Politik | Verfassungsreferndum

Hysterischer Oskar

Oskar Peterlini greift in einer Rundmail die Medien und mehrere Professoren als gekauft an. Update: Peterlinis Stellungnahme: "Ich entschuldige mich".
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Foto: Suedtirolfoto.com/Othmar Seehauser

Wer für die Rettung des Abendlandes kämpft, der kennt keinen Stundenplan.
Der 30. September ist noch keine 24 Minuten alt, da verschickt Oskar Peterlini am vergangenen Freitag bereits eine Email. „Das ist ein Alarmruf“, steht fettgedruckt in der ersten Zeil des Schreibens.
Das Rundmail hat das neue Steckenpferd des ehemaligen SVP-Landtagsabgeordneten, Regionalratspräsidenten und Senators zum Thema: Das anstehende Referendum zur Verfassungsreform.
Das Schreiben geht „an alle, die wegen der Zentralisierung der Verfassungsreform besorgt sind. Wir wollen doch nicht, dass wir in einem autoritären Staat landen“. Was darauf folgt ist ein wohl einmaliger Rundumschlag gegen RAI-Südtirol, gegen Landeshauptmann Arno Kompatscher, gegen die zwei Innsbrucker Uniprofessoren Esther Happacher und Walter Obwexer, gegen Senator Francesco Palermo, gegen den Südtiroler Journalisten Gerhard Mumelter und natürlich gegen Salto.

Peterlinis Rundumschlag

Ich bin ehrlich besorgt über die Berichterstattung der Medien, vor allem der RAI zur Verfassungsreform. Die einzige Dolomiten, hat vor einem Jahr dagegen geschrieben und mich kürzlich wieder kontaktiert, hoffen wir, dass sie das Thema bald aufgreift“, schreibt Oskar Peterlini gleich zu Beginn.
Peterlini, der das Schreiben als „PhD Contract Professor at Free University of Bozen Bolzano, MP/ On. Senatore della Repubblica XIV, XV, XVI Legislatura“ unterschreibt, legt dann erst ordentlich los:

„Am kommenden Montag ist ein Runder Tisch der Rai. Nach verschiedenen Protesten sind doch zumindest zwei Gegner zugelassen, Paul Köllenberger (im Original so geschrieben - Anm. des Autors) und Sven Knoll (erst nach heftigem Druck, geplant war Gerhard Mummelter). Kompatscher hat mitgeteilt, dass er nicht teilnehmen würde, wenn ich dabei bin. Deshalb hat man mich ausgelassen, mit der Ausrede ich wäre schon am Pro und Contra gewesen. Nun hat Kompatscher dennoch abgesagt. Es kommen Achammer und Pan, als Expertin Prof. Happacher, die kürzlich ihren Lehrstuhl in Innsbruck durch einen Sonder-Beitrag Kompatschers von 380 Tausend € erhalten hat (siehe Anlage), eine Sache die sogar in der Wiener „Die Presse“ und im Wissenschaftsministerium Staub aufgewirbelt hat.
Jetzt höre ich die Meldung der Rai Tagesschau, dass Prof. Obwexer, die Schutzklausel als „robust“ bezeichnet hat. Beide Professoren haben bereits fette Aufträge für Gutachten seitens des Landes erhalten. Wo bleibt die Sachlichkeit? Um was geht es ihnen? (Siehe seine Habil Anlage).
Heute im Mittagsmagazin kam ausführlich Gerd Mummelter als „Italienexperte“ zu Wort und verteidigte im Interview mit Wolfgang Mayr die Renzi-Reform in allen Tönen. Wir Südtiroler würden nicht verstehen, dass uns Italien nie etwas angetan hat. Seit die deutschsprachigen Sendungen beim Land sind, gibt es wohl einen vorauseilanden Gehorsam! Man fürchtet wohl die fast täglichen „Anschisse“ des LH und die Verteilung zukünftiger Positionen.
Ganz nebenbei noch, Salto lässt Palermo als "unabhängigen" Experten auf die Fragen antworten, der schon ca. 400 Mal die Hand bei den Abstimmungen für die Artikel und die Verfassungsrefom aufgehoben hat. Thomas Benedikter hat dagegen protestiert. Arnold Tribus verteidigt in einem Leitartikel in der Tz die Reform: Wenn wir schon eine Schutzklausel bekommen, können wir doch nicht dagegen stimmen. Ich konnte in einem Leserbrief antworten: Wir hatten 2005 bei einer weit besseren Schutzklausel (mit Vetorecht des Landtages) der Devolution von Berlusconi dagegen gestimmt!
Ich kämpfe auf allen Ebenen mit euch, mit wissenschaftlichen Beiträgen, der Unterstützung und Beratung, Leserbriefen und detaillierten Informationen auf Facebook: https://www.facebook.com/oskar.peterlini
Bitte nehmt auch Ihr stärker öffentlich Stellung, wenn nicht als Organisation, so privat, z. B. mit Leserbriefen und Stellungnahmen auf Facebook. 
Ich packe es nicht mehr allein. Die haben aus dem Flughafen Referendum gelernt und setzen die geballte Macht ein.

