Gesellschaft | salto-Gespräch

„Wir brauchen alle mehr Mut“

Man muss kein Tiroler werden, um das Tiroler Ehrenzeichen zu verdienen: Aldo Mazza über sein Engagement für das Zusammenleben und einen längst fälligen nächsten Schritt.
Aldo Mazza
Foto: Foto Privat

salto.bz: Aldo Mazza, eine Symbolfigur deinterethnischen Südtirols, erhält am Todestag von Andreas Hofer das Tiroler Ehrenzeichen für besondere Verdienste um das Land Tirol! Troppo bello, könnte man sagen. Hätten Sie sich das träumen lassen, als Sie Anfang der Siebziger Jahre aus Salerno nach Südtirol kamen?
Aldo Mazza: 
Nein, absolut nicht. Damals deuteten die Zeichen in die entgegengesetzte Richtung, da ging es um Exklusion statt um Inklusion. Auch deshalb muss ich ehrlich sagen, dass mich diese Auszeichnung sehr freut und auch berührt. Denn es war nie mein Ziel, ein Tiroler zu werden, doch ich habe immer versucht, die Tiroler Kultur zu respektieren, zu verstehen und  kennenzulernen. Ich fühle mich aber nicht als assimilierter Tiroler, denn ich habe meine eigene Kultur keineswegs abgelegt. Umso schöner ist, dass eine solch dynamische Identität anerkannt wird.

Solch eine interethnische Identität... . Wird mit diesem Ehrenzeichen auch die Bewegung dahinter gewürdigt, angefangen bei ihrer Ikone Alexander Langer?
Absolut. Hier geht es wirklich nicht nur um mich, ich denke es ist wirklich eine Anerkennung für diesen dritten Weg, Südtiroler zu sein. Wir haben zwei nationalistische Möglichkeiten, die gewissermaßen an diese ethnische Identitäten Deutsch und Italienisch geklebt sind. Und es gibt auch ein anderes Südtirol, das die Präsenz der beiden Kulturen als Vielfalt, als etwas Positives sieht. Damit meine ich nicht einen Misch-Masch aus beidem, eine Mischkultur. Vielmehr geht es darum, dass unterschiedliche Kulturen einen Weg finden, um in einem respektvollen Verhältnis zusammen zu sein und voneinander zu profitieren. Ich bin dem Schicksal wirklich sehr dankbar, dass es mich hierher geführt hat. Denn mein Leben wurde bereichert durch das, was oft als Last wahrgenommen wird.

Sie sind Anfang der Siebziger Jahre wegen der Liebe zu einer deutschsprachigen Frau nach Meran gekommen...
... mit der ich übrigens noch immer zusammen bin, was mich sehr freut. Denn wie gesagt: Es war wirklich sehr kompliziert und schwierig am Beginn.

Weil sie DER Walsche waren?
Ganz genau. Also, aufgrund der Reaktionen hätte ich damals eigentlich sagen müssen: Auf Wiedersehen, hier gibt es keinen Platz für mich.

Und warum haben Sie das nicht gemacht?
Da war nicht nur die Liebe zu meiner Frau. Ich habe den Gesichtspunkt, die Perspektive der anderen auch irgendwie nachvollziehen können. Ich habe damals versucht zu verstehen, wieso zum Beispiel die Familie meiner Frau so negativ auf mich reagiert, habe mich eingelesen in die Geschichte Südtirols. Und so habe ich die Haltung, die mir gegenüber eingenommen wurde, zwar nicht akzeptieren können, aber zumindest verstanden, warum es dazu kommt.

Das heißt, Sie nahmen sie nicht persönlich, sondern haben sie in einen Kontext gestellt?
Also, es wäre falsch zu sagen, dass ich die Reaktion auf mich nicht dennoch als übertrieben und auch als verletzend empfunden hätte. Doch ich habe sie eben auch als Reaktion einer Minderheit einordnen können, die jahrelang unter dem Faschismus gelitten hat und die eigene Kultur in Gefahr gesehen hat. Und deshalb habe ich verstanden, dass auch andere und nicht persönliche Gründe hinter dieser Ablehnung stehen.

