Kultur | Salto Afternoon

Die Lüge

Die Freilichtspiele Südtiroler Unterland (FSU) präsentieren die Geschichte zweier Ehen,  die nur dank geschickter Schwindeleien aufrechtstehen
Bild1
Foto: FSU

„Würde sich alle Welt die Wahrheit sagen, gäbe es auf der ganzen Welt kein einziges Paar mehr“, dieses Zitat bringt Die Lüge auf den Punkt. Der französische Autor Florian Zeller wirft darin einen ungeschönten Blick hinter die bröckelnde Fassade vermeintlich glücklicher Paare, bei denen Aufrichtigkeit und gegenseitiges Vertrauen idealerweise den Grundstein der Beziehung bilden sollten. Aber sind wir doch mal ehrlich: Ist die Wahrheit immer der beste Weg?

Was tun? Alles beichten oder den Schein wahren?

Alice und Paul, Laurence und Michel: Zwei Ehepaare, ein Abendessen. Seit zwanzig Jahren sind sie verheiratet und kennen sich in- und auswendig. Einem gemütlichen Doppeldate sollte also nichts im Wege stehen, oder doch? Im letzten Moment will Alice das Treffen absagen, denn am Nachmittag hat sie Michel gesehen, wie er beim Verlassen eines Geschäfts eine andere Frau geküsst hat. Gerade will sie Paul ihre Bedenken offenlegen, als es unverhofft an der Tür klingelt. Was tun? Alles beichten oder den Schein wahren?


Der Abend entwickelt sich zu einem verstrickten Spießrutenlauf zwischen raffinierten Alibis, zartbitteren Bonmots und kunstvollen Halbwahrheiten, in denen das gesamte Spektrum der französischen Ironie zum Tragen kommt. Pikante Enthüllungen und perlende Dialoge verleihen dem Stück einen unwiderstehlichen Charme und gehen dabei einer existenziellen Frage auf den Grund: Wie viel Wahrheit steckt in der Lüge und wie viel Lüge in der Wahrheit?

Egoistischen Freiheitsansprüche herunterschrauben...

Autor Florian Zeller (*1979, Paris) wurde vom Wochenmagazin „L’Express“ zum aktuell „besten französischen Dramatiker“ erkoren. Sein Theaterstück Der Vater wurde vor kurzem mit Anthony Hopkins verfilmt und erhielt 2021 den Oscar für das beste Drehbuch. Die FSU halten mit Die Lüge zwei anscheinend perfekten Ehen den Spiegel vor. „Wenn jeder seine egoistischen Freiheitsansprüche etwas herunterschrauben und offen zu seinen Fehltritten und Schwächen stehen würde, stünde die Gesellschaft viel moralischer da. Und auch menschlicher“, so Regisseur Roland Selva.