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Wenn es blitzt und kracht

Keine längere Hitzewelle, dafür Blitz und Donner – das war der Juli 2016. Ein Interview mit Meteorologe Dieter Peterlin.

Hitzewellen mit Temperaturen über 30 Grad, kurz darauf heftige Regenschauer mit Blitz und Donner, so die Bilanz des vergangenen Monats. Trotz einer kühlen Woche zur Monatsmitte mitsamt Schneefall bis unter 2000 Meter Meereshöhe war der gesamte Juli leicht überdurchschnittlich warm. Aber: der Juli 2016 war auch der blitzreichste Monat seit fünf Jahren, wie der Landeswetterdienst kürzlich bekannt gab. Insgesamt konnten rund 30.800 Blitzeinschläge in diesem Monat vermerkt werden. Aktuellstes Beispiel: der vergangene Samstag am 30. Juli. Ganze 7.500 Blitzeinschläge konnten in der Nacht auf Sonntag verzeichnet werden, über 200 Mal mussten Feuerwehrleute aus dem ganzen Land ausrücken. Der Samstag war, laut des Landeswetterdienstes, somit der blitzreichste Tag seit mindestens fünf Jahren.
 

salto.bz.: Herr Peterlin, auch am Samstagabend wütete ein heftiges Gewitter im ganzen Land. Den ganzen Tag über herrschte aber eine drückende Hitze. Wie kommen solche Wetterumschwünge zustande?
Dieter Peterlin: Wenn kühle auf heiße Luft trifft, entsteht ein Gewitter. Am Samstag war es sehr heiß mit hoher Luftfeuchtigkeit. In Bozen beispielsweise herrschten Temperaturen von bis zu 34 Grad. Da sich von der Schweiz eine Kaltfront näherte, kam es am Abend zu einem Gewitter. Dieses zog sich von Vinschgau bis nach Pustertal - also von West nach Ost - durch ganz Südtirol durch. Somit sind Wetterumschwünge, gerade auch bei besonders heißen Tagen, keine Seltenheit.

Der plötzliche Einbruch des Gewitters überraschte jedoch viele. Warum ist es so schwierig, ein solch heftiges Gewitter schon Tage davor vorherzusagen?
Das Vorhersagen von Gewittern ist eine der schwierigsten Aufgaben in der Meteorologie. Oft beruhen Gewitterprognosen nur auf Wahrscheinlichkeiten. Zwar kann man abschätzen, ob es sich um einzelne oder mehrere Gewitter handelt und ob es sich bei dem Gewitter um ein kleines Sommergewitter oder ein starkes Gewitter mit Hagel handelt – Uhrzeit und Ort lassen sich aber nie genau bestimmen.

Am Samstag wurden außerdem um die 7.500 Blitzeinschläge verzeichnet. Wie werden diese gemessen?
Europaweit gibt es ein Messnetz mit Blitzsensoren. Einer dieser Sensoren steht auf dem Dach der EURAC hier in Bozen. Die Geräte dienen der Erfassung von elektromagnetischen Strahlen, die bei einem Blitz ausgesendet werden. Im Grunde funktioniert es so ähnlich wie ein Erdbebennetz: Durch das europaweite Messnetz kann man sehen wo der Blitz einschlägt. Zudem lässt sich auch die Stärke des Blitzes und ob es sich bei dem Blitz um einen Wolkenblitz, also innerhalb einer Wolke, oder um einen Blitzeinschlag handelt, bestimmen.

Apropos Stärke: nicht überall wütete das Gewitter gleich heftig. Wie sah es in den typischen Südtiroler „Südstaulagen“ am Samstagabend aus?
Zwar gab es am Samstagabend Gewitter im ganzen Land, jedoch stürmte es in den „Südstaulagen“ wie im Ultental und Burggrafenamt am stärksten. Aber auch im Bozner Raum gewitterte es heftig. Wie der Name schon verrät, kommt es bei einer „Südstaulage“ zu einem Stau feuchter Süd-Luft in den Tälern. Deshalb regnet es dort auch am meisten. Typische „Südstaulagen“ sind, neben dem Ultental und dem Burggrafenamt, das Passeiertal sowie die Dolomiten. Andere Täler werden durch Gebirgsketten geschützt: so wie der obere Vinschgau beispielsweise durch den Ortler oder das obere Ahrntal durch die Dolomiten.