"Das Zusammenleben musst Du lernen, das ist wie ein Handwerk. Man muss bereit sein zu probieren, zu üben. Provare, sbagliare, sbagliare meglio....Ich finde es aber auch immer noch bereichernd, in einer Gesellschaft zu leben, die nicht schon fixe Antworten bereit hat."

In dieser schwierigen Phase haben Sie dann auch Alexander Langer kennengelernt?
Ja, dieses Treffen mit dem Pensiero Langer und mit Alex selber war sehr entscheidend für mich. Die Gesellschaft war damals extrem verschlossen, entweder du warst deutsch oder italienisch, entweder Mir sain mir oder Siamo in Italia. Und dann kam Alex Langer, der all das in Frage gestellt und mir gezeigt hat, dass es eine dritte Möglichkeit gibt, dass verschiedene Kulturen, auch wenn sie geschichtlich sehr belastet sind, zusammen etwas aufbauen könnten. Dieser dritte Weg hat mich sehr fasziniert, hat Südtirol für mich interessant gemacht. Und so habe ich die Entscheidung getroffen, hier zu bleiben und sehr viel zu investieren.

In Ihre Familie, in die Gesellschaft, später dann in alpha beta?
In alles. Das interessante war ja, dass meine Familie für mich eine Art Werkstatt war, in gewisser Weise einen Spiegel darstellte, weil ich in meinem privaten Leben wegen dieser gemischten Situation im Kleinen die selben Probleme erlebt habe, die es draußen in der Gesellschaft gab. Es ging also darum, eine Synthese zu finden, eine Übereinkunft, bei der es keine Gewinner und keine Verlierer gibt. Und dieser Versuch, ein solches Gleichgewicht zu finden, wurde dann auch zu meiner Arbeit, zuerst noch als Lehrer, später mit alpha beta.

Haben Sie ein konkretes Beispiel für diese Probleme?
Ganz banal: In welcher Sprache spricht man bei Tisch miteinander, ohne Statut und ohne allzu einengende Regeln. Aber eben doch so, dass nicht am Ende einer assimiliert wird. Denn oft reibt man sich vielleicht am Beginn aneinander, doch schließlich überwiegt am Ende aus Bequemlichkeit und Faulheit doch eine Kultur. Unsere Herausforderung war: Beide müssen überleben bzw. weiter bestehen können. Dafür war viel Diskussion und Streiten notwendig, also ich kann sagen, dass ich auch eine Konfliktkultur in diesem Prozess entwickelt habe.

Und so haben beide Kulturen überlebt?
Ja, ich bin mit dem Ergebnis wirklich sehr zufrieden. Ich bin kein Tiroler geworden, meine Frau keine Italienerin, keine Verräterin. Die Kinder sind weder Deutsche noch Italiener oder besser gesagt, sie sind beides, Deutsche und Italiener und noch mehr. Und so leben verschiedene Kulturen mit Leichtigkeit zusammen, ohne strenge Regeln.

Ohne Proporz, ohne Statut und Sprachgruppenzugehörigkeitserklärung...
In der Gesellschaft hat es solche Regeln gebraucht, aber wir haben als Familie versucht, ein lockereres Modell zu entwickeln. Da muss man auch kreativ sein, neue Wege finden, man muss auch viel bewusster Entscheidungen treffen, alles viel stärker hinterfragen. Ich komme aus einer Monokultur, in Salerno, wo ich aufgewachsen bin, ist schon vorab klar definiert, wie man redet, wie man heiratet, es gibt einen vorgegebenen Kanon, was wann zu tun ist.

