Gesellschaft | Interview

Happy Birthday, zebra!

50 Ausgaben – 5 Jahre – 500 Menschen. Die Straßenzeitung ZEBRA hat allen Grund zu feiern.
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Foto: Lisa Frei

Das kleine Solidaritätsprojekt der OEW  ist groß geworden und hat vielen Menschen Perspektiven gegeben. Zebra ist mehr als nur eine Zeitung, in seinem fünfjährigen Bestehen hat es die Flügel ausgebreitet, mehr Menschen mit ins Boot geholt und soziale Projekte ins Leben gerufen. Die freundlich lächelnden zebra-Verkäufer  gehören mittlerweile zum Stadtbild Südtirols. „Ein Sprungbrett in die Arbeitswelt, in eine bessere Zukunft“, das soll zebra für die Menschen dort sein, sagt die Redaktionsleiterin Lisa Frei.

Salto.bz.: 5 Jahre zebra-Jubiläum. Was ist Ihr erster Gedanke dazu? 

Lisa Frei: Mein erster Gedanke ist wohl, dass die Zeit unglaublich schnell vergangen ist. Wir haben mit sehr geringen Erwartungen angefangen, doch das Projekt ist sehr gut angelaufen und ZEBRA hat mittlerweile seinen festen Platz in Südtirol.

War das anfangs nicht so?

Nein, am Anfang war sehr viel Aufbauarbeit. Meine Vorgänger mussten informieren, die Sachen auch öfters erklären und ein Bewusstsein für die Zeitung schaffen. Mittlerweile ist das Projekt beim Großteil der Südtiroler angekommen. Zebra versucht ganz bewusst breit zu kommunizieren und überall Aufmerksamkeit für die Straßenzeitung zu schaffen.

Wie würden Sie einem Außenstehenden die Inhalte von zebra erklären?

Zebra ist sehr vielfältig und bunt. Vor allem geht es uns um Menschen und Themen, die nicht unbedingt in den gängigen Medien vorkommen. Bei zebra verfolgen wir das Konzept des „Konstruktiven Journalismus“, d.h. wir halten vor allem nach positiven Neuigkeiten Ausschau - und davon gibt es viele. Sie verkaufen sich nur nicht so gut wie die schlechten Nachrichten. Das heißt natürlich nicht, dass wir die Welt durch die rosarote Brille sehen. Zebra spricht auch schwierige Themen an, aber wir bemühen uns, Geschichten  zu veröffentlichen, die Mut machen.

Wie sieht es mit der gesellschaftlichen Akzeptanz der Verkäufer aus?

Derzeit sind ungefähr 60 zebra-VerkäuferInnen auf Südtirols Straßen unterwegs. Probleme gibt es sehr selten, die Akzeptanz der VerkäuferInnen ist mittlerweile sehr groß, die Menschen kennen uns und die Organisation OEW, die dahinter steht, und wissen, dass alles seine Ordnung hat. Die meisten VerkäuferInnen haben sich eine Stammkundschaft aufgebaut und sind immer am selben Platz zu finden. Wir haben auch einen eigenen Streetworker beschäftigt, der immer zur Stelle ist, sollten Probleme oder Missverständnisse auftreten. 

Bei zebra verfolgen wir das Konzept des „Konstruktiven Journalismus“, d.h. wir halten vor allem nach positiven Neuigkeiten Ausschau - und davon gibt es viele.

Nach welchen Kriterien werden zebra-Verkäufer ausgewählt?

Derzeit gibt es sehr viele Menschen, die zebra gerne verkaufen würden, aber wir können leider nicht alle beschäftigen. Unsere VerkäuferInnen sind Menschen mit unterschiedlichsten Hintergründen, von Geflüchteten bis hin zu Südtirolern an der Armutsgrenze. Selbstverständlich ist der Job nicht jedermanns Sache. Es gehört schon eine Portion Mut dazu, auf die Straße zu gehen und dort eine Zeitung zu verkaufen. Bei der Auswahl des  Straßenverkäufers wird auch darauf geachtet, ob er in einer Struktur untergebracht ist, wo die Grundbedürfnisse gedeckt werden.

Ist zebra politisch?

Durchaus. Wir haben zwar keine Politiker in der Zeitung, doch die Themen, die zebra anspricht, sind vor allem sozialpolitisch und gesellschaftskritisch.

Welche Schwierigkeiten ergeben sich für die zebra-Verkäuferinnen bezüglich des neuen Sicherheitsgesetzes?

Natürlich haben wir die rigorose italienische Flüchtlingspolitik auch bei uns in der Zeitung gespürt. Mehrere unserer Verkäufer waren von der Legge Salvini betroffen, d.h. ihre Aufenthaltsgenehmigung war durch dieses Gesetz gefährdet. Anhand von persönlichen Schicksalen haben wir der Öffentlichkeit gezeigt, was diese Änderung für die Menschen eigentlich bedeutet. Diese Beiträge haben große Resonanz erfahren und wurden sogar in einer Ausgabe der japanischen Straßenzeitung abgedruckt. 

 

Seit zweieinhalb Jahren gibt es das Projekt zebra support. Was ist das Essentielle daran? 

