Politik | Brüssel

Vom wahren Wert Europas

Der Landeshauptmann auf Brüssel-Tour: “Die europäischen Institutionen gehören reformiert und gestärkt. Es braucht mehr statt weniger Europa.”
Arno Kompatscher & Johannes Hahn
Foto: LPA/Horst Wagner

“Zukunft mit Europa gestalten.” Mit dieser Botschaft meldet sich Arno Kompatscher aus Brüssel. Am gestrigen Mittwoch (3. April) war der Landeshauptmann in der belgischen Hauptstadt zugegen, wo er unter anderem mit zwei Spitzenvertretern der EU-Kommission zusammentraf.

Europapolitische Themen standen im Mittelpunkt des Treffens mit dem Kommissar für die Europäische Nachbarschaftspolitik und Erweiterungsverhandlungen, dem Österreicher Johannes Hahn. Gesprochen wurde über die Entwicklungen in Europa, den Brexit und die Ende Mai anstehenden Europawahlen. “Trotz des Aufwinds, den Populismus und Nationalismus derzeit erfahren, bin ich weiterhin zuversichtlich, dass besonders im Zusammenhang mit dem Brexit wieder mehr Menschen den Wert des geeinten Europas erkennen, ohne das diese lange Zeit des Friedens und Wohlstands nicht möglich gewesen wäre”, erklärte Kompatscher anschließend. Der Landeshauptmann sprach sich für eine stärkere und bessere Zusammenarbeit mit den europäischen Institutionen aus, die ihrerseits reformiert und gestärkt werden müssten: Die Antwort auf die Umwälzungen sei “nämlich nicht weniger sondern mehr Europa”.

Themen des Gesprächs mit dem EU-Haushaltskommissar, dem Deutschen Günther Oettinger, waren die EU-Haushaltspolitik und die bevorstehende Reform. Geplant sind Kürzungen in den großen Bereichen wie Landwirtschaft und Kohäsionspolitik. “Die EU wird ihre Haushaltsplanung neu ausrichten”, meinte Kompatscher nach dem Gespräch mit Oettinger. Wichtig für Südtirol sei, so der Landeshauptmann, “dass die Strukturfonds zur Förderung von Innovation, ländlichen Gebieten und nachhaltiger Agrar- und Ernährungswirtschaft weiterhin finanziert werden”. Positiv sieht Kompatscher die Entwicklungen im Bereich Klimaschutz und Umwelt: “Kommissar Oettinger hat angekündigt, das künftig ein Viertel der Mittel aller europäischer Programme in den Schutz des Klimas fließen.”

Auch über die jüngst vom Europäischen Parlament genehmigte Urheberrechtsreform, über die derzeit weiter kontrovers diskutiert wird, sprach Kompatscher mit Oettinger. Der EU-Kommissar hatte die Reform in seiner Zeit als für die Digitalisierung zuständiger EU-Kommissar angestoßen. Er verwies auf die Notwendigkeit, das Urheberrecht an die Erfordernisse des digitalen Zeitalters anzupassen und warnte vor einer möglichen Verwässerung der neuen Regeln der Urheberrechtsreform bei der Umsetzung in nationales Recht. Landeshauptmann Kompatscher sprach sich für den Schutz des geistigen Eigentums und für eine entsprechende staatliche Gesetzgebung im Einklang mit den europäischen Vorgaben aus.

Und noch ein Treffen stand auf Kompatschers Terminkalender in Brüssel: Mit Peter Schmidt, dem Leiter des Referats für internationale und europäische Angelegenheiten der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten, tauschte sich der Landeshauptmann über die von ihm angestoßene europäische Initiative “Auf dem Weg zu einer nachhaltigen EU-Lebensmittelpolitik, die Arbeitsplätze und Wachstum in Europas Regionen und Städten schafft” aus. Kompatscher berichtete dabei auch über Südtirols Pilotprojekt zu nachhaltigen Lebensmittelsystemen: “Wir wollen unsere kleinstrukturierte Landwirtschaft stärken und gleichzeitig der Innovation Raum geben, um die Produktionsabläufe zu verbessern und dabei die natürlichen Ressourcen zu schonen. Dazu brauchen brauchen wir Regeln, die auf europäischer Ebene geschaffen werden können, müssen aber auch unter den Konsumenten Bewusstsein schaffen, um die Kaufentscheidungen in die richtige Richtung zu lenken.”