Den gibt es in Tirol auch.
Klar, doch wenn dann beides nebeneinander steht, gibt es keine Automatismen mehr, oder besser jeder muss seine Automatismen hinterfragen. Diese Herausforderung war für mich sehr wichtig. Und ich glaube, dabei auch eine Kompetenz entwickelt zu haben, die dann draußen sehr wichtig war. Natürlich kann man Familie und Gesellschaft nicht 1:1 vergleichen. Doch für mich war vieles, das mir professionell begegnet ist, auch Teil meiner Existenz.

Mit der Sprachschule alpha beta haben Sie das Thema Sprache und Mehrsprachigkeit dann ja auch zur ihrem beruflichen Schwerpunkt gemacht.
Unser Ziel war aber nicht nur, die Mehrsprachigkeit und Sprachen zu fördern, sondern auch einen multikulturellen Raum und Arbeitsplatz zu schaffen. Also, eine Struktur zu entwickeln, in der KundInnen und MitarbeiterInnen nicht den Eindruck haben, in einer italienischen oder deutschen Organisation zu sein. Und das ist alpha beta für mich heute immer noch, hier ist niemand dem anderen überlegen, hier gelten Toleranz, Offenheit, Respekt und Neugier aufeinander.

 

Das kommt nicht von allein...
Nein, das muss gepflegt werden und gerade als Chef hat man dafür eine besondere Verantwortung. Also ich war mir beispielsweise bewusst, dass am Ende alles auf Italienisch gemacht wird, wenn ich mit meinen MitarbeiterInnen nur Italienisch rede. Wenn man dagegen bewusst immer wieder die Sprache wechselt, wird das irgendwann zur Normalität. Manche haben da auch Widerstände, dort muss man dann ein wenig forcieren. Also, es braucht schon Einsatz. Aber für mich war es essentiell, dass wir nicht nur auf dem Papier für Mehrsprachigkeit und Multikulturalität stehen, sondern sie auch leben.

Und wie Sie gemeinsam mit Lucio Giudicandrea  in „Stare insieme è un'arte“ geschrieben haben: Stare insieme tra persone di lingua e cultura diversa non è una condizione naturale, ma un’arte da apprendere.
Ja, das Zusammenleben musst Du lernen, das ist wie ein Handwerk. Man muss bereit sein zu probieren, zu üben. Provare, sbagliare, sbagliare meglio....Ich finde es aber auch immer noch bereichernd, in einer Gesellschaft zu leben, die nicht schon fixe Antworten bereit hat. Auch wenn die heutige Generation nicht mehr viel Bereitschaft zu haben scheint, diese Kunst zu erlernen. Da werden viel eher Antworten von oben, von der Landesregierung, erwartet. Oder noch schlimmer: Einige leben davon, ständig Konflikte zu schüren und zu zündeln.

Doch immerhin hat die Landesregierung jemanden wie Sie ausgewählt, als Vorschlag für das Tiroler Ehrenzeichen – neben dem Arbeiterpriester Josef Stricker und der ehemaligen Richterin Margit Fliri Sabbatini.
Das zeigt, dass sich mit dieser Landesregierung schon etwas verändert hat. Und für mich bedeutet diese Anerkennung: Man hat mich und mit mir einen  Teil dieser Gesellschaft wahrgenommen, man hat mich oder besser uns gesehen,  ernst genommen und anerkannt. Das heißt nicht, so werden zu wollen wie der andere, und auch nicht einander ändern zu wollen. Doch das ist die Basis, auch wenn sie zu wenig praktiziert wird und vieles zu sehr vereinfacht wird. Umberto Eco hat eine seiner Romanfiguren sagen lassen: Ogni problema complesso ha una risposta semplice. Ma questa è sbagliata.

