Wirtschaft | Gastbeitrag

Bonus als Lockmittel

Die sporadische Geldverteilung durch politische Werbegeschenke wird auch in Südtirol immer beliebter. Es gibt aber kaum jemanden, der dabei genauer hinschaut.
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Foto: upi
Der „Bonus“ hat sich in Italien eingenistet wie ein Kuckuck. Erfunden haben ihn Politiker, die sich mit einem Werbegeschenk aus der Verantwortung stehlen wollten. Standen berechtigte Lohnforderungen an der Tagesordnung, hat man sie mit einem „Bonus“ abgewiegelt. War das Trinkwasser zu teuer, gab es einen „Wasserbonus“. Hatte der Buchhandel zu wenig Absatz, gab es einen „Bücherbonus“. Die Reihe ließe sich fortsetzten. Kenner sagen, dass es inzwischen über 80 Stück davon gibt. Es weiß kaum noch jemand, wie viele Bonusse es gibt und wer einen Anspruch darauf hat. Ist den meisten auch egal. Sie leben ohne Bonus genauso gut.
Diese sporadische Geldverteilung wird von der öffentlichen Meinung locker hingenommen. Es gibt kaum jemanden, der genauer hinschaut. Ist ja gut, wenn arme Leute ein paar Euro bekommen. Man sollte aber trotzdem schauen, was dahintersteckt, weil diese Verteilungspraxis immer skurrilere Ausmaße annimmt. Auch in Südtirol. Die Landesregierung und auch der Landtag lassen sich ziemlich leichtfertig auf diesen sozialpolitischen Unsinn ein.
 
 
 
Die Landesregierung hat einen „Entlastungsbonus“ eingeführt, um die Explosion der Strompreise zu dämpfen. Familien mit Kindern hat man damit eine kleine Freude gemacht. Sie bekamen vom Land 600 Euro ohne einen Finger rühren zu müssen. Wer sagt da schon nein? Gravierende wirtschaftliche Probleme wurden auf diese Weise aber keine gelöst. Gleichzeitig hat man einige hundert alte Leute leer ausgehen lassen, weil sie nicht die vorgeschriebene Stromrechnung vorlegen können. Pikant ist dabei, dass die Stromrechnung von einem privaten Anbieter ausgestellt sein muss. Die Rechnung einer Gemeinde oder Stiftung gilt nicht. Vielleicht müssen die Beglückten beim nächsten „Bonus“ einen Kassenbon von EUROSPAR vorlegen, damit aus dem „Bonus“ nicht schnell ein „Malus“ wird. Die Senioren haben keine Freude damit und glauben, dass sie diese Unfreundlichkeit der Landesrätin Waltraud Deeg zu verdanken haben.
Im Landtag gibt es anscheinend einen Abgeordneten, der allen Ernstes einen Familienbonus vorschlägt.
Im Landtag gibt es anscheinend einen Abgeordneten, der allen Ernstes einen Familienbonus vorschlägt. So an die 5000 Euro schwer soll er sein, damit die Maßnahme auch nach etwas ausschaut. Man könnte glatt meinen: In Kriegszeiten braucht der Staat Soldaten! Der Vorschlag ist nicht nur skurril, sondern auch unmoralisch.
Wie können junge Eltern ein Kind wollen, weil 5000 Euro winken? Auch wenn sie auf diesen monetären Anreiz hereinfallen sollten, würden sie bald merken, dass ein Kind großziehen rein wirtschaftlich mehr kostet als 5000 Euro. Seit junge Leute die Möglichkeit haben, sich bewusst und wohlüberlegt für eine Elternschaft zu entscheiden, sind solche „Anreize“ eine Zumutung, die in einem politischen Gremium erst gar nicht zur Sprache kommen sollte. Familienpolitik ist etwas anderes.
 
Was übrig bleibt, ist ein Werbegeschenk.
Wenn man den „Bonus“ sozialpolitisch unter die Lupe nimmt, wird daraus ein kleines, nutzloses und trotzdem teures politisches Werbegeschenk. Der Bonus ist für den Empfänger immer klein und verbessert seine wirtschaftliche Lage kaum. Jeder kann darauf leichter verzichten als ein Obdachloser auf eine warme Decke. Der Bonus ist seiner sozialen Wirkung nach fast immer nutzlos. Er verschafft niemandem eine bessere soziale Ausgangposition und ist auch nicht geeignet, den bestehenden sozialen Stand zu halten. Ein Lohnempfänger wird trotz Bonus jeden Tag ärmer, weil die Preise steigen und sein Lohn zu lange unverändert bleibt. Die Bonuszahlungen kosten insgesamt aber trotzdem viel Geld, verschleudertes Geld.
Was übrig bleibt, ist ein Werbegeschenk. Der „Bonus“ war schnell in aller Munde, wurde von vielen begehrt und in die Tasche geschoben, auch wenn er nur für ein paar Flaschen Bier reichte. Nach einiger Zeit haben aber trotzdem viele den Spaß am Bonus verloren, weil seine Erfinder anscheinend gemerkt haben, dass die Sache ins Geld geht. So hat man die Zugänge zum Bonus immer umständlicher und frustrierender gemacht. Auf diese Weise wurden zahlreiche Bonus-Kandidaten abgewimmelt und es ist eine Menge Geld in den Kassen des Staates geblieben, von dem regierende Politiker profitieren wollten, weil sie den Bürgern sagen konnten, dass sie diese Gelder für einen guten sozialen Zweck ausgeben wollten, oder bereits ausgegeben haben. Viele Wähler haben sich darauf aber einen ganz anderen Reim gemacht und mehrheitlich jene Politiker gewählt, die ohne Bonus-Propaganda aufgetreten sind.
Man kann unseren Landespolitikern in diesem Wahljahr nur empfehlen, dem Bonus-Fieber mit einer wirksamen Gesichtsmaske zu begegnen.
Man kann unseren Landespolitikern in diesem Wahljahr nur empfehlen, dem Bonus-Fieber mit einer wirksamen Gesichtsmaske zu begegnen. Was die Wähler gerade brauchen, ist keine Bonus Verteilung, sondern eine Wirtschafts- und Sozialpolitik, die beiträgt, ein ausreichendes Einkommen sicher zu stellen. Dann braucht niemand um einen „Bonus“ anzusuchen und vor einem Patronat Schlange zu stehen.
 
