Politik | SVP

Grollen von Ost bis West

Nach den jüngsten Parteiaustritten haut der SVP-Obmann auf den Tisch. Karl Zeller attackiert Veronika Stirner – wofür sie Solidarität von Brigitte Foppa erntet.
SVP-Sitz in Bozen
Foto: Salto.bz

Der Tonfall lässt keinen Platz für Zweifel. Philipp Achammer ist wütend. Sehr wütend. “Wir können und wollen es nicht akzeptieren, wenn jemand auf diese Art und Weise versucht, Druck aufzubauen.” Der SVP-Obmann spricht von den jüngsten Parteiaustritten. In Percha hat die gesamte SVP-Gemeinderatsfraktion vergangenen Donnerstag beschlossen, ihrer Partei den Rücken zu kehren. Weil es offenbar erneut zu Verzögerungen beim Bau der Umfahrungsstraße kommt. Nur zwei Tage später traf die ehemalige Meraner Landtagsabgeordnete Veronika Stirner dieselbe Entscheidung.

Am Montag hat sich das SVP-Präsidium mit den jüngst verlorenen gegangenen Schäfchen beschäftigt. “Der angedrohte oder tatsächlich vollzogene Austritt ist nicht das richtige Mittel, um in unserer Partei bei Sachfragen etwas zu erreichen”, zeigt sich Parteiobmann Achammer not amused. Unterm Edelweiß gebe es “unzählige Möglichkeiten und Gelegenheiten, um die eigene Position zum Ausdruck zu bringen. Darauf haben wir als Sammelpartei immer gesetzt. Und auf Dialog und Verhandlung werden wir auch weiterhin unsere Arbeit aufbauen.”

 

Abkühlung im Osten, Stunk im Westen

 

Mit diesen Ansagen im Gepäck fuhr Philipp Achammer anschließend nach Percha, zu einer Aussprache mit den abtrünnigen Gemeinderäten und Bürgermeister Joachim Reinalter. Nach dem Treffen, bei dem auch SVP-Bezirksobmann Meinhard Durnwalder anwesend war, stand fest: Ob es einen Rückzug vom Parteiaustritt geben wird, lassen die Ex-SVPler in Percha offen. Aber die Kommunikation soll verbessert werden. Den Anfang macht eine Bürgerversammlung, bei der den Perchinern das weitere Vorgehen in Sachen Umfahrungsstraße erläutern wird. “Nun werden wir schauen, dass der Landeshauptmann oder der Parteiobmann nach Percha kommen, um uns den Zeitplan genauer zu erläutern”, zeigt sich Reinalter vorerst zufrieden.

In Meran hingegen stehen die Zeichen weniger auf Entspannung. In einem Interview mit der Tageszeitung geht Karl Zeller mit Veronika Stirner am Dienstag hart ins Gericht. Ihr Parteiaustritt sei “völlig überzogen”, “unentschuldbar” und zeuge von “schlechtem Stil”, schimpft der SVP-Vizeobmann und langjährige politische Weggefährte von Stirner. “Den einzigen mildernden Umstand, den ich geltend machen könnte, ist, dass die Vroni sehr emotional ist und dass der Parteiaustritt eine Kurzschlussreaktion war.”

Stirner widerspricht Zeller – und auch ihrem ehemaligen Parteiobmann – scharf. “Ich gehöre keinem Partegremium mehr an, wo ich auf den Tisch hätte hauen können, wie Achammer sagt.” Außerdem sei ihr Schritt “schon längst überfällig” gewesen – “und dann passieren manchmal Dinge, die das Fass zum Überlaufen bringen”. Stirner bezieht sich auf die Abstimmung am vergangenen Donnerstag im Meraner Gemeinderat, bei der eine zuvor im Stadtrat beschlossene testweise Schließung der alten Eisenbahnbrücke mit Stimmen aus der SVP wieder versenkt wurde. Die ehemalige Meraner Landtagsabgeordnete hatte sich für die Sperrung eingesetzt. Deswegen wirft ihr Zeller vor, dass es ihr “nicht um große politische Ziele, sondern ums eigene Hemd” gehe.