Liebe Grüße, Euer Oskar“

„Ich packe es nicht mehr allein. Die haben aus dem Flughafen Referendum gelernt und setzen die geballte Macht ein.“
Oskar Peterlini

 

Kompatschers Reaktion

In dem Schreiben stimmt ein Satz“, reagiert Arno Kompatscher von salto.bz mit den Vorwürfen Peterlinis konfrontiert. Der Landeshauptmann: „Ich habe der RAI erklärt, dass ich nicht für ein Pro & Contra mit Peterlini zur Verfügung stehe“. Sehr wohl habe er aber für den „Runden Tisch“ mit Peterlini zugesagt. Danach habe man aber entschieden, dass Parteiobmann Philipp Achammer die Fernseh-Diskussion am Montag Abend bestreiten sollte.

Peterlinis Mail: Harter Tobak.

Kompatscher tritt auch dem Vorwurf entgegen, dass die Lehrstühle der beiden Innsbrucker Universitätsprofessoren Esther Happacher und Walter Obwexer von der Landesregierung bezahlt werden. „Wir zahlen keine Lehrstühle, sondern die genannte Summe ist der Betrag, den das Land im Abkommen mit der Uni Innsbruck jährlich bezahlt“, sagt der Landeshauptmann. Das Abkommen gebe es seit Jahrzehnten und darin ist zum Beispiel auch das Geld für die Unibibliothek und anderes enthalten.
Was besonders brisant sein dürfte: Zur Untermauerung seiner These hat Oskar Peterlini seinem Schreiben auch Artikel und Mails von Informanten aus der Uni Innsbruck beigelegt. Etwa über das angebliche Plagiat in Obwexers Habilitation. Sie sollen beweisen, dass die beiden Südtiroler Akademikern unseriös arbeiten.

Bösartige Unterstellungen

Auch der Bozner Journalist und Salto-Mitarbeiter Gerhard Mumelter kann über Peterlinis Aufregung nur Lachen. „Der Tonfall des Schreiben grenzt an Hysterie“, meint der langjährige Italienkorrespondent des Wiener Standard. Und weiter: „Dass "Universitätsdozent" Peterlini unfähig ist, meinen Namen korrekt zu schreiben, sagt alles aus über die Qualität seiner bösartigen Unterstellungen."

„Dass "Universitätsdozent" Peterlini unfähig ist, meinen Namen korrekt zu schreiben, sagt alles aus über die Qualität seiner bösartigen Unterstellungen.“
Gerhard Mumelter

Zudem sei noch einmal daran erinnert, dass die salto-Redaktion vor zehn Tagen Oskar Peterlini eingeladen hat, einen Beitrag über die von ihm vehement abgelehnte Verfassungsreform zu schreiben. Dieser Aufforderung ist der langjährige SVP-Landagsabgeordnete bisher nicht nachgekommen.
Anscheinend sind nächtliche Alarmmails wichtiger.

Update: 

"Kritik an der Auswahl, nicht an den Professoren"

Oskar Peterlini hat uns folgende Stellungnahme zum obigen Salto Artikel zukommen lassen, die wir gerne veröffentlichen:

"Die Professoren Happacher und Obwexer genießen meine volle Hochschätzung

Es ist sehr bedauerlich, dass in Salto ein vertraulicher Brief, den ich an einige wenige, bestimmte Personen verschickt habe, veröffentlicht wurde. Einerseits erfolgte ein Vertrauensbruch, andererseits der mögliche Tatbestand der Verleumdung mittels Presse von darin genannten Personen. Deshalb enthalte ich mich bewusst jeden inhaltlichen Kommentars. Ich distanziere mich vielmehr in aller Form von den nicht für die Öffentlichkeit bestimmten, aus dem Zusammenhang gerissenen, kommentierten Aussagen. Ich lege Wert darauf zu präzisieren, dass ich zwar die Auswahl der Gesprächspartner zur Verfassungsreform seitens einiger Medien bemängele, damit aber keinesfalls deren Professionalität in Frage stelle. Die Zeitungsberichte über sie müssen deren Herausgeber selbst verantworten und müssten, wenn schon dort richtig gestellt werden. Sei es Univ. Professor Dr. Esther Happacher, als auch Univ. Professor Dr. Walter Obwexer genießen meine höchste Wertschätzung. Sie sind ausgezeichnete, anerkannte Fachleute auf ihrem Gebiet. Die unterschiedliche Sichtweise zu Sachproblemen seitens von Wissenschaftlern ist immer befruchtend und trägt zur Erkenntnisfindung bei.
Beim Italienexperten Gerhard Mumelter entschuldige ich mich, dass ich seinen Namen mit einem „m“ zu viel geschrieben habe.

