Gesellschaft | Religion

Wenn die Priester ausbleiben …

… müssen die Gläubigen den Glauben tragen. Vor diesem Hintergrund ist auch das zunehmende Interesse von Laien zu sehen, sich in der katholischen Gemeinschaft einzubringen
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Foto: Pixabay
Während die Zahl der Priester bereits seit Jahren rückläufig ist, steigt das Interesse von aktiven Gläubigen, sich zu Wortgottesdienstleitern ausbilden zu lassen. Am letzten Kurs haben sich, wie Reinhard Demetz, zuständig für die Seelsorge in der Diözese Bozen-Brixen erklärt, rund 40 Teilnehmer angemeldet. Diese Kurse werden im Zwei- bis Drei-Jahresrhythmus angeboten und erfreuen sich eines regen Zuspruchs. „Der Bedarf in manchen Pfarrgemeinden nach Personen, welche liturgische Feiern leiten können, ist sehr hoch“, so Demetz. Dies betreffe nicht allein nur Wortgottesfeiern, sondern auch andere Formen liturgischer Feiern wie Andachten oder Begräbnisfeiern. Zwar gibt es Pfarreien, in denen die Laien weniger zum Einsatz kommen, in manchen dagegen würde es ohne sie nicht mehr gehen und es bräuchte sogar noch mehr Nachwuchs.
 
Die Dienste der Laien sind unbestritten von höchster Ebene in der Diözese gewünscht und gewollt.
 
„Die Dienste der Laien sind unbestritten von höchster Ebene in der Diözese gewünscht und gewollt, weil die Ausbildung sehr gute Früchte trägt und auch gebraucht wird. Ich stelle mir manchmal die Frage, ob es nicht das ist, was Gott genau in diesem Moment von uns will“, so Demetz, der diese Veränderung als einen Lernprozess beschreibt. Geschah Teilnahme am religiösen Leben früher aus einem Zwang heraus, so nehmen heute jene daran teil, die dies aus freien Stücken heraus tun. Insofern sind Laien-Seelsorger nicht nur ein „Notnagel“, sondern auf diesem Fundament entsteht und wächst der Glaube. Mittlerweile haben rund 400 Personen die verschiedenen Ausbildungen absolviert, sehr viele davon leiten regelmäßig Feiern. Eine beachtliche Zahl angesichts des herrschenden Priestermangels. Während in den vergangenen 20 Jahren nämlich nur ein, zwei höchstens drei Priester geweiht wurden, hat sich die Anzahl zwischen 1982 und 2022 mehr als halbiert.
 
 
 
 
„Wir haben eine sehr hohe Anzahl an Ehrenamtlichen, die zu Wortgottesdienst-Leitern und -Leiterinnen ausgebildet wurden. Das ist allerdings nur ein Teilbereich, welche die Tätigkeit eines Priesters umfasst“, erklärt der Zuständige für die Seelsorge. Diese beinhaltet nämlich drei große Aufgabenfelder, zu denen, wie bereits erwähnt, nicht nur die Leitung der liturgischen Feiern zählt, sondern auch die Führung der Pfarrei und die Verkündigungsaufgabe zählt. Mittlerweile gibt es in all diesen Bereichen Menschen, die begeistert mitmachen und sich einbringen. Bereits im Rahmen des II. Vatikanischen Konzils ist der Grundstock dafür gelegt worden, obwohl in den 60er Jahren der Priestermangel noch kein Thema war. Die Veränderung geschah aus einem neuen Rollenverständnis der Laien heraus, deren Mitarbeit zunehmend gewünscht und gefragt ist. Die gemeinsame Verantwortung aller Christen für die Kirche wird dabei in den Vordergrund gestellt. „Das ist auch das Stichwort für eine organisatorische Veränderung“, betont Demetz. Den Priestermangel dürfe man allerdings nicht isoliert betrachten. Dieser sei nur ein Symptom und nicht das eigentliche Problem, nämlich dass die Kirchen zusehends leerer werden und die Zahl der gläubigen, aktiven Christen schwindet. „Das ist das eigentliche große Phänomen, das wir an allen Ecken und Enden spüren und das wir analysieren müssen“, betont der Seelsorge-Verantwortliche und erklärt, dass der Priestermangel allerdings auch einiges mit dem Bild dieses Berufsstandes zu tun habe. Denn auch bei der Frage, wer Priester werden dürfe, gebe es noch einigen Klärungsbedarf.
 

