Wirtschaft | Stiftung Sparkasse

Der Anti-Nikolaus

Auch bei der Stiftung Sparkasse sind die Zeiten der Gießkanne definitiv vorbei. Wie Neo-Präsident Konrad Bergmeister das Stiftungsbudget künftig verteilen will.
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Foto: Suedtirolfoto/Lafogler

Salto.bz: Herr Bergmeister, der Fördertopf der Stiftung Südtiroler Sparkasse wird laut der jüngsten Entscheidung des Stiftungsrates fast halbiert, von 8,5 Millionen auf 4,5 Millionen Euro. Ist jetzt definitiv Schluss mit den Zeiten des Nikolaus, als der ein Stiftungspräsident wie Hans Rubner noch bezeichnet wurde?
Konrad Bergmeister: Das ist endgültig vorbei. Wir hatte im Jahr 2006 noch ein Budget von 13,5 Millionen Euro. 2016 wurde ein Budget von 8,5 Millionen Euro geschnürt. Davon werden wir bis Jahresende aber nur 5 bis 5,5 Millionen Euro ausschöpfen. Insofern ist der Bruch zum kommenden Jahr bei weitem nicht so groß, die Kürzung beträgt gerade einmal zehn Prozent.

Nur, weil sie auch das Budget 2016 nicht voll ausschöpfen...
Die Stiftung lebt ausschließlich von den Geldern, die von der Sparkasse kommen. Und der schmerzliche Teil ist, dass wir aus eigenen Renditen gerade einmal einen Fördertopf von zwei Millionen Euro zusammenbekommen würden. Um im kommenden Jahr überhaupt 4,5 Millionen Euro ausgegeben zu können, müssen wir 2,5 Millionen Euro aus dem Reservefonds nehmen. Und zu dieser Praxis hat man leider bereits in den vergangenen drei Jahren gegriffen. Das muss nun aufhören, denn ich bin der Überzeugung, dass der Reservefonds für besondere Notfälle sozialer Art bewahrt werden muss. Wir können einfach nicht die normale Geschäftstätigkeit daraus finanzieren. Vor allem wenn die Stiftung zwei Drittel einer Bank hält, deren Aktien heute nicht verkaufbar sind.

Was verstehen Sie unter Notfällen sozialer Art?
Das könnten zum Beispiel die Folgen eines Erdbebens sein, wie sie nun in Mittelitalien auftreten Auch dort haben wir übrigens spontane Hilfe geleistet, mit 200.000 Euro aus dem Reservefonds.

Ist der Sparstift also allein der tiefen Krise der Sparkasse zuzuschreiben oder hätte ein Stiftungspräsident Konrad Bergmeister die Förderpraxis auch unabhängig davon reformiert?
Mir geht es generell darum, eine neue Philosophie hineinzubringen. Dieses Geld gehört der Öffentlichkeit. Es ist ein Glücksfall, dass es aufgrund der Konstruktion Stiftung überhaupt vorhanden ist und es sollte möglichst gewinnbringend und effizient eingesetzt werden.

Ist das bislang nicht passiert?
Bisher hat man versucht, allen Ansuchenden irgendwie Genüge zu tun. Doch heute stehen wie in einem Kulturwandel, das beobachte ich generell, seit ich vor sechs Jahren wieder nach Südtirol zurückgekehrt bin. Als ich vor 30 Jahren wegging, war das Land noch viel ärmer, damals hatte man eine völlig andere Einstellung zu Hilfen und Mitfinanzierung, die auch die Förderpraxis der Vergangenheit prägte. Nun muss der Wandel vollzogen werden, indem wir Bewusstseinsarbeit betreiben, bis hinunter in die Vereine und Organisationen. Heute bekommt man nicht mehr einfach Geld vom Land, von der Region oder eben der Stiftung Sparkasse. Heute muss man sich dafür viel mehr anstrengen und nachdenken, was Sinn macht, wie man sparen kann, wo man auch effizient etwas gemeinsam machen kann.

"Es ist typisch für Südtirol, dass man beispielweise ein Musical oder eine Operette in deutscher Sprache aufführt, und dann kommt das Gleiche oder etwas Ähnliches auf Italienisch. Hier möchte ich einfach fördern, dass mehr gebündelt wird, mehr gemeinsam gemacht wird. Damit würde ein konkreter Mehrwert geschaffen."

Ist das Konrad Bergmeisters Philosophie oder jene des gesamten Stiftungsrates?  
Wir haben einen Workshop mit allen Stiftungsräten gemacht und die bisherige Stiftungstätigkeit gezielt durchforstet und analysiert. Und das ist die Schlussfolgerung, also wir haben zu diesem Thema gemeinsam entschieden. Wir leben diese Philosophie auch schon und haben in den letzten Monaten gezielt versucht, die Leute dorthin zu bringen.

Wohin konkret?
Generell geht es mir darum, dass wir strategisch wichtige Projekte für das Territorium fördern, wobei uns vor allem junge Menschen am Herzen liegen. Das heißt, wir werden gezielt Projekte fördern, die für die Jugend eine Chancen darstellen, und zwar in allen Förderbereichen, also in der Kultur und im Sozialen, im Bereich der Bildung, der Forschung und Wissenschaften sowie von Natur und Umwelt. Darüber hinaus geht es auch darum, die Menschen dazu zu bringen, Projektideen zu kombinieren. Es ist typisch für Südtirol, dass man beispielweise ein Musical oder eine Operette in deutscher Sprache aufführt, und dann kommt das Gleiche oder etwas Ähnliches auf Italienisch. Hier möchte ich einfach fördern, dass mehr gebündelt wird, mehr gemeinsam gemacht wird. Damit würde ein konkreter Mehrwert geschaffen.

