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Foto: zucco.inc
Gesellschaft | Pollo der Woche

Waltraud im Sonntagsblatt

Landesrätin Waltraud Deeg veröffentlicht ein bezahltes Interview im Katholischen Sonntagsblatt. Es ist der Beweis, dass die Pusterer Politikerin nichts zu sagen hat.
Es sind epochale Botschaften. „Familien sind wichtige Partner der lokalen Wirtschaft“, sagt Waltraud Deeg. Und weiter: „Familien erhalten mit dem neuen EuregioFamilyPass in ganz Südtirol Preisnachlässe und Vergünstigungen“.
Diese Sätze sind teuer. Das ganzseitige Interview mit der SVP-Politikerin kostet den Steuerzahler zwischen 1.000 und 1.500 Euro. Es ist der Preis, den die Athesia für eine Seite „PR-Info“ in ihren kleineren Medien verlangt. Das Interview der Familienlandesrätin ist am vergangenen Sonntag im Katholischen Sonntagsblatt erschienen.
Vor allem aber ist es ein weiteres Versatzstück, das deutlich macht, wie schamlos Politiker und Politikerinnen noch immer mit öffentlichem Geld umgehen. Vor allem dann, wenn Wahlen vor der Tür stehen.
Es ist ein weiteres Versatzstück, das deutlich macht, wie schamlos Politiker und Politikerinnen noch immer mit öffentlichem Geld umgehen.
Mit 1. Juni tritt die neue Vorteilskarte EuregioFamilyPass in Kraft. DieVorteilskarte für Südtiroler Familien mit minderjährigen Kindern ermöglicht Ermäßigungen für Familien in Geschäften und Einrichtungen in Südtirol und berechtigt gleichzeitig auch  zum Familientarif für den öffentlichen Nahverkehr. Ziel ist es zudem, diese Vergünstigungen - wie der Name bereits sagt - demnächst auch auf Geschäfte und Einrichtungen in der Europaregion Tirol-Südtirol-Trentino auszuweiten. Es gibt inzwischen in Südtirol rund 120 sogenannte „Vorteilsgeber“, die ihre Waren und Dienstleistungen bei Vorlage des EuregioFamilyPass mit Preisnachlässen anbieten.
Doch jede gute Idee muss auch verkauft werden. Es reicht anscheinend nicht, dass das Landespresseamt, in dem insgesamt rund ein Dutzend Journalistinnen und Journalisten tätig sind, über die Medien die frohe Botschaft verkündet. Es braucht Werbung.
Deshalb hat die Familienagentur, die das Projekt umsetzt, gut 70.000 Euro bereitgestellt, um den neuen Pass zu promoten. Es wurden nicht nur Broschüren, Serienbriefe, Plakate und Aufkleber gedruckt, sondern man investiert auch ordentlich in die Werbung im Radio und in den Printmedien.
Auch hier wiederholt sich das übliche Spiel: Die Athesia kassiert ab, den anderen bleiben die Brotkrümel. Alibiwerbung oder Südtiroler political correctness nennt man das wohl.
3.200 Euro an Inseraten für den „Corriere dell´ Alto Adige“. 2.200 Euro für die Tageszeitung, 1.300 für die Wochenzeitung FF. Über 31.000 Euro für die Athesia-Gruppe. 4.800 Euro für Werbeschaltungen im Alto Adige, und 26.392 direkt für „Werbeschaltung Athesia - verschiedene Medien“.
Im Radio ist es ähnlich: 5.663,14 Euro für die Athesia-nahe RMI, 1.440 für den Pusterer Sender „Die Antenne“.
 
Zu den Werbeschaltungen in verschiedenen Athesia-Medien gehört auch das Interview mit Waltraud Deeg. Die Familienlandesrätin posiert mit der neuen digitalen Karte. Man versteht nicht, ob es Werbung für die Karte oder die Pusterer SVP-Politikerin ist. Genau das ist denn auch der Sinn der Aktion.
 
Dabei ist Waltraud Deeg keine Ausnahme. Andere Mitglieder der Landesregierung machen es genauso. Etwa Arnold Schuler. Der Landerat für Landwirtschaft hat dabei einen kleinen Umweg für seine Politwerbeshow gewählt.
Wochenlang erschienen im WIKU - der Wirtschaftsbeilage der Dolomiten - Artikel, in denen große Fotos von Arnold Schuler zu sehen waren und in denen der Landesrat auch ausführlich zitiert wurde. Schaute man genauer hin, so fand man eine Kennzeichnung: „Diese Seite wird vom Versuchszentrum Laimburg gestaltet“.
Konkret: Die Laimburg zahlt für diese Seiten. Ursprünglich sollten es 10 Doppelseiten im WIKU zum Preis von rund 30.000 Euro inklusive Mehrwertsteuer sein. Weil sich im Schuler-Ressort aber Widerstand gegen die unorthodoxe PR-Aktion formierte, winkt man am Ende einen Kompromiss durch: 5 Seiten zum Preis von jeweils 2.100 Euro.
So erschien etwa die Meldung zur neuen Tierarzt-Regelung, garniert mit einem schönen Foto von Arnold Schuler samt Kuh. Schuler hat diese Seite am Ende aus der eigene Tasche bezahlt.
Dabei ist Waltraud Deeg keine Ausnahme. Andere Mitglieder der Landesregierung machen es genauso.
Weil wir in 15 Monaten Landtagswahlen haben, werden diese bezahlten und versteckten Werbeschaltungen der Südtiroler Politiker in den nächsten Monaten noch einmal deutlich zunehmen. Wobei in den "Dolomiten" bezahlte Artikel besser versteckt werden als im Sonntagsblatt.
Ob Arnold Schuler oder Waltraud Deeg, die Machart ist immer dieselbe. Politiker zahlen viel Geld, um institutionelle Botschaften unter die Leute zu bringen. Garniert mit einem Foto, das als Werbung für ihre politische Arbeit dienen soll.
Dabei gibt es zig Kanäle, über die die Landesregierung täglich ihre Nachrichten verbreitet. Vieles wird von den Medien im normalen redaktionellen Teil veröffentlicht, weil die Nachrichten öffentlichen Wert haben. Die Mitarbeiter des Landespresseamtes geben dabei ihr Bestes, um selbst aus dem langweiligsten Thema einen ansprechenden Beitrag zu gestalten.
Vor diesem Hintergrund ist die bezahlte Veröffentlichung von Interviews ein Offenbarungseid. Journalisten und Zeitungen leben von Politikern und ihren Sagern. Wir schreiben im Zweifelsfall eher zu viel als zu wenig.
Dass sich Waltraud Deeg eine Seite Interview im Sonntagsblatt kaufen muss, macht deutlich, dass die SVP-Politikerin wirklich nichts zu sagen hat.
Das sollte zu allererst ihr selbst, dann aber auch ihrer Partei und ihrem Regierungschef zu denken geben.
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Sepp.Bacher So., 04.06.2017 - 10:21

Zu der teuren Werbung, die - wie hier beschrieben - jetzt schon geschaltet wird, kommen in Zukunft noch die Kommunikations-, Werbe- und Propaganda-Produkte des Herrn Pappalardo hinzu, die auch noch mehrere Tausender kosten werden; abgesehen davon, dass er selbst dem Steuerzahler schon sehr viel kostet!!

So., 04.06.2017 - 10:21 Permalink