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"Ohne Begeisterung geht nichts"

Sollen sich junge Menschen in Zeiten steigender Arbeitslosigkeit bei der Ausbildungswahl vor allem an den Bedürfnissen des Arbeitsmarktes orientieren? Martin Fink von der Studienberatung der Südtiroler Hochschülerschaft hat darauf eine klare Antwort.
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Foto: Salto.bz

Die Jugendarbeitslosigkeit ist in aller Munde. Ist sie auch bei der Studienberatung ein Thema?
Martin Fink: Absolut. Bis vor einigen Jahren waren die Arbeitschancen bei diesen Gesprächen kaum ein Thema. Da haben die Leute mehr oder weniger gesagt, jetzt gehe ich mal studieren und dann schaue ich weiter. Jetzt ist dagegen meist eine der ersten Fragen: Bekomme ich mit dieser Ausbildung danach auch eine Arbeit.

Schwierige Frage, oder?
Wir müssen da natürlich sehr aufpassen. Denn die Leute kommen oft schon in der vierten Oberschule zu uns, das heißt, es vergehen mindestens fünf Jahre, bis sie ihren Master haben. Insofern kann man natürlich niemandem garantieren, dass er dann in einem bestimmten Bereich auch Arbeit bekommt.

Generell ist die Jobsuche aber auch für Jungakademiker schwieriger geworden?
Ohne Zweifel. Vor allem weil früher jeder, der studiert hat, zumindest die Sicherheit hatte, beim Land eine Arbeit zu finden. Doch nachdem die Provinz Bozen seit Jahren kaum mehr Stellen ausschreibt, ist nun ein wichtiger Arbeitgeber für junge Akademiker mehr oder weniger weggefallen. Und das in Zeiten, in denen die Lage generell schwieriger geworden ist.

Gerade deshalb stellt sich die Frage, ob bei der Studienwahl nicht doch stärker auf die Nachfrage der Wirtschaft als auf persönliche Vorlieben geachtet werden sollte. Diesbezüglich gab es erst kürzlich die Kritik vom freiheitliche Generalsekretär Michael Demanega an der SH-Studienberatung.
Die Äußerungen von Michael Demanega sind wohl auch in Zusammenhang mit dem Wahlkampf zu sehen. Dasselbe Spiel gab es schon vor den Wahlen 2008. Unsere Beratung soll jungen Menschen einfach helfen, das richtige Studium zu finden. Und unsere Philosophie geht hier davon dass, dass es den größten gesellschaftlich Nutzen bringt, wenn die Leute das machen, worin sie am besten sind. Es bringt auch für die oder den Einzelnen wenig, etwas zu machen, was Horden anderer machen und wo dann mehr oder weniger alle gleich durchschnittlich sind. Dann habe ich bei Bewerbungen nie etwas, womit ich mich hervorheben kann. Deshalb ist es auch gut, sich während des Studiums bestimmte Spezialisierungen zuzulegen. Und natürlich möglichst viel Praxis zu sammeln. Denn wer sich erst nach Studienende beginnt, auf dem Arbeitsmarkt zu orientieren, ist heute schlecht dran.

Wir haben aber in Südtirol immer noch Bereiche, in denen es einen chronischen Arbeitskräftemangel gibt und die Arbeitgeber nach mehr  Absolventen rufen, Klassisches Beispiel, die Ingenieure oder generell die so genannten MINT-Berufe, also naturwissenschaftliche und technische Studienrichtungen.
Die Arbeitgeber haben natürlich Interesse, wenn mehr Leute das studieren, wo sie einen Bedarf haben. Denn selbst wenn das Angebot dann zu groß ist, haben sie einen Mehrwert, weil sie die besten Bewerber auswählen können. Wie wir nun auch bei aktuellen Fällen wie Leitwind sehen können, kann ein technisches Studium allein auch keine Arbeitsplatzgarantie bringen.

Doch die Berufschancen steigen klarerweise bei Studienrichtungen, in denen es wenig Absolventenund eine große Nachfrage gibt. 
Nur reichen die Argumente sicherer Arbeitsplatz und besserer Verdienst alleine nicht aus, um ein Studium durchzuziehen und sich erfolgreich auf dem Arbeitsmarkt zu behaupten. Wie gesagt: Es braucht vor allem Begabung und Begeisterung. Und deshalb ist es auch zu spät, mit MINT-Kampagnen am Ende der Oberschulzeit zu beginnen. Wenn in diesen Bereichen die Zukunft gesehen wird, sollte schon bei Kindern begonnen werden, Begeisterung dafür zu schaffen. Das wäre  generell der bessere Weg als jungen Menschen zu sagen, du musst dieses oder jenes studieren, damit du gute Berufschancen hast.

Für manche akademische Ausbildungen gibt es in Südtirol nicht einmal Arbeitsmöglichkeiten. Ein Problem?

Wir sind ein kleines Land, und deshalb wird es hier nie für alle Akademiker einen Arbeitsplatz geben. Und wir werden auch immer darauf angewiesen sein, dass Akademiker von außen kommen. Das sollte aber denke ich als Bereicherung und nicht als Problem gesehen werden. Bislang tendieren wir in Südtirol aber immer noch dazu, alles immer nur für uns machen zu wollen. Das zeigt sich auch an der bescheidenen Kooperation mit Universitäten wie Innsbruck oder Trient. Hier bräuchte es sicherlich eine mentale Öffnung.