Der vor wenigen Tagen erfolgten Einladung zu einem Beitrag für Salto schaffte ich rein zeitlich bisher nicht nachzukommen. Wenn man noch Wert darauf legt, werde ich ihr gern, sobald ich kann, Folge leisten.

Oskar Peterlini

 

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Markus Gufler Mo., 03.10.2016 - 17:43

Wenn wir uns mal anschauen, in welchem Zusammenhang es bei Autonomie-Fragen unterm Strich geht, so hat der überwiegend größte Teil mit Finanzen zu tun. Bzw. genauer gesagt mit einem finanziellen Rahmen, der mehr oder weniger Spielraum lässt.
Wie vermutlich alle wissen ist die Staatsverschuldung Italiens in den letzten Jahrzehnten dramatisch angestiegen. Das ist ein deutlicher Hinweis, dass in jener Zeit Politik außerhalb der möglichen Spielräume gemacht worden ist.
Inzwischen ist klar, dass es so nicht weiter gehen kann, und dass reformiert werden muss. Unter anderem auch die Verfassung. Der Ausgang dieses Reformversuchs - lassen wir die Inhalte und deren Auswirkungen für das kleine Südtirol zunächst einmal beiseite - wird unweigerlich ein wichtiges Signal sein: Ist Italien überhaupt reformfähig, oder eine heiße Kartoffel?
Wenn man es schafft Zeichen zu setzen, dass Kosten gespart und die politische Effizienz gesteigert werden, bleibt man glaubwürdig. Sonst ergibt sich eine Alternative die man mit "Grüße aus Griechenland" umschreiben sollte. Wenn kein Spielraum mehr ist, erübrigt sich es dann auch, auf eine Verfassung samt irgend einer Schutzklausel zu schauen. Außer man erwartet sich, dass auch die aktuellen Politikergenerationen unser Land weiter drauf los verschulden als gäbe es kein Morgen. Das geht nicht mehr!
Eine Schutzklausel egal ob sie "gut", "bestmöglich" oder "bombensicher" bewertet wird, kann uns nicht mehr Autonomie zugestehen, als der gesamte Rahmen überhaupt hergibt.

Natürlich wäre es besser gewesen Schutzklauseln mit einem Rahmen zu definieren, der vor 2007 geherrscht hat. Was aber effektiv zählt ist, ob man eine Reform schafft oder NICHT , so wie zum Beispiel in der Zeit als Verfassungs-Fachmann und NEIN-Sager Peterlini an den Hebeln der Macht gesessen ist. Wenn man keine Reform schafft - von der alle wissen dass sie notwendig ist - schwindet das Vertrauen. Sowohl in die Politik, wie auch in die Wirtschaft und auch die eines ganzen Staates gegenüber seinen Nachbarn.

Ich kann hier leider keine Grafiken dazu posten, deshalb nur kurz die politische Laufbahn von Oskar Peterlini mit Jahreszahlen samt innegehabter Funktion und dem Prozentwert der BIP Staatsverschuldung:
1978 43% BIP Abgeordneter im Regionalrat
1988 75% BIP Vizepräsident im Landtag
1992 100% BIP (Vize)Präsident im Regionalrat
1998 115% BIP Senator in Rom
2006 103% BIP Verfassungs-Ausschuss (Reform fehlgeschlagen)
2010 120% BIP Umwelt-Ausschuss

Und jetzt wundert er sich, dass die Spielräume für unsere Autonomie so begrenzt sind?!

Mo., 03.10.2016 - 17:43 Permalink
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Mensch Ärgerdi… Mo., 03.10.2016 - 22:20

Peterlini mag schon übertreiben, aber das ändert nichts daran dass diese Reform nicht das Papier wert ist auf dem sie gedruckt ist. Kein Wunder, dass fast nur Leute die nicht vom Fach sind dafür sind und die wenigen Ausnahmen wie ein Palermo selbst zugeben nicht zu 100% vom Ganzem überzeugt zu sein. Um so mehr wundert es mich, dass er dennoch dafür gestimmt hat.

Mo., 03.10.2016 - 22:20 Permalink
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Paul Schöpfer Di., 04.10.2016 - 08:29

interessante Stellungnahme. Wenn man eine Rundmail schreibt muss man schon damit rechnen, dass die nicht geheim bleibt.

Aber ein Peterlini kann sich nicht einfach aufrichtig entschuldigen dass er zu später Stunde einen wirklich großen Fehler gemacht hat... Nein das war nicht für die Öffentlichkeit und das war nicht so gemeint und und und.

Di., 04.10.2016 - 08:29 Permalink