Wirtschaft | Wobi

Spekulation in Uniform

Die Landesregierung verkauft in Bozen Wobi-Wohnungen in bester Lage an Militärangehörige. Es ist ein Geschäft, bei dem die Begünstigten viel Geld verdienen können.
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Foto: Suedtirol Foto/Othmar Seehauser
Es ist eine Immobilienoperation“, sagt Wilhelm Palfrader, „von der Landesregierung so beschlossen“. Der Direktor des Wohnbauinstitutes will nicht mehr dazu sagen. Nur soviel: „Man will damit ein altes Kapitel endlich abschließen“.
Dabei ist die Operation, die die Landesregierung vor fünf Monaten still und leise beschlossen hat und die man derzeit umsetzt, alles andere als eine normale Routineangelegenheit.
Denn es geht nicht nur darum, alte Abmachungen zwischen dem Land und dem Staat einzuhalten, sondern auch um die Frage, ob gewissen Kategorien von der öffentlichen Hand eine Sonderbehandlung zuteil werden kann. Vor allem aber ist das Ganze ein Musterbeispiel, wie Lobbyismus in diesem Land funktionieren kann.
 

Das Einvernehmen

 
Seit über drei Jahrzehnten verhandelt das Land mit dem Staat über den Übergang von Staatsimmobilien. Dabei geht es vor allem um riesige Militärkasernen und Einrichtungen des Heeres. Im Dezember 1993 wurde ein Landesgesetz verabschiedet, das die Landesregierung ermächtigt, vom Verteidigungsministerium das volle Eigentum an den im Staatsbesitz stehenden Flächen und den auf diesen Flächen errichteten Gebäuden zu erwerben. Im Gegenzug muss das Land Wohnungen abtreten, die auf Kosten des Landes auf Teilflächen dieser Militärliegenschaften gebaut werden.
Die Regelung wurden in den vergangenen zwei Jahrzehnten in vielen Südtiroler Gemeinden umgesetzt.
Im selben Gesetz ist aber auch vorgesehen, dass das Land fünf Prozent der erworbenen Flächen an Wohnbaugenossenschaften abtritt, welche aus Offizieren und Unteroffizieren der Streitkräfte bestehen. Die Mitglieder dieser Militärgenossenschaften können im Dienst oder im Ruhestand sein und müssen seit mindestens fünf Jahren in der Provinz Bozen ansässig sein, wobei der Verkaufspreis dem Schätzwert für die Immobilien entsprechen muss. Diese Wohnbaugenossenschaften können dann dort Wohnungen errichten. Doch diese Bestimmung wurde bisher nicht umgesetzt.
 

Die Gesetzesänderung

 
Mit dem Nachtragshaushalt 2017 wurde diese gesetzliche Bestimmung plötzlich abgeändert. Wie von Zauberhand wurde im August ein neuer Absatz in das Wohnbaugesetz des Landes eingefügt. 
 
Die Bestimmung besagt, dass die Landesregierung das Institut für den sozialen Wohnbau des Landes (WOBI) beauftragen kann, eine Anzahl von gleichwertigen Wohnungen abzutreten, um diesen fünfprozentigen Anteil der abzutretenden Flächen zu erreichen. Die Wohnungen müssen sich in den Städten Bozen und Meran befinden. Und insgesamt darf das Wobi nicht mehr als 20 solcher Wohnungen verkaufen. Die Landesregierung muss die Richtlinien für den Verkauf erlassen. 
Dass diese Bestimmung auf einem konkreten Plan beruht, der von den Militärs an das Land herangetragen wurde, wird schnell klar.
 


