Vor der Martellerhütte: Cevedale und Königspitze
Foto: Oswald Stimpfl
Ausflug | Ausflug der Woche

Auf dem Plima-Schluchtenweg

Unterwegs auf dem neuen Erlebnisweg im Martelltal: eine einmalige Bergwelt, spektakuläre Ausblicke – und köstliche Erdbeerspezialitäten.

Ein neuer Erlebnisweg im Martelltal, einem Seitental des Vinschgaues, ermöglicht Wanderern spektakuläre Ausblicke auf eine hochalpine Berg- und Wasserwelt am Fuße der vergletscherten Zufall- und Cevedalegipfel. Auf dem Weg dorthin lockt an der Talstraße des nicht nur wegen seiner einmaligen Bergwelt sondern auch wegen der Erdbeeren bekannten Hochtales das Ausflugsgasthaus Hölderle mit köstlichen Erdbeerspezialitäten und zünftigen Jausen zu Einkehr.

Wer bisher vom Talschluss im Martelltal zur Zufallhütte wanderte, stieg zwar im Tal der Plima auf, aber bis zur Eröffnung des neuen Schluchtenweges war die Schlucht, durch welche sich der mächtige Gletscherbach zwängt, nicht erreichbar, der Wanderweg führte nie ans Wasser oder an die Kante der Felsenenge. Das ist mit der Eröffnung des neu gestalteten Aussichtsweges anders, mehrere freischwebende Aussichtsplattformen aus rostfarbenem Cortenstahl bieten ein besonderes Erlebnis: Man steht auf sicherem Boden, schwebt aber trotzdem in schwindelnder höhe über der Schlucht, wo zwischen den Felsen der tosende Bach durchstürzt und hat einen Senkrechtblick in die atemberaubende Tiefe. Einer der Aussichtspunkte hat die Form einer Kelle, die über die Schlucht hängt und zu der steile Stufen hinab führen. Ein anderer ähnelt einer Sichel, die über dem Schluchtenrand aufragt, auf dem begehbaren Halbrund mit stufenförmigen Bänken sitzt es sich wie in einer nach außen gestülpten Arena, das spektakuläre Bergpanorama vor Augen. Der dritte Erlebnispunkt ist eine weit vorkragende Kanzel. Besonders beeindruckend ist die Hängebrücke, die kurz vor der Zufallhütte die Plima überspannt. Bis zur Hütte sind wir auf einem Familienwanderweg unterwegs, der gut markierte Steig ist zwar holprig und weist einige Steilstufen auf, ist aber auch von Kindern leicht zu schaffen, auch die Stahlbauten sind für Groß und Klein begehbar und mit starken, hohen Brüstungen gesichert. Wer die zweistündige Familienwanderung zu einer schönen Bergtour ausbauen will, steigt von der Zufallhütte zur Marteller Hütte auf.

Tipp: Nehmen Sie ein Fernglas mit, das Martelltal liegt im Nationalpark Stilfser Joch, wo die faszinierende Gebirgslandschaft auf eine artenreiche Tier- und Pflanzenwelt trifft. Mit etwas Glück entdecken Sie seltene Tiere, wo sonst – außer im Zoo – sieht man noch Hirsche, Gämsen, Steinböcke, Bartgeier und Adler?

 

Zum Wegverlauf

Wir starten vom Parkplatz am Talschluss, ganz am Ende der Autostraße. Rechts steht der neue Infostand zum Schluchtenweg, wenige Meter weiter vorn, nach einem Souvenirstand, biegt der neue Weg links ab, überquert die Plima auf einer Holzbrücke, geht an einem Tümpel mit Kaulquappen und Wasserläufern vorbei und geht nun bergauf. Am Rande einer moorigen Senke liegt das immer noch stattliche, zur Halbruine verkommene einstige Luxushotel Paradiso, vom Stararchitekten Gio Ponti gezeichnet. Zug um Zug kommen wir an den einzelnen Aussichtspunkten vorbei, die meist über einen kurzen Stichweg zu erreichen sind. Nach Überquerung der Hängebrücke gelangen wir in 15 Minuten zur bereits in Sichtweite liegende Zufallhütte (2256 m). Wer weiter zur Marteller Hütte aufsteigt, überwindet eine weitere Felsstufe, dahinter mündet der Weg in ein breites, ebenes Hochtal. Über einen Steindamm, der vor über 100 Jahren erbaut wurde und das Tal vor Überschwemmungen schützen sollte, wechseln wir auf die andere Talseite, gehen auf Weg 37 über die steile, von karger Vegetation durchsetzte Geröllflanke und eine Felsstufe in vielen Kurven bergauf. Dann geht es fast eben über Gletschermoränen, Geröllfelder und einen reißende Gebirgsbach bis zur Marteller Hütte. Das Haus sitzt auf einem Geländesporn neben einem kleinen See auf 2.610 m und bietet einen phantastischen Ausblick zur Gletscherwelt mit den Gipfeln von Cevedale und König (Gran Zebrù). Nach der verdienten Rast nehmen wir den Weg Nr. 103, der hinter dem Haus in vielen Kehren zum Talgrund, über den Steindamm, zur Zufallhütte und nun an der linken Seite der Plima zum Ausgangspunkt zurück führt.

