Politik | Olympia in Cortina?

Schnapsidee: Winterspiele in Cortina

Cortina will zusammen mit Mailand die Winterspiele 2026 austragen. Mit dem UNESCO-Naturerbe Dolomiten ist das nicht vereinbar und überhaupt den Alpen nicht mehr zumutbar.
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Die Bewerbung des ehemaligen Olympia-Orts Cortina (1956) läuft im Tandem mit Mailand. Südtirol will allenfalls einzelne Wettkämpfe übernehmen wie z.B. die Biathlonrennen in Antholz, ohne neue Infrastrukturen zu bauen und ohne sich an den Gesamtkosten zu beteiligen. Zwar gibt auch Cortina vor, für Olympia 2026 keine neuen Sportstätten bauen zu müssen, doch dieses Megaevent bringt gewaltige Verpflichtungen vor allem bei der Unterbringung mit sich. Fast 3.000 Athleten, etwa 3.000 Trainerinnen, an die 1.000 IOC-Funktionäre sind aufzunehmen. Dazu kommen die Medienleute: in Pyeong Chang 2018 waren es nicht weniger als 14.000, also fast 5 pro Athletin. Dann das technische Personal und mindestens 15.000 Zuschauer. Da die Zahl der Sportdisziplinen und Athleten tendenziell zunimmt, wird die Zahl der Gäste insgesamt auch nicht abnehmen, nämlich an die 40.000. Jedenfalls rechnet man 2022 in Peking mit einer solchen Zahl, aber Peking ist halt etwas größer als Cortina, das selbst nur knapp 6.000 Einwohner hat.

Das IOC akzeptiert keine Verteilung der Athletinnen auf die Hotellerie der ganzen Umgebung, sondern verlangt eine Art Olympisches Dorf mit überwachtem Zutritt, einheitlichem Standard und allen logistischen Sonderanforderungen. Zudem würden die bestehenden Beherbergungskapazitäten in Cortina allein schon durch die Zuschauer ausgebucht. Das IOC verlangt maximal zwei Austragungsorte, einen für den Bergsport, einen anderen für den Eissport. In diesen „olympischen Dörfern“ müsste dann auch das technische Personal untergebracht werden sowie die Medienleute und Medienzentren. Falls es den Zuschlag erhält, müsste Cortina diese Einrichtungen neu bauen, hinterher würde das Bauvolumen wohl wieder verfallen. Selbst wenn es sich um Fertigbauhütten handelte, die wieder zurückgebaut würden, wäre der Flächen- und Ressourcenverbrauch enorm. Der Bodenverbrauch für diese Zusatzkubatur wäre eine gewaltige Belastung für die Cortineser Landschaft. Die Verkehrsbelastung während der Spiele und hinterher, um die zusätzlichen Betten zu füllen, all das wäre Gift für die ohnehin schon überbelasteten Dolomiten.

Nicht nur Cortina, auch kein anderer Ort und kein Tal des Dolomitengebiets könnte heute eine derartige Masse an zusätzlichem Bauvolumen verkraften. Eigentlich ist es unverständlich, welcher Teufel – man könnte auch ganz einfach „Gier“ sagen – die Cortinesen reitet, sich um die Ausrichtung dieses Megaevents 2026 zu bewerben. Nicht umsonst haben schon alle anderen zunächst interessierten Alpenregionen wie Oberbayern, Graubünden und Tirol abgelehnt, in Innsbruck erst nachdem sich die Bevölkerung in einer Volksabstimmung quer gelegt hatte. Bei einer Volksabstimmung im Kanton Wallis im Juni 2018 haben sich 53% gegen die finanzielle Unterstützung der Spiele entschieden, wodurch die Kandidatur von Sion/Sitten hinfällig wurde. Am 6. Juli 2018 hat das Österreichische Olympische Comite (ÖOC) das Kandidaturvorhaben von Graz/Schladming für die Winterspiele 2026 überraschend zurückgezogen. Die Südtiroler Landesregierung war diesmal gut beraten, gleich abzuwinken, wird aber beim eventuellen Zuschlag an Cortina doch mitnaschen wollen.

Ökoinstitute und Umweltverbände aus ganz Venetien lehnen die Bewerbung Cortinas für Olympia 2026 ab als völlig unvereinbar mit dem UNESCO-Weltnaturerbe Dolomiten. Selbst wenn keine neuen Sportstätten gebaut würden, ist ein solches Megaevent aus ökologischer Sicht nicht nur für ein UNESCO-Naturerbe unvertretbar. Die Belastung vor und während der Spiele und das zusätzliche Bauvolumen für die Beherbergung wären Gift für die Landschaft. Dazu kommt die zusätzliche Verkehrsbelastung, als ob die Dolomiten nicht schon genug davon hätten. So wie heute vom IOC konzipiert und geregelt sind solche Events überhaupt keiner alpinen Region mehr zumutbar. Unter dem Aspekt der ökologischen Nachhaltigkeit sind die Olympischen Spiele als Massenspektakel überhaupt in Frage zu stellen.