lösungen zielen zudem immer auf freiwillige Prostitution ab"
Weil sie grundsätzlich getrennt zu behandeln sind: Zwangsprostitution gehört kategorisch verboten. Diese ist mit Maßnahmen zu unterbinden, in dem man den Menschenhandel verbietet und das wirtschaftliche Gefälle abschafft.

Die letzten die wissen möchten, was Prostituierte wollen, sind puritanische Feministinnen, die Prostitution als grundsätzliches Problem sehen und nicht nur bestimmte Seiten. Es gibt genug Prosituirte heutzutage die an die Öffentlichkeit gehen und für sich selbst sprechen können:

https://www.tagesspiegel.de/gesellschaft/prostitution-ich-oeffne-mensch…

https://www.youtube.com/watch?v=9ZyLBv5iNUE

https://www.youtube.com/watch?v=pV13H54pdTc&t=4s

https://www.youtube.com/watch?v=Gesz6enkjds

https://www.youtube.com/watch?v=PcvulLbQ0AY

Sa., 02.03.2019 - 22:56 Permalink