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ABC of Economics

Mary de Rachewiltz fand in der Bibliothek ihres Vaters Ezra Pound immer wieder Geldscheine aus aller Welt. Dienten ihm diese als Lesezeichen?
One Pound
Foto: Salto.bz

Mary de Rachewiltz, geboren 1925, ist die Tochter des amerikanischen Dichters Ezra Pound, einem der Begründer und Wegbereiter der modernen Poesie. Am 30. Oktober jährte sich Pounds Geburtstag, am 1. November sein Todestag. Zwischen beiden Tagen liegt zufällig, aber passend zum Thema, der Weltspartag am 31. Oktober. Ein Gespräch über Pounds Geldscheine.

salto.bz: Woher rührt das Interesse für Geld und Wirtschaftskreisläufe bei Ezra Pound?
Mary de Rachewiltz: Schon Pounds Großvater Thaddeus Coleman hat sich als ambitionierter Geschäftsmann einen Namen gemacht, zudem war er politisch aktiv. Er hatte mit Bau- und Nutzhölzern gehandelt. Der junge Pound kam also schon sehr früh mit dem Thema Geld in Berührung. Man muss auch erwähnen, dass Pounds Vater als Münzprüfer in einer Münzfabrik in Philadelphia arbeitete. Er fuhr mit ihm unter anderem einmal nach London und nach Rom, besuchte Münzfabriken, die sogenannten „zecche“. Geld war irgendwie immer präsent.

Vielleicht ließ sich Pound für seine Geld-Sammellust von seinem Nachnamen inspirieren?
Das lässt sich nicht eindeutig sagen. Sicher, er trägt den Namen der britischen Währung (Pfund) in seinem Zunamen, da kann man natürlich darüber lachen. Auch darüber, dass ihn die Kinder seines Freundes James Joyce immer Signore Sterlina (ital. für britisches Pfund) genannt haben. Den Begriff Sammellust finde ich in diesem Zusammenhang nicht ganz passend. Ich fand immer wieder Scheine in Büchern, aber keinen Hinweis, dass er mit System gesammelt hätte. Er hat sich einfach für Geld interessiert.

Pound hat in Literatur investiert…
Pound hat sich sein erstes Buch selbst bezahlt, mit dem Honorar, das er vom dritten Semester der Universität übrig hatte. Das Buch diente ihm als Visitenkarte, es war sein Eintritt in die literarische Welt. Er hat im Grunde investiert, wie sein Großvater, der Holz als Basis für seine Geschäfte hatte.

1933 brachte Pound das Buch „ABC of Economics“ auf den Markt. Wie hat die literarische Welt diesen Titel aufgenommen?
Das Buch kam zu einer falschen Zeit. Die Leute haben sich gefragt, weshalb mischt er sich in die Politik ein? Bereits 1928 war sein Vater in Rente gegangen und hatte ihm sämtliche Zeitungsartikel zum Münzgeschäft gegeben. Wenn man Pounds Bibliothek studiert, also die Bücher, die er gelesen hat, so erkennt man anhand seiner Anmerkungen, dass er die Themen Geld, Wirtschaft, Friede und Freiheit mit bevorzugtem Interesse verfolgte. Auf den letzten Blättern der jeweiligen Bücher machte er sich dazu Notizen.

Mitte der 1930er Jahre besuchte Pound die kleine Stadt Wörgl, da er sich mit dem Thema Schwundgeld beschäftigte. Natürlich auch mit der Figur Silvio Gesell…
Seine literarischen Erkundungen, auch zum Schwundgeld in Wörgl und Silvio Gesell, wollte Pound bei einem zweiten Treffen Mussolini – den er schätzte – präsentieren. Doch die Staatssekretäre haben in zurückgewiesen. Er galt als verrückter Amerikaner.

Und heute machen Neo-Faschisten mit dem Namen Casapound bare Münze, mit dem Namen eines „verrückten Amerikaners“...
Machen sie das? Das finde ich einfach unwürdig. Aber ich kann dagegen nicht wirklich etwas unternehmen. Sie sollten Pound lesen, um ihn zu verstehen.

Mit seinem Haupt- und Lebenswerk, den „Cantos“, gelang es Ezra Pound die Menschheitsgeschichte in Versform zu bringen. Das bekannteste TV-Interview mit Ezra Pound führte Pier Paolo Pasolini, im Jahr 1968. Hier ein kurzer Ausschnitt.

Pasolini "stringo un patto con te Ezra Pound" / Rai