Hierbei geht es vor allem um die Unterstützung der zebra-Verkäufer durch Spendengelder. In diesem Jahr haben wir uns ganz besonders auf jene Menschen konzentriert, die von der Legge Salvini bedroht wurden. Die meisten konnten mithilfe unserer Unterstützung eine fixe Anstellung finden und dürfen somit in Südtirol bleiben. Zebra ist ein Sozialprojekt, die Verkäufer haben bei uns keinen Arbeitsvertrag. Sie verdienen im Schnitt zwischen 200 und 300 Euro, es kann also keinen Arbeitsplatz ersetzen. Das ist aber auch nicht unser Ziel. Zebra soll für Menschen in Not eine Zwischenlösung sein, bis sie den Schritt in ein geregeltes Arbeitsverhältnis schaffen. Als Unterstützung bieten wir auch Sprachkurse an, um die Verkäufer für den Arbeitsmarkt attraktiv zu machen.

Wie steht es um die Auflagezahlen?

Zu Beginn kam zebra nur alle zwei Monate heraus, mittlerweile erscheint die Zeitung am 10. jedes Monats. Die erste zebra– Ausgabe war innerhalb weniger Tage komplett ausverkauft. Die Auflage hat sich mittlerweile zwischen 13.000 und 14.000 Stück pro Monat eingependelt. Im Juli und Dezember gibt es eine Doppelnummer, hier ist die Auflage auch noch einmal höher.

Haben Sie manchmal Schwierigkeiten die Zeitung zu füllen? 

Nein, gar nicht. Wir haben mittlerweile einen fixen Bestandteil an freiwilligen MitarbeiterInnen, die uns regelmäßig Beträge liefern. Es gibt auch sporadische Schreiber und solche, die einmalig Beiträge veröffentlichen. Wir versuchen allen einen Platz in zebra zu geben und Teil dieses Projektes zu sein. Einmal im Jahr erscheint auch ein Schul-zebra, die Zeitung wird von einer Schulklasse entworfen und gestaltet. Somit kommen auch junge Menschen mit der Straßenzeitung in Kontakt, sie schreiben Reportagen und dürfen zebra auch auf den Straßen verkaufen. 

 In diesem Jahr haben wir uns ganz besonders auf jene Menschen konzentriert, die von der Legge Salvini bedroht wurden. Die meisten konnten mithilfe unserer Unterstützung eine fixe Anstellung finden und dürfen somit in Südtirol bleiben.

Warum haben Sie sich für eine Arbeit bei zebra entschieden?

Ich habe mich schon immer für den Non-Profit-Bereich interessiert. Es war mir immer wichtig, dass ich meine Fähigkeiten nicht für eine Führungskraft einsetze, sondern für ein Projekt, wo ich vollkommen dahinterstehe und auch etwas bewegen kann.Besonders schön finde ich, dass ich durch meine Arbeit mit den unterschiedlichsten Menschen in Kontakt treten kann. Dadurch bieten sich mir Einblicke in die verschiedensten Realitäten. 

An welche zebra Geschichte denken Sie gerne zurück?

Da gibt es sehr viele… Sehr gerne erinnere ich mich an eine meiner ersten Geschichten, für die ich einen Tag in der öffentlichen Toilette im Parkhaus von Bozen mit der Reinigungskraft Pina verbracht habe. Berührt haben mich auch die Reportagen, in denen Menschen über ihre traumatischen Fluchterfahrungen sprechen. In diesem Frühjahr war ich öfters auf dem LKW-Rastplatz in Sterzing zu finden und habe mit den Fahrern gesprochen, die tagtäglich unser Land durchqueren. Ihre einzigartigen Geschichten und ihre knallharter Job, der Außenstehenden wie eine parallele Realität erscheint, haben mich besonders beeindruckt und bleiben mir in lebhafter Erinnerung.

Was wünschen Sie zebra zum Geburtstag und für die Zukunft?

Ich wünsche zebra, dass es ein wichtiger Teil Südtirols bleibt und von allen ausnahmslos akezptiert wird. Dass es weiterhin so läuft wie bisher und viele Menschen durch uns neue Perspektiven gewinnen und in ein fixes Arbeitsverhältnis einsteigen können. 

 

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V M Fr., 06.09.2019 - 18:04

"Ein Sprungbrett in die Arbeitswelt, in eine bessere Zukunft". Mi dispiace molto perché non metto assolutamente in dubbio la buona fede e l'impegno dei ragazzi che lavorano al progetto, ma la realtà di "Zebra" mi sembra purtroppo chiarissima: elemosina mascherata. Perché ci sia una reale integrazione è assolutamente necessario che le persone riescano ad accedere al mercato del lavoro garantendosi una propria indipendenza e dignità. Una associazione di volontariato che mira all'obiettivo di una effettiva integrazione dovrebbe cercare di realizzare queste condizioni. L'elemosina, mascherata o meno, a mio parere porta solamente ad un aumento della intolleranza sociale verso tutti gli immigrati. Credo che all'interno delle associazioni ci siano delle ottime risorse umane ma il progetto "Zebra" a mio parere va nella direzione opposta a quella auspicata dai volontari.

Fr., 06.09.2019 - 18:04 Permalink
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Sepp.Bacher Fr., 06.09.2019 - 19:41

Antwort auf von V M

Wenn Sie so viel Idealismus haben und das realistische und erfolgreiche Projekt Ihnen nicht nur nicht genug ist, sondern es so herabwürdigen, dann werden Sie wohl Ihre ganze Energie in ein sehr perfektes und hoffentlich erfolgreiches Integrationsprojekt investieren!

Fr., 06.09.2019 - 19:41 Permalink