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„Es besteht Handlungsbedarf“

In Hinblick auf die Gemeinderatswahlen nennt die Caritas sechs Punkte im sozialen Bereich, in denen Gemeinden dringend handeln müssen, besonders seit Corona.
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Foto: Unsplash

„Eine Gemeinde ist diejenige öffentliche Einrichtung, die den Bürgern am nächsten steht. Deshalb sind es auch die Gemeindeverwaltungen, welche die Bedürfnisse der Menschen am besten erkennen und wirksame Antworten darauf geben können“, so der Caritas Direktor Paolo Valente. Die Corona Pandemie hätte soziale Probleme wie Armut oder Einsamkeit noch verstärkt. Umso dringender seien Antworten im sozialen Bereich von Seiten der Gemeinden.

Die diözesane Caritas will als zivilgesellschaftliche Organisation Input geben über anstehende Aufgaben der zukünftigen Gemeinderäte im sozialen Bereich. Im Hinblick auf die Gemeinderatswahlen im September veröffentlicht die Diözese eine Liste mit sozialen Bereichen, in denen Gemeinden dringend handeln müssen, und zeigt mögliche Lösungen auf.

 

Wohnung, Arbeit, Bildung für Alle

 

Besonders benachteiligte Bevölkerungsgruppen, wie Menschen mit prekären Arbeitsverträgen, ältere oder psychisch kranke Menschen, alleinerziehende Mütter und Migranten gelte es laut der Caritas zu integrieren. Dazu gehöre der Zugang zu Wohnungen, einer Arbeit sowie Bildung. Was für viele verständlich scheint, ist für manche Teile einer Gesellschaft schwer bis unmöglich.

Wohnraum für Personen mit niedrigem Einkommen, für große Familien oder für Menschen, die aus der Therapie zurückkommen, sei etwa zu teuer, bemängelt die Caritas gleich an erster Stelle. Arbeiterwohnheime und ähnliche Einrichtungen seien in Südtirol nicht ausreichend: „Doch Integration ohne Infrastruktur kann nicht funktionieren,“ unterstreicht die Caritas und fordert den Ausbau von begleiteten Wohneinheiten oder geschützten Wohnungen und Wohnheimen. Insbesondere sollten diese Einrichtungen zentrumsnahe eingerichtet werden, und nicht an den Stadtrand verlegt, wo schnell die Kontrolle verloren geht: „Man beobachtet manchmal, dass man Dienste für benachteiligte Bevölkerungsgruppen in die Peripherie ansiedeln möchte. Soziale Dienste sollen hingegen im Stadt- bzw. Dorfzentrum bleiben, dort wo sich das Leben der Menschen abspielt und wo sie sie auch erreichen können und erreicht werden“, so die Diözese.

Integration ohne Infrastruktur kann nicht funktionieren. Auch Arbeit bedeutet Teilhabe an der Gesellschaft, stärkt das Selbstwertgefühl und schafft soziale Beziehung

Integration passiere auch am Arbeitsplatz, listet die Caritas weiter auf, somit sei Arbeitsintegration für Menschen mit physischen Beeinträchtigungen oder für suchtkranke eine anzugehende Herausforderung: „Gerade für sie bedeutet Arbeit Teilhabe an der Gesellschaft, stärkt das Selbstvewertgefühl und schafft soziale Beziehung“, erklärt die Caritas.

Als dritte wichtige soziale Herausforderung nennt die Caritas die Ausbildung für Erwachsene, insbesondere für Migranten und Menschen ohne Schulabschluss. „In Südtirol gibt es keine Ausbildungszentren für Erwachsene wie die ‚Centri provinciali per l’istruzi- one degli adulti‘ (CPIA) im übrigen Staatsgebiet und nur eine italienische Abendmittelschule,“ bemägelt die Diözese. Das Angebot für Erwachsene, ihren Schulabschluss nachzuholen, gelte es auszubauen.

 

Neben Tourismus und Wirtschaft, die Fürsorge nicht vergessen

Der Demografische Wandel macht auch in Südtirol nicht halt. Das heißt, immer mehr Menschen werden Pflege benötigen. Die Caritas weist in diesem Zusammenhang auf die langen Wartelisten für Seniorenheime auf, besonders im ländlichen Raum. „Pflegende Angehörige sind daher oft überlastet“, so die Caritas. Sie empfiehlt den Gemeinden unter anderem das Hauspflegeangebot besser zu finanzieren und zu verbessern, sowie alternative Wohnformen für Senioren auszubauen, zum Beispiel betreutes Wohnen oder Generationenhäuser. 

In unserer Konsumgesellschaft lebt jeder zunehmend mehr für sich allein. Die Folge sind Einsamkeit und oft auch Verzweiflung

Zusätzlich fordert die Caritas, mehr Angebote für die soziale Freiwilligenarbeit, insbesondere für Menschen mit gesundheitlichen, wirtschaftlichen oder integrativen Problemen, bereitzustellen. Diese fördere nämlich Integration und wirke sinnstiftend. Hier gelte es also Integrationsprojekte für Freiwillige zu fördern und zu koordinieren. Zuletzt weist die Caritas noch auf die durch Corona gestiegene soziale Einsamkeit und den seelischen Druck hin: „In unserer Konsumgesellschaft lebt jeder zunehmend mehr für sich allein. Die Folge sind Einsamkeit und oft auch Verzweiflung.“ Doch gerade solche Menschen machten selten auf sich aufmerksam. Außerdem fehle es an lokalen Angeboten und Hilfestellung für solche Menschen, was zu gefährlichen Situationen bis hin zu Suizid führen könne. Die Gemeinden seien hier gefragt, sich aktiv für das Wohlbefinden der Bürgerinnen und Bürger einzusetzen.