Josef Perkmann ist Gewerkschafter und Jurist in Pension. Er war viele Jahre als Führungskraft des AGB/CGIL tätig und ist Verfasser und Übersetzer zahlreicher gewerkschafts- und sozialpolitischer Publikationen.
 
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G. P. Fr., 03.02.2023 - 21:27

Sehr guter, sehr treffender Beitrag. Es ist der reinste Wahnsinn. An allen Ecken und Enden gibt es Boni, die im Endeffekt mehr kosten als dass sie dem Empfänger wirklich etwas bringen.

Fr., 03.02.2023 - 21:27 Permalink
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Josef Fulterer Sa., 04.02.2023 - 06:12

Antwort auf von G. P.

Statt vor Allem "J E N E N die bei der Arbeit nie S C H W I T Z EN oder dreckige Hände bekommen," etwas genauer auf ihre klebrigen Finger zu sehen und ihr SCHMAROTZENDES TREIBEN ein zu bremsen, haben die auf die nächsten Wahlen schielenden unterbelichteten "an den Marionetten-Fäden hängenden Politiker, den schrägen P F U S C H mit den Bonussen erfunden."

Sa., 04.02.2023 - 06:12 Permalink
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Karel Hyperion Sa., 04.02.2023 - 10:57

Was macht der "Arme" mit dem Bonus? Er gibt ihn aus. Also wenn der "Arme" nicht genug zum leben verdient, weil er in einem Billiglohnland lebt und so zumindest der Arbeitgeber geringere Kosten hat, profitiert vom Bonus am Ende derjenige, der dem "Armen" was verkauft (heute das neueste Handy, morgen das Schnitzel). Also zwei, nein, sogar drei, Fliegen mit einer Klappe: der Arbeitgeber kriegt ein wenig Ruhe, der "Arme" kriegt sein Almosen und der Verkäufer einen neuen Kunden. Vielleicht sind's sogar vier: der Wohltäter kriegt auch noch das Wohlwollen der Empfänger. Wenn dann allerdings der "Arme" sein Geld auf Amazon ausgibt, weil er dort dasselbe Produkt zum kleineren Preis kriegt und auch noch nach Hause geliefert (was in Anbetracht der tollen Verkehrsplanung in Südtirol auch hilfreich sein kann), ist der Katzenjammer groß. Und was fällt dem denn eigentlich ein, sein Geld dort auszugeben, wo es ihm passt? Also dann vielleicht doch besser einen Gutschein, statt eines Bonus? Dann sind auch die Leute zufrieden, die im Land noch Parallelwährungen einführen wollen, damit das Geld der anderen auch was wert ist... Aber in welchem Geschäft soll dann der große Wohltäter die Gutscheine kaufen? Da wird sich sicher was finden... Zum Aufbau des Systems könnte man dann sicher auch Beiträge gewähren.

Sa., 04.02.2023 - 10:57 Permalink
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MAYR Karl Sa., 04.02.2023 - 15:03

Kompliment für die analytische Darstellung der sozialpolitischen Auswirkung der Bonuszahlungen. Bonuszahlungen in der praktizierten Form sind letztlich nur eine versteckte "Subventionitis" von Seiten der öffentlichen Hand an die Unternehmen wodurch diese durch Vermeidung von Lohnkosten und Sozialabgaben die Gewinne steigern, den Arbeitnehmern der marktgerechte Lohn vorenthalten wird, den Rentnern ihre Vorleistung für die Altersvorsorge enteignet wird und beide Kategorien somit mit den Preissteigerungen jeglicher Art kontinuierlich ärmer werden.

Sa., 04.02.2023 - 15:03 Permalink
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G. P. Sa., 04.02.2023 - 16:38

Alternative: MwSt. um 2 oder 3 Prozentpunkte senken. Erspart jeglichen Bürokratieaufwand von Seiten des Staates und des Landes, erfordert keinen Aufwand für die Empfänger (ISEE, Formulare, Ansuchen, Laufereien, Termine). Und von 100 Euro kommen auch 100 Euro an beim Empfänger.

Sa., 04.02.2023 - 16:38 Permalink