Und was wird bei uns zu einfach beantwortet?
Ich meine damit, dass wir akzeptieren sollten, in einer komplexen Situation zu leben, in der es keine leichten Antworten gibt. Wir müssen die Komplexität respektieren, um dann auch imstande zu sein, komplexe Antworten zu formulieren. Doch leider leben wir in einer Zeit, in der Komplexität fast als etwas Negatives gesehen wird, in der alles leicht, prägnant und machbar sein muss, wie wir auch an den politischen Botschaften sehen.

Wie lautet also die Diagnose des Brückenbauers, wie weit ist Südtirol gekommen, bei der Umsetzung der Vision eines dritten Weges, bei dieser Kunst des Zusammenlebens?
Man darf nicht unterschätzen, wie viel passiert ist, seit ich vor fast fünf Jahrzehnten hierherkam. Damals gab es noch die sacchetti di sabbia, die Spuren der Bombenjahre. Heute haben wir auch dank unseres Autonomiestatutes ein geregeltes Zusammenleben, einen breiten Wohlstand, es gibt keine Gewalt. Wir haben es geschafft von einem Gegeneinander zu einem entspannten Nebeneinander zu kommen. Doch unsere große Hoffnung war, als nächster Schritt zu einem Miteinander zu kommen.

Doch das hat sich nicht erfüllt?
Nein, die Situation heute gleicht für mich eher einem Ohneeinander. Ich habe oft den Eindruck, dass wir so leben, als ob der andere nicht da wäre. Man kann hier als Deutschsprachiger auch ohne Italienisch und ohne Italiener sein Auskommen finden, und umgekehrt auch. Einerseits bin ich froh darüber, dass eine Minderheit diese Möglichkeit hat, dass die deutsche Sprache und Kultur tatsächlich gerettet wurden. Andererseits ist es für mich schade, weil die Chance des Kontaktes, der Bereicherung so wenig genutzt wird.

„Non ci siamo poi tanto simpatici“, haben Sie in einem salto-Artikel mit Lucio Giudiceandrea geschrieben.....Ist das auch ein Grund für die Stagnation in der Weiterentwicklung des Zusammenlebens?
Ja, uns trennen vielfach Welten, wenn wir an den typischen Italiener in Don Bosco und den typischen Südtiroler im Passeiertal denken. Man kann daran nicht nur der Politik die Schuld geben, das hängt auch von einzelnen Individuen ab. Wir brauchen sicher alle mehr Neugier und Mut. Doch wir bräuchten auch andere politische Signale, und ich spreche jetzt nicht nur von den politischen Kräften, die immer zündeln. Auch der Versuch, alle glücklich zu machen, alle Haltungen irgendwie zu akzeptieren, kann zu diesem Ohneeinander führen. Wir bräuchten jetzt einfach einen Paradigmenwechsel, den nächsten Schritt....

Doch dagegen gibt es gerade zuletzt auch starken Gegenwind. Auf deutscher Seite zum Beispiel mit den Schützen beim Konvent oder nun dem Doppelpass...
Umso mehr Mut bräuchte die Politik. Denn wenn sie sich von der Rechten vor sich hertreiben lässt, passiert uns eben eine Doppelpassdiskussion, die uns wieder 20 Jahre zurückwirft. Dabei wäre die Gesellschaft meiner Meinung nach schon bereit, einen Schritt weiter zu gehen. Doch klar, es ist schwierig, vor allem wenn ich mich in die Rolle des Landeshauptmannes hinein versetze. Politik heißt schließlich auch, gewählt zu werden.

"Heute kann kein deutschsprachiger Südtiroler mehr guten Gewissens sagen: Ich habe Angst, meine Sprache zu verlieren. Das ist einfach nicht mehr glaubwürdig."

