Kultur | Kunst

Mit Lokalkolorit beimpft

Elisabeth Frei malt mit spitzem Pinsel: Um im kleinen Format winzige Details zu platzieren und damit ihre Arbeiten den Nerv von Gesellschaft und Politik treffen.
„Lockdown-Varriation“
Foto: Elisabeth Frei
In der Galerie Völs am Kirchplatz ist mit „Abgedeckt (s)coperto“ ein humorvoller Blick auf unser kleines Land zu sehen. Während andere Künstler:innen das Lokalkolorit scheuen um Anschluss an einen internationalen Kunstmarkt zu suchen, vertieft sich die in Sterzing geborene, in Lajen arbeitende Künstlerin in dessen Aspekte und Symbole: Vom blauen Schurz, Speck und Knödeln, einer gewissen Tageszeitung, den Farben des Südtirol Logos, Ötzi, den Köpfen von Politikern und den verschiedenen politischen Blumen im Land, Geranie, Edelweiß und neu: die Primel am Impfbus. Kein Bild kommt ohne mindestens eines dieser und weiterer Elemente aus, welche die Kunst auf den ersten Blick und zweifelsfrei verorten.
 
 
Details bleiben dabei auch von den zugrunde liegenden Buchseiten sichtbar, die den Bildern ein Fast-Postkartenformat verleihen, auf welchem neben den gut getroffenen Konterfeis von Personen des öffentlichen Lebens (versteckt hat sich auch ein gewisser Salto-Redakteur in einem Gruppenbild) auch winzige Details zu finden sind. Besonders nett: Das letzte Aufbäumen eines zwischen Zeitungsstapel zerquetschten grünen Frosches, das nur als grüne Hand sichtbar wird. Auf die zwei Galerieräume verteilen sich verwandte Themen: Im einen die „Lockdown-Variationen“, die sich als Chronologie, im Uhrzeigersinn durch den Raum gehend lesen lassen. Zum anderen Arbeiten jüngeren Datums in denen das Thema Corona nicht mehr bestimmend ist, aber doch oft präsent: Da wird die mittlere Zinne wie mancherorts ein Barhocker oder Theaterstuhl mit Absperrband umhüllt, dort ein Apfel „gespritzt“.
Die Flüchtigkeit des Tagesgeschehens wird einem bewusst. In einer Zeit in der der durchschnittliche Nachrichtenkonsum anstieg, tat es auch das Vergessen und so findet man sich vor manchen Situationen wieder, die auf den Punkt gebracht sind und denkt: „Das ist ja auch noch passiert.“ Die meisten dieser Ereignisse sind irgendwo abgespeichert, abgelegt in einer Kartei „Es war einmal ein Lockdown“.
 
 
Kurzweilig auch der jedem Werk zur Seite gestellte Hashtag: Ein Bonmot, eine Lesehilfe oder ein Kommentar. Auch wenn analog entstanden, so ist diese Ausstellung doch zuerst für den digitalen Raum gedacht gewesen, eine Suche nach alternativen Kanälen um nicht machtlos der Schließung der Gallerien gegenüberzustehen. Zur ursprünglichen Verbreitung passt auch die Farbsprache auf Facebook und Instagram gut: Schwarz-Weiß mit farblichen Highlights, die das Auge leiten. Besonders das bekannte Blau - man weiß welches gemeint ist - zieht sich als Faden durch die Galerie.
Interessant ist dabei das Fingerspitzengefühl mit welchem Frei Wirtshaus-Themen und heiße Eisen aufgreift, ohne eindeutig Stellung zu beziehen. So kann sich jeder auf die Füße getreten fühlen, oder keiner. Je nachdem, wie ernst man sich selbst nehmen möchte. Ob man nun vor den ausgestellten Bildern wütend wird oder zu schmunzeln beginnt, langweilig wird einem nicht.
Die Ausstellung ist noch bis zum 6. geöffnet. Ab dem 16. Juli (Vernissage 17 Uhr) stellt die Künstlerin die Gretchenfrage zum Thema Religion in der Kommende Lengmoos in Großformaten.