Von einer Kirche zur nächsten

 
Während es im Jahr 1982 noch 502 Priester gab, sind es heute nur mehr 201. Mittlerweile ist es üblich, dass ein Priester mehrere Pfarreien betreuen muss bzw. wie Demetz erklärt, „hat unser Spitzenreiter neun Pfarreien über“. Eine nicht immer einfache Situation für die Priester. Nachdem es nicht mehr möglich ist, die Leitungsfunktion so wie früher auszuüben, haben die Pastoral-Teams zunehmend an Bedeutung gewonnen. Beinahe in der Hälfte aller Südtiroler Dörfer gibt es mittlerweile ein kleines Team von Personen, welches die Leitung gemeinsam bzw. in Rücksprache mit dem Priester übernimmt. Die Ausbildung von sogenannten Laien, welche liturgischem Feiern wie Wortgottesdienste oder Begräbnisse abhalten, ist ein Ansatz, um dem Priestermangel zu begegnen. Zusätzlich engagieren sich bereits viele Sakramenten-Katecheten, hauptsächlich Frauen, welche die gesamte Vorbereitung der Sakramente von der Taufe bis zur Firmung übernehmen. Wie Demetz erklärt, habe sich die Rolle der Frau in der katholischen Kirche während der vergangenen Jahre radikal gewandelt. Mittlerweile besteht der Großteil der Gemeinschaft, der sich in der Kirche engagiert, aus Frauen, die in sehr wesentlichen Punkten das kirchliche Leben tragen.
 
Mittlerweile besteht der Großteil der Gemeinschaft, der sich in der Kirche engagiert, aus Frauen, die in sehr wesentlichen Punkten das kirchliche Leben tragen.
 
Sinnbildlich dafür stehen nicht nur die Pfarrgemeinderäte, wo mittlerweile Sorgen laut werden, dass sich nicht mehr genügend engagierte Männer finden, die sich zur Wahl stellen, sondern auch die Diskussionen im Rahmen der derzeit stattfindenden weltweiten Synode. Im ausgearbeiteten Dokument wird nämlich mehr als deutlich auf die Rolle der Frau verwiesen. In der Realität werden derzeit die Entscheidungen in der kirchlichen Hierarchie zwar noch von Männern getroffen, doch „daran wird man arbeiten müssen“, ist Demetz überzeugt, der in diesem Zusammenhang auf die selbstverständliche Gleichberechtigung zwischen Männern und Frauen in den Pfarreien verweist. So wird beispielsweise die Frage, wer zum Pfarrgemeinderats-Präsidenten gewählt wird, nicht mehr am Geschlecht festgemacht, sondern richtet sich nach der Befähigung. Im Vordergrund stehen die Kompetenz, der Einsatz und die Glaubwürdigkeit und nicht die Frage ob Mann oder Frau.
 
 
 
„Vor 30 Jahren konnte man mit jungen Leuten noch über die Frage ‚Frauenpriestertum: Ja oder Nein‘ diskutieren. Wenn ich heute mit Jugendlichen darüber spreche, dann sind sie schlicht und ergreifend nur befremdet“, erklärt Demetz. Befremdet darüber, dass die Kirche immer noch nicht soweit ist, dass Frauen auch zu diesen Positionen Zugang erhalten. Diese Frage wird unweigerlich in den kommenden Jahren auf höchster Ebene der katholischen Kirche diskutiert werden, ist sich Demetz sicher, diese Forderung könne man mittlerweile nicht mehr ignorieren.
Im Rahmen der weltweiten Synode sollen vor allem strukturelle Probleme, aufgrund derer ein Reformstau herrscht, gelöst werden. Dabei geht es vor allem um die Fragen nach dem Umgang mit Macht, dem Umgang zwischen Männern und Frauen sowie Missbrauch und darum wie Entscheidungen getroffen werden. Auf die Synode und eine mögliche Veränderung in der Kirche werden große Hoffnungen gesetzt. Wenn die Kirche in der Lage ist, ihren Umgang mit Macht zu verändern, dann könnte dies der Beginn einer Trendwende sein, so Demetz.

 

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Salto User
Günther Alois … Mo., 05.12.2022 - 07:38

Kein Wunder dass die Priester ausbleiben bei diesem verkorksten,mittelalterlichen Verein,der alle Sauereien vertuscht und heuchlerisch das Blaue vom Himmel verspricht.

Mo., 05.12.2022 - 07:38 Permalink
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Profil für Benutzer Karl Trojer
Karl Trojer Mo., 05.12.2022 - 11:07

Trotz aller Unzulänglichkeit und dem vielen geschichtlichen Fehlverhalten, hat mir die kath.Kirche viel Wertvolles vermittelt. Dafür bin ich dankbar.
Nicht so sehr der Priestermagel (der durch die Lockerung des Zölibates und noch mehr durch Frauempriestertum leicht behoben werden könnte) verursacht die zunehmende Verfremdung der Kirche, sondern ihre Unfähigkeit, die eigentliche Botschaft Jesu Christi : die bedingungslose Liebe zu leben und mitzuteilen.

Mo., 05.12.2022 - 11:07 Permalink