Und wir stehen mitten in einem Wahljahr. Doch zumindest auf italienischer Seite gibt es wohl wesentlich mehr Interesse an der Mehrsprachigkeit, wie nun auch wieder die Kindergarteneinschreibungen gezeigt haben. 
Dieses Phänomen gibt es schon länger. Wir haben eine totale Asymmetrie, eine andere Geschwindigkeit zwischen den Sprachgruppen. Schon Langer hat diesbezüglich von einem Pendel gesprochen. Es gibt Momente, in denen eine Gruppe sehr stark ist und dominiert und dann schlägt das Pendel wieder auf die andere Seite aus. Zur Zeit sind die deutschsprachigen Südtiroler tranquilli, und die Italiener haben Ängste. Dazu muss man auch die neuen BürgerInnen berücksichtigen. 

Und deshalb schicken Italiener, wie auch immer mehr Familien mit Migrationshintergrund, ihre Kinder in den deutschen Kindergarten statt in Tommasinis dreisprachiges Angebot?
Das ist eben diese ansia da bilinguismo. Sie haben Angst, dass ihre Kinder keine Zukunft haben, wenn sie nicht die deutsche Schule besuchen. Doch eine solche Angst ist kein guter Berater bei Entscheidungen. Vor allem kann sie auch Druck erzeugen, und dann das Gegenteil von dem bewirken, was eigentlich angestrebt wird.

Was braucht es also?
Die Politik sollte vor allem  zur Kenntnis nehmen, dass es diese Nachfrage gibt. Und statt Fragebögen zu machen, tatsächlich die sprachliche Kompetenz in den Gruppen erheben. Nicht um sie zu bewerten, doch um ein Angebot bieten zu können, das eine Antwort auf die jeweilige Zusammensetzung der Gruppe bietet.

Unabhängig davon, ob es ein deutschsprachiger oder ein italienischer Kindergarten ist?
Der Kindergarten ist ein gutes Beispiel dafür, wie wir heute noch nach alten Mustern arbeiten, obwohl sich die Prämissen längst geändert haben. Der deutsche Kindergarten, die deutsche Schule wurden damals im Statut richtigerweise so konzipiert, um die Minderheitensprache zu retten. Und das hat auch gut funktioniert, doch nun brauchen wir einen Paradigmenwechsel.

Warum?
Weil die Welt eine andere geworden ist, und das alte System nicht mehr funktioniert. Aber auch, weil heute kein deutschsprachiger Südtiroler mehr guten Gewissens sagen kann: Ich habe Angst, meine Sprache zu verlieren. Das ist einfach nicht mehr glaubwürdig. Deshalb: Entweder wir lassen die Sache so weitergehen, mit Protesten, blöden Fragebögen und Sprachgruppenerhebungen, oder wir versuchen gemeinsam Antworten auf die neuen Herausforderungen zu finden. Und die gäbe es, da wäre vieles möglich, ohne das Autonomiestatut zu verletzen.

Zum Beispiel?
Zum Beispiel, dass man in Bozen einige mehrsprachige Kindergärten aufbaut, in denen keine Sprache dominant ist, in der Deutsch, Italienisch und auch andere Sprachen Platz haben. Das würde der Realität draußen entsprechen, man müsste dafür eben ein neues Modell entwickeln. Das bedeutet nicht, dass man auf die einsprachigen Kindergärten verzichtet. Das bedeutet nur, dass man den gesellschaftlichen Veränderungen Rechnung trägt und entsprechende  Antworten auf die veränderten Situationen gibt. Paradigmenwechsel heißt für mich aber auch, dass das Thema Mehrsprachigkeit nicht nach Sprachgruppen getrennt behandelt wird. Da bräuchte es eine gemeinsame Steuerungszentrale, die für die Mehrsprachigkeit zuständig ist – klarerweise unter Berücksichtig der unterschiedlichen Interessen und Sensibilitäten der einzelnen Sprachgruppen. Dies um so mehr, wenn man die Sprachpolitik für die neuen Bürger gestaltet.

