Kultur | Salto Summer Serie

Der Minderheitenbär

Vor über 50.000 Jahren bewohnte er die Gadertaler Dolomiten: Der Ursus Ladinicus.
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Foto: Foto: Abteilung Museen Provinz Bozen

Südtirol, das Bärenparadies: Immer wieder erreichen Meldungen über Bärensichtungen die Medien. Die Bären scheinen Südtirol zu lieben und suchen sich stets ihren Weg durch die Wildnis. Vor über 30 Jahren beherrschte allerdings ein ganz besonderer Bär die Schlagzeilen des Landes: Der Ursus Ladinicus. Am 23.09.1987 wurde die Conturineshöhle entdeckt. Am Boden dieser Höhle lagen Überreste eines Höhlenbären, der bisher in noch keiner zoologischen Kartei aufschien. In der Conturineshöhle auf über 2800 m Meereshöhe gelegen, lebte diese besondere Bärenart vor über 50.000 Jahren: Der Ursus Ladinicus wog fast 1500 kg und war dennoch kleiner und schlanker als die Höhlenbären der tiefer gelegenen Regionen. Er war ein gemächlicher Vegetarier und lebte wohl von den Wiesen rund um die Conturineshöhle. Erstaunlich, wächst um die Conturineshöhle heute kein Grashalm. Dieser Umstand war insbesondere für das Wiener Forscherteam rund um Gernot Rabeder spannend, denn die einzige mögliche Erklärung für dieses Phänomen war eine Klimaveränderung, die die Waldgrenze in noch höhere Gebiete als heute versetzen ließ.

Damals war die Conturineshöhle die einzige bekannte Bärenhöhle ihrer Art, der Ursus Ladinicus dementsprechend eine Besonderheit sondergleichen. Doch in den 30 Jahren seit dem Fund verging viel Zeit – und die Höhlenforscher konnten neue Erkenntnisse hervorbringen. Unweit der Conturineshöhle, in der der Ursus Ladinicus sein Unwesen trieb, wurde 2010 eine weitere Höhle entdeckt: Die “El Cenote” – eine Neuheit in den Gadertaler Dolomiten, die erstmals in einer Sonderausstellung im Vereinshaus J.B. Rinna von St. Kassian im Gadertal vorgestellt wird. Doch nicht nur die Gadertaler Dolomiten sind Fundort für besondere Bären. Im Fleimstal wurden 1997 in der „Büse di Bernardo“ Höhlenbärenknochen ausgegraben, welche weitere Erkenntnisse über das Leben von alpinen Höhlenbären liefern.

Das Herzstück der Forschung rund um Höhlenbären ist und bleibt aber der Ursus Ladinicus. Der Höhlenbär ist noch immer Symbol für eine unglaublichen Entdeckung, welcher die Gadertaler Dolomiten und durch seine Namensgebung seine menschlichen Nachbesiedler, die ladinische Minderheit, weltberühmt unter den Höhlenforscher und Zoologen machte.

Im Juli und August gibt es jeden Dienstagvormittag eine Sonderführung durch die Ausstellung „Geheimnisvolle Höhlenwelt der Dolomiten“ im Vereinshaus J.B. Rinna von St. Kassian mit dem Kurator der Ausstellung Dr. Herwig Prinoth.

www.museumladin.it

(Salto in Zusammenarbeit mit der Fachabteilung Museen der Autonomen Provinz Bozen)