 

Infodaten

Die fünfeinhalb Kilometer lange Rundtour vom Plima-Schluchtenweg ist in eineinhalb Stunden zu schaffen, mit Kindern und ausgiebigen Pausen bei den Aussichtspunkten, Erklärungstafeln und einer Einkehr bei der Zufallhütte wird daraus ein schöner Halbtagesausflug. 245 Höhenmeter.

Für die Wanderung vom Parkplatz am Talschluss bis zu Marteller Hütte, bei Benutzung des Plima-Schluchtenweges:

Gehzeit: 4 Stunden, Länge: 10 km, 570 Höhenmeter

Zufallhütte: Tel.: 0473 744785, www.zufallhuette.com

Marteller Hütte, www.martellerhuette.com, Tel.: 0473 744790, Mobiltel.: 335 5687235

 

Interessantes am Weg: Die Erdbeeren vom Martelltal

Erdbeeren in der Gletscherregion des Ortler-Cevedale-Gebietes? Ja, und sogar ausgezeichnete! Im Martelltal, in Höhenlagen von 800 bis 1700 Metern, gedeihen und reifen Erdbeeren von höchster Qualität. Das trockene und milde Klima des Hochtales, mit kühlen Nächten und warmen Tagestemperaturen, macht es möglich. Zur Erntezeit im Sommer bieten die Gastbetriebe im Tal die köstlichen Früchte in vielerlei Form an, eine Einkehr ist deshalb für Schleckermäuler ein Muss!

 

Die Einkehr beim Hölderle

Mein Tipp im Martelltal ist ein nettes Berggasthaus mit Panorama- und Sonnenterrasse an der Talstraße, das sich bescheiden Kaffee Hölderle nennt und das von der Familie Fleischmann geführt wird. Für die beachtliche Auswahl an Mehlspeisen sorgt Frau Edith, die Kuchenbäckerin, während ihr Mann Wolfgang, gelernter Koch mit Erfahrung im elterlichen Hotelbetrieb, die Gäste mit typischen einheimischen Gerichten verwöhnt. Das geht von verschiedenen Jausenbrettchen, Nudel- und Vorspeisentellern, Polenta mit Pfifferlingen, bis zu Braten und Wildgerichten. Für den Service sorgt Tochter Laura, die zur „Erdbeerkönigin“ gekürt wurde und mit Krone und Beerenkistchen von Postern und Ansichtskarten strahlt. Die Erdbeeren landen nicht nur als Belag oder Fülle in Torten und Rouladen oder in Früchtebechern, sondern werden auch als Erdbeersaft angeboten. Kinder tummeln sich hinter dem Haus auf der Spielwiese oder im Baumhaus am Waldrand, dieweil sich die Eltern auf den Liegestühlen auf der Wiese räkeln. Während im Sommer Wanderer Halt machen, kehren im Winter Langläufer, Skitourengeher und Rodler ein, denn nahe am Haus führen Loipen und Rodelbahn vorbei.

Kaffee Hölderle, Familie Fleischmann
Hölderle 17
39020 Martell
Tel.: 0473 744642

Wer Erdbeeren kaufen will: die Erdbeerwelt Trattla, 246. Martell (BZ) Tel.: 0473 745005. Öffnungszeiten: MO - SO 09.00 bis 12.00 Uhr 14.00 bis 18.00 Uhr, bietet sie zum Verkauf an. Am Taleingang, neben dem Naturparkhaus und den Freizeiteinrichtungen.