Die letzten politischen Entscheidungen gingen aber eher in die andere Richtung.
Es werden eben keine zeitgemäßen und mutigen Antworten auf diese tormentoni gegeben, wie ich sie nenne. Diese Themen, die sich zyklisch wiederholen. Denkmäler, Ortsnamensschilder, die Ergebnisse der Zweisprachigkeitsprüfung.....Jedes Mal eine große Aufregung, viel Polemik und am Ende bleibt alles gleich. Außer das Klima, das sich durch jeden dieser Ausbrüche noch einmal verhärtet und somit die Hoffnung auf ein anderes Südtirol, auf eine Weiterentwicklung der Gesellschaft schmälert.

Auch wenn der Schritt dafür reif wäre?
Er wäre überreif, denn die Herausforderungen sind groß. Dabei ist die Geschichte Deutsch-Italienisch nicht einmal mehr so zentral. Ich brauche mir nur das Publikum hier bei alpha beta anzuschauen -  sono cambiati i colori, wenn Sie verstehen, was ich meine.

Wir müssen nun neben den bestehenden Sprachgruppen auch Kulturen aus aller Welt mitberücksichtigen.
Und mein Wunsch wäre, dass wir Südtiroler, altoatesini, sudtirolesi – wie auch immer wir uns nennen – eine solide Kompetenz entwickeln, die uns die Möglichkeit gibt, mit der Verschiedenheit, der différence gut umgehen zu können. Weil wir in der Tat seit Jahrzehnten mit der Problematik einer multikulturellen Gesellschaft leben. Wir sollten und könnten diese Herausforderungen bewusster und kompetenter meistern.

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alfred frei So., 04.02.2018 - 11:28

Man könnte im Landhaus ein Online-Album anlegen, in dem sich alle Sudtiroler deutscher und italienischer Muttersprache eintragen können, die für Mehrsprachigkeit und Multikulturalität stehen und damit die “Notwendigkeit” eines Doppelpasses im Auftrag Alexander Langers überbrücken. Die Schneid dazu würden wahrscheinlich viele haben, mehr als den meisten recht wäre, oder nicht ?

So., 04.02.2018 - 11:28 Permalink
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Aldo Mazza So., 04.02.2018 - 18:10

Mi permetto di intervenire in questa discussione che si è alla fine concentrata sul problema del Doppelpass, da me citato come uno degli esempi di quelle tematiche che possono creare un clima negativo per la qualità della convivenza nella nostra terra.
Vorrei chiarire che, anche per motivi di spazio, nell’intervista, non sono minimamente entrato nel merito della questione, e personalmente non credo che sia vietato parlare di Doppelpass o che chi ne parli sia per forza di “destra” o nazionalista. Il problema è “come” se ne parla e qual è il meccanismo che questa discussione può generare. È questo meccanismo che ci porta indietro o avanti. Per farmi capire meglio riporto un piccolo esempio che conferma alcune delle mie convinzioni.
La sera del 31 gennaio scorso all’Ost-West Club di Merano ho assistito ad una discussione moderata da Gabriele Di Luca che ha trattato ampiamente il tema del Doppelpass con Sven Knoll e Luca Fazzi. È stata per me una serata molto interessante. I due relatori, scelti probabilmente perché esponenti autorevoli delle 2 “etnie”, hanno avuto modo di confrontarsi adducendo ognuno le proprie ragioni e ascoltando quelle degli altri. Il tema è stato realmente approfondito, non ci sono stati scontri polemici, si è potuto vedere come le posizioni non fossero poi così contrapposte e che una cultura del confronto è possibile anche su temi caldi come questo. Un confronto che così condotto può portare ad affrontare qualsiasi tema disinnescando però il suo potenziale negativo.
Tornando a casa con queste impressioni mi sono chiesto come mai il clima di confronto di questa discussione sia possibile solo in luoghi come quello dello storico centro giovanile che offrono un territorio neutrale per parlare di queste cose, mentre il dibattito pubblico provoca il “tormentone” e avviene quasi sempre in assenza dell’altro e delle sue ragioni e sensibilità. Ognuno lo affronta in maniera “unilaterale”, prescindendo dagli altri e alla fine ci si incarta. Ecco, il metodo proposto dall’Ost-West è quello che auspico anche a livello istituzionale e mediatico. Sono un ingenuo?

