Kultur | Salto Afternoon

Herzblatt für Herzkranke

"Boom Boom" ist eine Collage aus Textfragmenten, Interviews, Videos und Tanz. Herzergreifend ist sie nicht. Ein Premierenabend mit einem Hauch Kiwanis in der Carambolage.
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Foto: Salto.bz

„Ich bin im Krankenhaus. Warten, warten, warten. Meine Kleider lege ich sorgfältig zusammen und lege sie in den Schrank. Sie sollen nicht zerknittern. In ein paar Wochen, wenn ich das Krankenhaus verlasse, sollen sie schön sein und nicht zerknittert. Die Tür geht auf. Der Krankenhausclown?“ Dieser hoffnungsvolle Originalton eines Kindes, ist im Stück Boom Boom nach rund einem ersten Drittel der Aufführung wahrzunehmen. Er reiht sich ein, in eine Reihe an weiteren Interview-Ausschnitten mit Kindern, die an einem Herzfehler leiden. Etwa auch jene, die zu Beginn des Stückes auf die Bühnenwand projiziert werden. Ganz am Anfang aber ist es dunkel und ruhig auf der Bühne. Gefühlte zwei Minuten lang und man glaubt das eigene Herz pochen zu hören. Doch ganz so ruhig war es bei der gestrigen Premiere im Kleinkunsttheater Carambolage nicht, da beim Theaterabend mitunter zahlreiche Wohltäter*innen verschiedener Kiwanis-Sektionen aus Südtirol und Schweiz/Liechtenstein geladen waren. Einige von ihnen störten auf plumpe Weise diesen stillen Anfang; mit unnötigen Kommentaren und Händeklatschen. Peinlichkeitsquote: Hoch! Kurierbar? Vielleicht.
 

Und so sind viele Gesetztheiten in Boom Boom einfach da. Wie eben auch ein Herz da ist, und funktioniert. Oder eben nicht funktioniert. 


Nach dem Kiwanis-gestörten Start in die Geschichte schreitet eine Schauspielerin mit Clownnase vor das Publikum. Es ist Katharina Gschnell, die neben Regisseurin Stefanie Nagler für den Text der Bühnencollage mitverantwortlich zeichnet. Sie lässt den Clown dümmlich im Duden nachschlagen und Defintionen vorlesen, es folgen haufenweise Herz-(Schmerz)-Zitate. Doch so richtig in Schwung kommt das Stück dadurch nicht. Auch nicht gerade wirklich, als Elisabeth Ramoser zentral im Publikumsraum auf einem Sockel eine zeitgenössische Tanzeinlage auftischt. Ist dieser Einschub eine schlaue Brücke der Regie zum nächsten Kapitel? Na ja... Und so sind viele Gesetztheiten in Boom Boom einfach da. Wie eben auch ein Herz da ist, und funktioniert. Oder eben nicht funktioniert. Aber um das "Nichtfunktionieren" geht es ja vordergründig in Boom Boom.
 


„Alle Hoffnungen liegen auf mir, dem Chirurgen. Ein Fehler ist eigentlich unverzeihlich. Wie bei allem Operationen, vor allem Herzoperationen, gibt es ein Risiko“, meint ein Arzt, der in Erzählform über seine Taten berichtet. Er spricht zu den Leuten im kleinen Saal, während im Hintergrund eine Videoprojektion mit einem pulsierenden Herz zu sehen ist. Vordergründig besteht das Bühnenbild aus einer Waschmaschine, deren schlagender Trommel-Lärm von den Macherinnen durchaus interessant eingesetzt wird. Warum nicht öfter? Auch das von den Schauspielerinnen zusammengebastelte Röhrensystem für eine (durch)-laufende Kommunikation, ist akustisch wie bühnenbildnerisch lobend hervorzuheben. Schade, dass aus diesem Einfall nicht mehr Dialoge herauszuholen waren. Boom Boom scheint an manchen Stellen nicht ganz fertig gedacht. 
An Peinlichkeit kaum zu überbieten ist freilich eine Herzblatt-Persiflage gegen Ende des Stücks. Gschnell schlüpft in die Rolle von Rainhard Fendrich, es werden drei gebastelte Herzen auf die Bühne getragen und es folgen zum x-ten Mal durchgekaute Frage-Antwort-Szenen der bekannten TV-Show. Das wäre eigentlich langweilig, würde Gschnell nicht ab und zu den Fendrich richtig gut hinkriegen. Weniger gut ist leider die darauffolgende Karaoke-Einlage des Fendrich-Klassikers Weus´d a Herz hast wia a Bergwerk. Gegen Ende des Songs klatscht sogar ein Großteil, des reichlich mit Kiwanis bestückten Publikums. Hossa, Schunkelstimmung. Bereits zuvor gab es zwischen den Szenen mehrmals Applaus, als wäre das Stück in Anlehnung an eine Faschingsrevue entstanden. 
 


Auch wenn mit Boom Boom durchaus löblich versucht wurde, dem ernsten Thema mit Heiterkeit zu begegnen, so erscheint vieles in der Umsetzung nicht ganz gelungen.
Nach dem obligaten Schlussapplaus folgte am Premierenabend noch etwas Kiwanis-Beweihräucherung, Kiwanis-Grußworte aus St. Gallen, sowie die "Scheckübergabe" von 10.000 Euro für den Verein Kinderherz Südtirol. Trotz kleiner Fehler gilt wie immer: Herzlichen Dank an alle Beteiligten!