Politik | Freiheitliche

„Damit muss man zurechtkommen“

Roland Tinkhauser über seine Ausbootung, den Vorwurf er sei ein Spion der SVP und die Frage, ob die Freiheitlichen zur Burschenschafter-Partei werden.
Salto.bz: Herr Tinkhauser, Sie haben am Montagabend per SMS erfahren, dass die Parteiführung der Freiheitlichen sich gegen Ihre Wiederkandidatur ausgesprochen hat. Nicht gerade die feine englische Art?
 
Roland Tinkhauser: Florian von Ach hat mich versucht zuerst anzurufen. Ich hatte das Handy aber auf lautlos und habe deshalb erst später das SMS gesehen. Der feine englische Stil? Mei. Die optimale Methode gibt es hier einfach nicht.
 
Nach zehn Jahren im Landtag darf man sich von der Parteiführung doch etwas anderes erwarten?
 
Es waren für mich nicht nur die zehn Jahre im Landtag, sondern auch die zwei Jahre im Gemeinderat in Pfalzen. Was aber vor allem für mich wichtig war: Ich habe den Bezirk Pustertal fast von Null aufgebaut. Wir haben damals die Partei mit anderen Leuten aufgezogen. Wenn ich mich an die ersten Versammlungen im Pustertal erinnere. Vor 12 Jahren, als ich den Bezirk Pustertal übernommen habe, haben sich die Freiheitlichen noch im Corso-Keller in Bruneck getroffen. Man hat sich fast versteckt. Danach hatten wir Bezirkstreffen mit 120 Leuten und über 20 Listen in den Gemeinden. Leider ist danach alles durch die Akteure des Rentenskandals kaputt gemacht worden.
 
Nach Informationen von salto.bz haben Andreas Leiter-Reber, Ulli Mair und Florian von Ach im Parteipräsidium gegen Ihre Kandidatur gestimmt. Ist die Verstimmung so groß?
 
Das müssen Sie die Drei fragen. Ich kann nur sagen: Wenn ich abgestimmt hätte, hätte ich alle drei auf die Liste getan. (lacht). Aber vielleicht hat bei der ganzen Konstellation einfach die Chemie  zwischen uns nicht mehr gestimmt. Ich kann es mir nur so erklären.
Leider ist danach alles durch die Akteure des Rentenskandals kaputt gemacht worden.
Der offizielle Grund für die Ausbootung ist Ihre Haltung beim Flughafenreferendum. Sie waren im Promotorenkomitee für das Ja. Während die Partei für das Nein mobil gemacht hat.
 
So wird es offiziell jetzt dargestellt. In Wirklichkeit aber ist dieser Grund etwas weit hergeholt. Damals war Walter Blaas noch Obmann und ich hatte damals einige Kämpfe mit ihm auszutragen. Vor allem aber war es im Vorstand ausgemacht, dass ich die Dinge so sagen kann. Zudem bin ich auch heute noch überzeugt, dass es insgesamt für die freiheitliche Partei eine intelligente Lösung war. Man konnte sagen: Wir haben auch eine Gruppe in der Partei, die für den Flughafen und für die Wirtschaft ist. Es ging mir damals nicht nur um den Flughafen, sondern mehr um die Positionierung der Freiheitlichen für die Wirtschaft. Das habe ich damals dann mit Christian Tschurtschenthaler auch so durchgezogen.
Es ging mir damals nicht nur um den Flughafen, sondern mehr um die Positionierung der Freiheitlichen für die Wirtschaft.
Man wirft Ihnen aber auch vor, ein Spion der Volkspartei bei den Freiheitlichen zu sein?
 

Ein Spion der Volkspartei? Das höre ich jetzt von Ihnen zum ersten Mal. Ich glaube, wir sind keine geschlossene Gesellschaft, wo es etwas groß zu spionieren gibt.
 
Entwickeln sich die Südtiroler Freiheitlichen zu einer Burschenschafter-Partei, in der für Wirtschaftsliberale kein Platz mehr ist?
 
Das werden ein bisschen die Wahlen entscheiden. Ich muss mir die gesamte Kandidatenliste erst genauer anschauen. Wirtschaftsvertreter gibt es auf der Liste aber schon. Etwa Hansjörg Ainhauser, den ich sehr, sehr schätze und der jetzt zum dritten Mal versucht, in den Landtag zu kommen. Er ist ein Vertreter des Tourismus und ich glaube, mit ihm hätte ich mich wirklich ganz gut verstanden....
 
Der Rest aber?
 
Ich muss sagen, ich kenne viele Kandidaten nicht, die auf der Landtagsliste stehen. Ich kenne auch einige Kandidaten nicht, die im Pustertal aufgestellt wurden. Man müsste das genau analysieren in welche Richtung es personell geht. Sicher: Es gibt viele Schützen in der Partei. Aber ob das jetzt wirklich Überhand nimmt, wird sich erst zeigen.
 
Ist die politische Karriere von Roland Tinkhauser damit zu Ende?
 
Mah, das wird man sehen. Ich habe heute sehr, sehr viele Rückmeldungen bekommen. Ich habe so viele Anrufe und SMS bekommen, das war beeindruckend. Jetzt muss man schauen, wie alles weitergeht.
Ein Spion der Volkspartei? Das höre ich jetzt von Ihnen zum ersten Mal.
Das heißt, Sie könnten im Oktober auf einer anderen Liste für den Landtag antreten?
 
Derzeit würde ich das nicht sagen. Aber nach einer gewissen Pause, ist alles wieder offen. Vielleicht mache ich wieder mal was.
 
Sind Sie menschlich enttäuscht von ihren Mitstreitern?
 
Politik ist eben so. Natürlich gibt es nicht nur politische Enttäuschungen, sondern auch persönliche. Damit muss man in der Politik zurechtkommen. Was ich aber jedem sagen möchte, der in die Politik geht: Nach 5 Jahren oder auch nach 10 Jahren kann das Ganze schnell wieder vorbei sein, deshalb soll man sich nicht ausschließlich auf die Politik verlassen, sondern auch andere Dinge im Leben im Auge behalten. Das habe ich immer getan.
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Martin B. Di., 03.07.2018 - 23:06

Was hier auffällt: die etwas zu offensichtlichen Sticheleien des Interviewenden, die enttäuschende Orientierung an der Wirtschaftslobby bei Entscheidungen die zuerst einen großen Teil der Südtiroler Bevölkerung betreffen (Flughafen) und eine ansonsten recht gesunde und distanzierte Einstellung zu den "Parteikameraden".

Di., 03.07.2018 - 23:06 Permalink