Auch mit EU-Parlamentarier Herbert Dorfmann und dem EVP-Spitzenkandidaten Manfred Weber (CSU), den die SVP bei den Europawahlen am 26. Mai unterstützt, kam Kompatscher gestern in Brüssel zusammen. Ebenso mit dem gebürtigen Girlaner Markus Warasin, der seit über 20 Jahren in Brüssel lebt und unter anderem die EU-Institutionen in Minderheitenfragen berät. Warasin wird am morgigen Freitag (5. April) in Bozen sein. Dort findet auf Schloss Maretsch ein Bürgerdialog zu “Mein Europa. Meine Zukunft." statt. Thema des Abends sind die Europawahlen. Beginn ist um 17 Uhr.

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Christian Mair Fr., 05.04.2019 - 12:13

“Die europäischen Institutionen gehören reformiert und gestärkt. Es braucht mehr statt weniger Europa.” (A. Kompatscher)

Guten Morgen, Bozen!

Die Kollegen der EVP sitzen in den verantwortlichen Positionen. Eine solche Rhetorik benutzt eine oppositionelle Partei, nicht aber Politiker in Regierungsverantwortung. Sie sollte Ergebnisse vorweisen können

Die EU hat es aber verabsäumt Ihre Versprechen für Entwicklung für alle Regionen Europas, Demokratie, Zugang zu Bildung, Lösung derKlimaprobleme etc. einzulösen. Derzeit ist die EU nichts anderes als die Werbeplattform der Interessen von Grossbanken, Kapital, Landwirtschaftslobbyisten etc.
Auch Arno Kompatscher verwaltet hier nur Ansprüche auf Förderungen und bringt keine neuen Erkenntnisse ins Spiel. Lur der Lippenbekenntnisse zu Reformvorhaben sind Worthülsen als Wahlzuckerl für die treuen Wähler.
Auf regionaler Ebene ist an EU-Politik nur ein 3teiliger Adler auf Zügen und ein gemeinsames online Wetterportal vorzuweisen. Soll das wirklich alles sein?

Kompatscher hätte mal lieber dem Oettinger eine Rute ins Fenster gestellt und grundlegende Zusammenhänge erklären sollen:
dass der Euro nur für Deutschland funktioniert,
dass die Griechenland-Rettung eine Bankenrettung war
dass die regionale Zusammenarbeit in EVTZ, Euregio und wie Sie sonst noch alle heissen nicht funktioniert und zu "Debattierclubs" degradiert sind.

Auch die nationalen und regionalen MEdien haben einen Anteil daran, dass der Ausbruch aus dem nationalen/lokalen Interesse nicht gelingt.

Also:
Schafft salto einen salto?

So könnte das aussehen:
Mit Journalismus des 3. JAhrtausends? https://www.youtube.com/watch?v=9DKN_GRzLUY&feature=youtu.be

Zusammenhänge zwischen neoliberalem Wirtschaftssystem, Geldsystem, Währungsunion in national organisiertem Wirtschaftsraum:
https://www.yanisvaroufakis.eu/2019/03/14/der-grieche-erklart-europa-de…

Fr., 05.04.2019 - 12:13 Permalink
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Christian Mair Fr., 05.04.2019 - 14:03

"Die innovativen Ideen kommen nicht aus den etablierten Parteien" (A. Alemanno): https://www.handelsblatt.com/meinung/gastbeitraege/gastkommentar-europa…

-Europäische Republik (U. Guerot)
- green new deal (Y. Varoufakis)
- souverände EU- Versammlung mit Demokratisierungsbudget (T. Piketty)
- Neudefiniton von Geld: Komplementärwährungen als Ergänzung zum Euro (B. Lietaer- Mitbegründer des Euro- https://www.chiemgauer.info/aktuell/?tx_news_pi1%5Bnews%5D=999&tx_news_…