 

“Belächelt und herabgewürdigt”

 

Nun bekommt Veronika Stirner Beistand. “Ich möchte meiner ehemaligen Landtagskollegin meine persönliche Solidarität ausdrücken”, schreibt die Grüne Landtagsabgeordnete Brigitte Foppa in einer Stellungnahme. Die Reaktionen von Stirners ehemaligen Parteikollegen auf ihren Parteiaustritt habe sie mit Bestürzung wahrgenommen, meint Foppa – “und nun schießt Karl Zeller den Vogel ab, indem er die langjährige Politikerin als ‘emotional’ belächelt und im klassischen Stil des Beleidigten (insbesondere Frauen gegenüber) herabwürdigt”.

“Im Landtag habe ich in den letzten Jahren oft genug gesehen, wie es Veronika Stirner schwer fiel, bestimmte antimoderne Haltungen ihrer Partei mitzutragen”, fährt Foppa fort. “Vielleicht hält die Volkspartei nun auch das nicht mehr aus, was in anderen Parteien völlig normal und erwünscht ist, nämlich couragierte Widerrede und konsequentes Mitdenken.”

Ihrer Partei ja, aber der Politik will Stirner nicht den Rücken kehren. Für den Meraner Gemeinderat werde sie 2020 zwar “sicher nicht kandidieren”, betont sie. Aber: “Ich werde bei den nächsten Gemeinderatswahlen die Liste Rösch/Grüne unterstützen.”

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G. P. Di., 02.07.2019 - 14:07

Eine Bürgerversammlung in Percha hat es auch schon im Jahre 2015 gegeben. Und damals hat LH Kompatscher versprochen, dass 2019 Baubeginn sein wird.
Diesmal wird er versprechen, alle Möglichkeiten auszuschöpfen, um den geplanten Baubeginn von 2024 auf ? vorzuverlegen … und alle werden klatschen und glücklich nach Hause gehen ...

Di., 02.07.2019 - 14:07 Permalink
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Michl T. Mi., 03.07.2019 - 10:18

ich vermute einfach mal das ist keine persönliche Solidarität von der Frau Foppa sondern ein Dankeschön für das Versprechen der Vroni, die Grünen im Gemeindewahlkampf zu unterstützen..
Ein Parteiaustritt ist NICHT "couragierte Widerrede und konsequentes Mitdenken" sondern eine Abstimmung mit den Füßen wo man beleidigt weggeht.
Denn wenn man vorhin alle parteiinternen Möglichkeiten auslässt (Zeller sagt sie hätte seit Jahren keine Sitzung der SVP Meran mehr besucht) dann hat man seine Hausaufgaben (eben Widerrede und Mitedenken) NICHT gemacht.

Trotzdem nett wenn Frauen sich gegenseitig unterstützen. Das gibt's zu selten, vor allem an der Wahlurne.

Mi., 03.07.2019 - 10:18 Permalink
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Sigmund Kripp Do., 04.07.2019 - 11:38

"An ihren Taten sollt Ihr sie erkennen!" Sagt das Johannesevangelium. Die SVP hat in den letzten Jahren Taten gesetzt, die sie als reine Wirtschafts- und Bauernpartei zu erkennen geben. Umwelt, Soziales, Sanität, Verkehrspolitik abseits vom Auto etc, sind nicht mehr ihr Ding. Heute muss keine Südtirolerin mehr bei der SVP sein, um sich politisch zu engagieren, wie das bis in die 70er Jahre vielleicht der Fall war. Es gibt genügend Alternativen! Und die Menschen erkennen das eben! Dass die SVP dann in Bozen auch noch mit Salvini im Bett liegt, mag dann noch der Tropfen sein, der das Fass zum Überlaufen bringt.

Do., 04.07.2019 - 11:38 Permalink