So., 04.02.2018 - 18:10 Permalink
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Sigmund Kripp So., 04.02.2018 - 18:45

Danke Aldo Mazza. Ich denke auch, die Diskussion um den österreichischen Pass wird missbraucht. Von beiden Seiten im selben Ausmaß. Denn zum Schluss bleibt die Entscheidung, eine eventuelle, von Österreich gewährte Möglichkeit dazu wahrzunehemen, eine sehr persönliche Entscheidung. Und sie hat KEINERLEI Auswirkung auf diejenigen, die sie nicht in Anspruch nehmen!

So., 04.02.2018 - 18:45 Permalink
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Manfred Klotz Mo., 05.02.2018 - 08:33

Antwort auf von Sigmund Kripp

Herr Kripp, ich schicke voraus, dass ich nichts gegen die Möglichkeit den österreichischen Pass zu beantragen habe, damit keine Missverständnisse aufkommen. Die Auswirkungen einer Trennung der Bevölkerung in "Berechtigt" und "Nicht berechtigt" sind sozialer Natur. Wenn mir eine Möglichkeit gegeben wird, etwas in Anspruch zu nehmen und ich verzichte darauf, dann ist es meine Entscheidung, wenn ich etwas nicht in Anspruch nehmen darf, obwohl ich mich im Grunde nicht von anderen unterscheide, dann ist es eine Ungerechtigkeit (wenigstens würden ziemlich einige es so empfinden). Das sind aber alles Spitzfindigkeiten, das ist mir schon klar.

Mo., 05.02.2018 - 08:33 Permalink
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Waltraud Astner Di., 06.02.2018 - 14:00

Antwort auf von Manfred Klotz

@Manfred Klotz
Meine Nachbarin hat um die schweizerische Staatsbürgerschaft angesucht weil ihre Großmutter Schweizer Staatsbürgerin war und sie hat sie auch erhalten. Für mich ist das nicht möglich weil ich keine Vorfahren die aus der Schweiz stammen, vorweisen kann. Ich falle also in die Kategorie "nicht berechtigt". Ich unterscheide mich eben von meiner Nachbarin insofern, als sie Schweizer Vorfahren hat und ich nicht. Soll ich mich deswegen aufregen? Nein, zumal der Schweizer Pass keine nennenswerten Auswirkungen auf mein und ihr Leben hat. Es fiele mir auch nicht ein mich ungerecht behandelt zu fühlen, weil das eben die Kriterien sind.
Anderes Beispiel : Mein anderer Nachbar ist Bauer und er muss keine Gebäudesteuer für sein Wirtschaftsgebäude bezahlen. Ich als Kleinunternehmen muss das sehr wohl. Da ich nicht in die Kategorie "Bauer" falle, gehöre ich zu den "nicht Berechtigten" . Das sind eben die Kriterien.
Summa summarum: Die Kriterien definieren inwiefern ich mich von anderen unterscheide. Im Fall Doppelpass sind sie noch festzulegen. Sollten es die Vorfahren sein, die die österreichische Staatsbürgerschaft besessen und denen sie dann genommen wurde ( Italien macht es jedenfalls so), dann sind eben das die Kriterien, die mich von anderen unterscheiden.
Eine Gesellschaft ohne differenzierende Merkmale, gibt es vielleicht in der kommunistischen Utopia.

Di., 06.02.2018 - 14:00 Permalink
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Sepp.Bacher Mi., 07.02.2018 - 17:06

Antwort auf von Waltraud Astner

Ich vermute, dass Ihre Großmutter oder Ihr Großvater auch keine österreichischen Staatsbürger mehr waren. Frage, wissen Sie bis zu welchem Verwandschaftsgrad man die Staatsbürgerschaft in der Schweiz ohne Weiteres erhält?