Fr., 05.04.2019 - 14:03 Permalink
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Karl Trojer Sa., 06.04.2019 - 17:58

Vorausgeschickt, dass ich es sinnvoll finde, wenn Landeshauptmann Kompatscher gute Kontakte zu wesentlichen Persönlichkeiten in Brüssel pflegt, möchte ich einige Überlegungen zur künftigen Europäischen Union/ Föderation darlegen:
Wie sinnvoll ist es, ein „Europa der Staaten“ gegen ein „Europa der Regionen“ auszutauschen ? Was ist eine "Region" ? Ist Südtirol, ist Südtirol-Trentino, ist die Euregio eine "Region" ? Wie kann eine solche "Region" sich gegenüber anderen großräumigeren Regionen wie Bayern, die Lombardei ecc. behaupten ? Wieviele Jahre würde eine Einigung über die Bildung der "Regionen" beanspruchen ? Wäre es nicht sinnvoller, die bestehenden, geschichtlich gewachsenen Strukturen zu nutzen und diese konsequent dem Inhalt "Subsidiarität" zu verpflichten ? Eine Föderation von Regionen würde, meines Erachtens, ein zu schwerfälliges Entscheidungsgremium sein und die dringend erforderliche Weiterentwicklung der EU für geraume Zeit verzögern.
Das Streben nach mehr Autonomie existiert naturgegeben für jede menschliche Gemeinschaft. Dieses Streben kommt auch zum Ausdruck, wenn für ein "Europa der Regionen" plädiert wird. Jedes System (und menschliche Gemeinschaften sind in diesem Sinne "Systeme") bedarf des "Inhalts" und der "Struktur". In den bestehenden Organisationen wie EU, Staat, Region ecc. sind die "Strukturen" zu dominant geworden, sie ersticken den "Inhalt" und dies erzeugt Widerwillen, Ablehnung und Angst. Die Frage ist, wie kann "Selbstbestimmung" und damit Bürgernähe verwirklicht werden ? Ich denke, dass dies vorrangig und am einfachsten durch Klärung des "Inhalts" möglich werden kann. Bei "Autonomie" versteht sich das "Recht auf Selbstentscheidung" als Inhalt. Dafür bietet sich das konsequent von unten nach oben angewandte Prinzip der Subsidiarität als Lösungsweg an: Jede Gemeinschaft, ob Gemeinde, Provinz, Region, Staat oder Europäische Union, sollte befugt sein,selbständig (autonom) über Dinge zu entscheiden, die nur sie betreffen; greift eine solche Entscheidung auch in die Rechte des Umfeldes ein, so entscheidet die nächst übergeordnete Instanz. So sollte meines Erachtens über Inhalte wie Außenpolitik, Verteidigung, Gesundheits-,.Sozial- und Finanzpolitik sowie Klimaschutz übergeordnet mittels Rahmengesetzen von der EU mit Mehrheitsbeschlüssen entschieden werden können, während z.B. Details dazu auf den entsprechenden unteren Ebenen festgelegt werden können. Konsequent betriebene Subsidiarität würde viel Bürgernähe bringen, viel Bürokratie abbauen helfen und Angst vor dem Überrumpelt-werden nehmen. Damit die weiterentwickelte EU effizient und rasch handlungsfähig wird, erscheint es mir sinnvoll eine Föderation jener europäischen Staaten anzustreben, die gewillt sind, obige Inhalte, Mehrheitsbeschlüsse in der EU-Regierung (ohne Vetorecht) und umfassende Kompetenzen für das direkt gewählte Europäische Parlament zu akzeptieren. Dabei sollte das Parlament die EU-Regierung und ihren Präsidenten wählen und die Ministerpräsidenten der Staaten sollten eine Art Senat (Bundesrat) werden. Diese weiterentwickelte EU bedarf einer eigenen Verfassung.

Sa., 06.04.2019 - 17:58 Permalink