Die Stiftung will also versuchen, über ihre Fördertätigkeit auch ethnische Grenzen aufzuweichen?
Absolut. Das habe ich schon auf der Uni getan und das werde ich auch hier umsetzen. Ich möchte genau das Gegenteil von ethnisch abgegrenzten Tätigkeiten, wir wollen gezielt interdisziplinäre und multikulturelle Projekte fördern, die eine gewisse strategische Wichtigkeit fürs Land haben.

Wie groß ist der Widerstand gegen diesen neuen Kurs?
Vor allem von außen gab es am Anfang klarerweise Widerstand und vor allem Unverständnis, und die Wunschhaltung, dass alles weitergehen soll wie bisher, ist nach wie vor da. Doch so wie wir unsere Verantwortung wahrnehmen und die Lage entsprechend erklären müssen, werden es auch die Menschen verstehen müssen. Ich sehe bereits heute eine positive Entwicklung. In meinen monatlichen Sprechstunden höre ich die Menschen an und erkläre ihnen, wie es nun läuft. Und spätestens wenn sie dann ein zweites Mal wiederkommen, haben sie sich Gedanken darüber gemacht.

Und schrauben ihre Wünsche freiwillig zurück?
Nun, sie überlegen sich zumindest, was wirklich notwendig ist. Ein aktuelles Beispiel in diese Richtung liefern der Alpenverein und der CAI mit den jeweiligen Rettungsorganisationen. Die sind dann tatsächlich  gemeinsam gekommen und haben gesagt: Wir haben uns überlegt, dass wir Geräte für Taucher nur einmal anschaffen und sie dann allen zur Verfügung stehen. Also, da passiert effektiv eine Art Erziehungsarbeit.

Bis jetzt hat es immer geheißen, überall wo in Südtirol Kultur stattfindet, steckt in irgendeiner Form die Stiftung dahinter. Nun liegt der Anteil der Kulturförderung im stark geschrumpften Budget nicht mehr – wie traditionell üblich – über 50 %, sondern nur mehr bei 42 %. Haben Sie keine Sorge, dass die Kulturtätigkeit im Land einbricht oder Kulturdenkmäler in Zukunft ohne ausreichende Mittel der Stiftung verfallen?
Ich glaube, es wird das Gegenteil eintreten. Also es wird das Bewusstsein wachsen, dass etwas weniger mehr ist. Und damit kann auch eine Wertsteigerung erreicht werden. Vor allem, weil mehr Gemeinsames gefördert wird und damit indirekt auch der sprachübergreifende Prozess.

"Bisher hat man versucht, allen Ansuchenden irgendwie Genüge zu tun. Doch heute stehen wie in einem Kulturwandel. Man bekommt nicht mehr einfach Geld vom Land, von der Region oder eben der Stiftung Sparkasse. Heute muss man sich dafür viel mehr anstrengen und nachdenken, was Sinn macht, wie man sparen kann, wo man auch effizient etwas gemeinsam machen kann."

Warum will sich die Stiftung Sparkasse nun verstärkt auf die Jugend konzentrieren?
Dafür gibt es mehrere Gründe. Allen voran, haben wir in Italien eine Jugendarbeitslosigkeit von über 40 % und das ist katastrophal. Im Südtirol selbst liegen wir zwar bei 12 %, das ist aber immer noch doppelt so viel wie in Nordtirol, wo man ein wesentlich geringeres Landesbudget hat. Darüber hinaus, haben wir leider auch den Trend, dass jungen Menschen, die im Ausland studieren, nicht mehr zurückkommen. Hier wollen wir gezielt mit Förderprogrammen ansetzen.

Wie?
Einerseits werden wir Forschungsdoktorate fördern, also Stipendien für junge Menschen vergeben, die hier, in Innsbruck oder irgendwo in der Welt ein Doktorat machen, das in Kontext mit dem Territorium steht bzw. Mehrwert für das Land bringt. So bauen wir Brücken, damit solche Menschen wieder zurückkommen. Gleichzeitig wollen wir aber auch Bildungs- und Sprachaufenthalte im Ausland fördern – mit dem konkreten Ziel, jungen Menschen durch den Blick von außen die Einzigartigkeit zu verdeutlichen, in einem zweisprachigen Land zu leben und zu arbeiten. Wir sind der Überzeugung, dass auch auf diese Weise sprachlich-ethnische Barrieren unkompliziert überwunden werden können.

In jedem Fall hat die Jugend fortan bei der Stiftung eine Vorzugsschiene gegenüber älteren Semestern?
Wir werden auch im Bereich Altersversorgung versuchen, Akzente zu setzen. Wir leben schließlich in einer alternden Gesellschaft und nun gilt es zum Beispiel zu überlegen, wie man gezielt Projekte unterstützen können, die es ermöglichen, dass alte Menschen in ihren Dörfern und bei ihren Familien bleiben können. Bislang hat die Stiftung eher Gebäude und Infrastrukturen gefördert, wie beispielsweise das Demenzzentrum in Magreid. Ich sehe unseren künftigen Schwerpunkt dagegen eher in der Unterstützung von Projekten, mit denen die Herausforderungen für alte und kranke Menschen besser gemeistert werden können.

Das heißt also, die Stiftung Südtiroler Sparkasse bekommt unter ihrem neuen Präsidenten eine deutlich erkennbare neue Handschrift?
Das hoffe ich. Das habe ich überall versucht, wo ich bisher war, und ich will es auch bei der Stiftung sehr konkret umsetzen.