Politik | Burkina heute

„Ein starker Wille zu wachsen“

Dioma Cleophas Adrien über die italienische Diaspora von Burkina Faso und was sein Land braucht.
Hinweis: Dieser Artikel ist ein Beitrag der Community und spiegelt nicht notwendigerweise die Meinung der SALTO-Redaktion wider.
17103368_10212430480905117_4397504050794235449_n.jpg
Foto: Dioma Cleophas Adrien

Italien ist für Burkinaben ein beliebtes Land, wieviele Ihrer Landsleute leben hier?

Dioma Cleophas Adrien: Wir sind rund 20.000 Burkinaben. Ein großer Teil von uns hat die Aufenthaltsberechtigung bereits erhalten, ein Teil wartet noch darauf. Der Großteil jener, die noch warten, leben eher im Süden und arbeiten als Erntehelfer, z.B. bei der Tomatenernte. Italien ist für uns Burkinaben das europäische Lieblingsland.

Wie lange leben Sie selbst hier?

Ich habe Burkina Faso 1997 verlassen und bin nach Frankreich. Aber dort habe ich mich nicht zurecht gefunden und bin deshalb nach Italien weitergereist. Nach zwei Jahren habe ich meine Papiere bekommen. 13 Jahre habe ich in Parma gelebt und heute lebe ich in Rom, da ich für das Außenministerium arbeite. Damals, vor 20 Jahren herrschte eine Diktatur und mein Land war sehr instabil. Es gab für mich als jungen Mann keine Zukunft.

Wie ist es heute in Burkina?

2014 wurde die erste demokratische Regierung gewählt. Der Lebensstandard der Mittelschicht hat sich recht gut entwickelt. Wir hatten früher nichts, nicht einmal Restaurants oder Lokale. Heute können die jungen Menschen ausgehen – und sich das auch leisten. Meine Leute haben und brauchen auch einen ganz starken Willen für Veränderung. Vieles wurde zwar schon erreicht, aber Veränderungen gehen langsam voran. Man kann schon sagen, dass die Städte ein modernes Niveau erreicht haben. Handwerker, Schulen, Geschäfte wirtschaften gut und es sind viele Dienstleistungen aufgebaut worden. Viele Städte sind gewachsen. Wo früher eine kleine Siedlung stand, steht heute eine Stadt. Aber es gibt schon noch viel zu tun.

Was zum Beispiel?

Manche Orte sind schlecht erreichbar. Wo keine Straßen hinführen, kann sich nichts weiterentwickeln. Es werden welche gebaut, aber es gibt noch viele zu bauen. Es braucht auch noch Bildung, Know-how, Begleitung, Partner, um die Entwicklung im Land voranzutreiben.

Hat Burkina Faso bereits ein Kataster?

In Burkina verwalten die Gemeinden und Regionen ihren Boden. Aber leider gibt es viel Korruption. Das bedeutet, dass sich Reiche und Ausländer Flächen um billiges Geld nehmen können. Dem Landraub muss erst noch Einhalt geboten werden. Er verlangsamt die Entwicklung. Die Gemeinden führen auch das Melderegister.

Alle Gemeinden führen ein Melderegister?

Nicht alle, aber viele. Es ist die Voraussetzung dafür, dass eine Volkszählung gemacht werden kann, was der Staat auch plant. In den Zentren gibt es für die meisten Kinder Schulen. Nur in abgelegenen Gebieten fehlen auch noch Schulen. Auch deshalb muss der Straßenbau vorangetrieben werden.

Sie beobachten die Entwicklung in Ihrem Land genau?

Ja natürlich. Wir Burkinaben in Italien sind die größte Diaspora in Europa und die zweitgrößte überhaupt, die größte ist an der Elfenbeinküste. Und wir arbeiten in Italien nicht nur, um unsere Familien daheim zu unterstützen, sondern auch für unser Land, um dessen wirtschaftlich-soziale Entwicklung voranzutreiben. Wir werben um Burkina Faso, wir suchen Aufmerksamkeit für unserer Kompetenzen. Und wir finden auch immer wieder neue Partner, die mit Burkina Faso zusammenarbeiten mächten und es auch tun. Auch das Land Südtirol unterstützt uns seit vielen Jahren. In Südtirol gibt es zudem die Vereinigung „Freunde von Burkina Faso“, die Projekte der Zusammenarbeit unterstützen. Der Wille der Bevölkerung auf Wachstum, von dem ich bereits gesprochen habe, schafft einen fruchtbaren Boden für wirtschaftliche Zusammenarbeit. Immer mehr Italienische Unternehmen finden in Burkina Faso Handelspartner. Die Italienische Handelskammer hat mit der Handelskammer von Burkina Faso die Zusammenarbeit vereinbart.

Sie selbst engagieren sich stark …

… ich fahre jedes Jahr nach Burkina, um die Veränderungen zu sehen. Seit 2015 bin ich Koordinator der Arbeitsgruppe „Migration und Entwicklung“ im Nationalrat der Entwicklungszusammenarbeit MAECI in Rom. Wir erarbeiten Strategien, um effiziente Schritte für die Länder setzen zu können, die wachsen wollen.

Burkina Faso schafft kulturell starke Aufmerksamkeit: In der Hauptstadt Ouagadougou wird mit das größte Filmfestival Afrikas abgehalten…

Neben dem Festival 'Fespaco' noch anderes: Siao ist eine große internationale Handwerksmesse und es gobt viele auch große Initiativen im Theater, an Musik und im Tanz. Das kulturelle Leben findet auf einem hohen Niveau statt. Burkina könnte eben auch geben, es wäre in kulturellen Initiativen auch ein starker Partner. Man könnte sich mit Südtirol, mit Italien gegenseitig befruchten und unterstützen.