Büro des Landeswetterdienstes. Foto: Irina Angerer

Bei einem unvorhersehbaren Wetterumschwung - gibt es irgendwelche Tipps, um sich vor Blitzen „in freier Wildbahn“ zu schützen?
Am besten wäre es, bei Gewittern den Aufenthalt im Freien ganz zu vermeiden. Bei einem unvorhersehbaren Wetterumschwung, ist es ratsam sofort ein Auto oder ein Haus aufzusuchen. Ein Auto wirkt wie ein faradayscher Käfig. Das bedeutet, dass der Blitz, im Falle eines Einschlages, um das Auto herumgeführt wird. Wenn diese Möglichkeiten nicht gegeben sind, sollte man sich in die Hocke setzen, so ist man kein exponierter Gegenstand in der Landschaft. Ein Blitz sucht sich immer hohe exponierte Gegenstände, wie Wetterkreuze oder Bäume. Auf keinen Fall sollte man sich flach hinlegen, denn so erzeugt man eine größere Spannung, da man mehr Fläche hat.

Denken Sie, solch extreme Wetterumschwünge könnten auch mit dem Klimawandel zusammenhängen?
Das ist eine gute Frage, dieses Gebiet ist in der Wissenschaft noch nicht sonderlich gut erforscht. Durch die höheren Temperaturen, befindet sich mehr Energie in der Atmosphäre. Daraus könnten mehrere Gewitter entstehen. Jedoch hängt die Entstehung von Gewitter auch von weiteren Faktoren ab. Obwohl es heuer einen besonders gewitterreichen Sommer gibt/gab, hat sich die Anzahl der Gewitter, mit Blick auf die vorherigen Jahren, nicht gehäuft. Auch Wetterschwankungen hat es immer schon gegeben.

Ganz allgemein: gibt es in Südtirol schon einen „Wandel des Klimas?“
Was sicher ist: Es wird immer wärmer, das hat man in den letzten Jahrzehnte gesehen. Diese Prognose wird auch von allen Modellrechnungen unterstützt. Zwar kann es auch wieder zu kälteren oder wärmeren Sommern kommen, im Durchschnitt - über viele Jahre hinweg – steigen die Temperaturen aber. Auch in Südtirol.

Nach all dem Wetterchaos im Juni und Juli: gibt es im August noch Hoffnung auf ein bisschen Sommer?
Wie der ganze August wird, kann man noch nicht sagen. Diese Woche gibt es ein paar sonnige, warme Tage mit Höchstwerte bis zu 32 Grad. Am Freitag zieht eine Kaltfront durch Südtirol. Es wird vorübergehend kühler und verbreitet kommt es zu Regenschauern und teils kräftigen Gewittern. Ab dem Wochenende wird es wieder sommerlicher und wärmer. Ganz stabil ist das Wetter also nicht, aber die Hoffnung auf ein bisschen Sommer ist durchaus gegeben.


Dieter Peterlin, aus Kaltern, studierte Meteorologie in Innsbruck, seit acht Jahren Meteorologe des Landeswetterdienstes. Foto: Irina Angerer

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alfred frei Mi., 03.08.2016 - 17:36

Herr Peterlini,
stimmt es, daß die SVP (Achammer) bei ihnen Informationen
über persönlich tragbare, aufsetzbare Blitzableiter (Modell preußischer Spitzhelm) für ihre Landespolitiker eingeholt hat, verbunden
mit einem Schnellwarndienst durch ihr Büro ? (Antwort auch verschlüsselt möglich)

Mi., 03.08.2016 - 17:36 Permalink