Der Verkauf

 
 
Denn schon bald bildet sich eine Wohnbaugenossenschaft, die aus ingesamt 20 zumeist höheren Angehörigen des Heeres oder der Carabinieri besteht, die noch im Dienst oder bereits im Ruhestand sind. Diese Genossenschaft will jetzt vom Wobi die Wohnungen in Bozen übernehmen.
Am 19. Juni 2018 beschließt die Landesregierung unter dem Titel „Verkauf von Wohnungen an Militärgenossenschaften“ die Richtlinien für den Wohnungsverkauf. Im Landesregierungsbeschluss heißt es:
 
„Das WOBI bestimmt die Wohnungen, die sich in den Stadtgebieten von Bozen und Meran befinden, aufgrund der von den Militärgenossenschaften mitgeteilten Bedürfnisse.“ 
 
Was in der Theorie durchaus vernünftig klingt, hat in der praktischen Umsetzung aber einen Haken. Nach Informationen von salto.bz machte das Wobi der Genossenschaft zwei Angebote. Man bot mehrere Wohnungen in der Palermostraße und in der Aostastraße an. Doch die Genossenschaft lehnte diese Wohnungen ab. Man wollte näher ans Stadtzentrum.
Deshalb besserte das Wobi nach. Fündig wurde man jetzt in Quirein. Dort verkauft das Wobi sowohl in der Camillo-Zancani-Straße als auch in der Zarastraße schöne Altbauwohnungen mit Balkon an die Militärangehörigen.
 

Ohne Sozialbindung

 
Dass die Wohnbaugenossen in Uniform besonders wählerisch sind, wird an den kaum bekannten Details des Deals deutlich. Der Verkaufspreis der Wohnungen wird zwar vom Schätzamt des Landes festgelegt, die Abtretung erfolgt aber weit unter dem Markpreis.
 
Es ist ein sehr gutes Geschäft für die Militärangehörigen. Denn im Beschluss der Landesregierung steht ein Satz, der mehr als nur ein Weihnachtsgeschenk ist:
„Das Wobi verkauft diese Immobilieneinheiten ohne Sozialbindungen“.
Was das heißt: Die Käufer können einen Tag nach der Übertragung die Wohnung auf dem freien Markt weiterveräußern. Diesmal aber zum Marktpreis. Kennt man die Bozner Wohnungspreise, wird klar, dass es bei einer 100 Quadratmeter-Wohnung in Quirein um viel Geld geht.
Hier hat jemand still und leise ein Spekulationsgeschäft vorbereitet und dann umgesetzt“, sagt einer, der die Entwicklung dieser Immobilienoperation seit Jahren beobachtet hat.
Selbst eine Uniform scheint kein probates Gegenmittel gegen Spekulation zu sein.

 

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Profil für Benutzer Christoph Franceschini
Christoph Fran… Mo., 03.12.2018 - 14:23

Antwort auf von Andreas Berger

Sehr geehrter Herr Berger, Sie haben recht. Leider habe ich den falschen Text veröffentlicht, eine frühere Version, die noch nicht fertig war. Inzwischen habe ich den richtigen Text publiziert. Danke auch für Ihre besonderen Blumen. Wenn Sie Salto.bz eine Spende machen oder ein Abo abschließen würden, dann könnten wir uns - wie andere - vielleicht einen Korrektor leisten.
Wäre Ihnen auch dankbar, wenn Sie wenigstens meinen Namen das nächste Mal richtig schreiben würden.

Mo., 03.12.2018 - 14:23 Permalink
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19 amet Mo., 03.12.2018 - 11:43

Welch schlimmes Schicksal, wenn man sich als Beistrichzähler ärgern muss, anstatt sich zu freuen, dass wieder eine Sauerei aufgedeckt worden ist.

Mo., 03.12.2018 - 11:43 Permalink
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Profil für Benutzer Mensch Ärgerdichnicht
Mensch Ärgerdi… Mo., 03.12.2018 - 12:02

Bleibt nur zu hoffen, dass Staatsanwaltschaft und Rechnungshof hier mitlesen. Oder man könnte auch direkt nachfragen ob es nicht angebracht wäre Ermittlungen einzuleiten.

Mo., 03.12.2018 - 12:02 Permalink
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Stefan T Do., 06.12.2018 - 13:55

Die wichtigste Aufgabe der Presse ist es der Politik und Verwaltung auf die Finger zu schauen und diese zur Rechenschaft zu ziehen, wenn sie ihrer Verantwortung dem Bürger gegenüber nicht nachkommt. Vielen Dank für Ihre journalistische Arbeit!

Do., 06.12.2018 - 13:55 Permalink