Mi., 07.02.2018 - 17:06 Permalink
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Waltraud Astner Mi., 07.02.2018 - 17:19

Antwort auf von Sepp.Bacher

Leider weiß ich nicht wie die Vergabe der Staatsbürgerschaft in der Schweiz geregelt ist. Jedenfalls war die Großmutter meiner Nachbarin Schweizerin, die nach Südtirol geheiratet hat. Deren Staatsbürgerschaft ist auf ihre Kinder übergegangen. Ihre Enkelin musste eigens darum ansuchen.
Was meine Verwandtschaft betrifft, so ist mein Vater sogar noch in der k.uk. Monarchie (1914) geboren und war deshalb mit Sicherheit ab 1919 Bürger neu geschaffenen der Republik Österreich.

Mi., 07.02.2018 - 17:19 Permalink
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Manfred Klotz Do., 08.02.2018 - 16:38

Antwort auf von Waltraud Astner

Frau Astner, Ihr Beispiel tut nichts zur Sache, denn Südtirol war nie ein Teil Österreichs. Die politische Brisanz ist im Fall DP für Südtiroler eine ganz andere und hängt hauptsächlich damit zusammen, dass Parteien mit unverholen sezessionistischen Bestrebungen sich hier als Protagonisten aufspielen. Ich glaube Sie verstehen den Unterschied schon auch. Auch aus Österreich ist ja schon das Signal gekommen, dass diese Bewegungen der Angelegenheit einen Bärendienst erweisen. Still sein und gedeihen lassen wäre wesentlich besser.
Im Übrigen war mein Kommentar ja eine Antwort auf Herrn Brugger, der behauptet hat, der DP würde nicht kategorisieren. Sie geben ja auch zu, dass das sehr wohl der Fall wäre.

Do., 08.02.2018 - 16:38 Permalink
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Waltraud Astner Fr., 09.02.2018 - 08:44

Antwort auf von Manfred Klotz

Ich glaube nicht, dass es stimmt, dass Südtirol nie Teil der Republik Österreich war. Hier einige Eckdaten: Die Republik Österreich wurde am 12. November 1918 gegründet. Am 21. November 1919 unterschrieb Österreich widerwillig den Friedensvertrag von San Germain und damit den unfreiwilligen Verzicht auf Südtirol. Südtirol wurde am 10. Oktober 1920 von Italien annektiert. Also zwischen der Gründung der Republik Österreich und der Annexion durch Italien vergehen zwei Jahre, zwischen der Gründung der Republik Österreich und der Unterzeichnung des Friedensvertrages von San Germain immerhin ein Jahr wo Südtirol meiner Meinung nach Teil der Republik Österreich war. Das können Geschichtsbewanderte besser beurteilen, aber dass Südtirol für kurze Zeit Teil der Republik Österreich war scheint mir unbestritten.
Ob bestimmte Parteien sich in der Sache Doppelpass als Protagonisten aufspielen oder nicht und ob das der Sache dient oder nicht, ist Ansichtssache, das war jedenfalls nicht das Thema meines Posts.
Es ging , wie sie richtig sagen darum ob der Doppelpass kategorisiert oder nicht, wenn ihn "Berechtigte" erhalten und "Nicht-Berechtigte" nicht. Natürlich kategorisiert der Doppelpass, aber das ist nichts Außergewöhnliches, weil es auch in anderen Situationen "Berechtigte" und "Nicht-Berechtigte" gibt, wo man eher eine Ungerechtigkeit vermuten könnte. Das wollte ich mit meinen Beispielen aufzeigen. Da in diesem Fall die Auswirkungen auf das reale Leben gleich null sind, wie die vielen Doppelpassbesitzer zeigen, ist die Kategorisierung wohl zu akzeptieren.

Fr., 09.02.2018 - 08:44 Permalink