Politik | Sonderlandtag

Nichts Neues unter der Sonne

Die Anschuldigungen sind bekannt, die Verteidigungsreden ebenfalls. Wer heute beim Sonderlandtag neue Erkenntnisse erwartet hat, wurde enttäuscht.
Sonderlandtag
Foto: Salto.bz
Ist die Regierung noch handlungsfähig? Um diese Frage ging es beim heutigen Sonderlandtag, in dem die Landesregierung aufgefordert wurde, Rede und Antwort zu stehen. Ebenfalls sollte Landeshauptmann Arno Kompatscher erklären, wie es nun nach der Entlassung von Sanitäts-Landesrat Thomas Widmann, der „sich nicht gehen lassen will“, weiter gehen bzw. wie die Regierungsumbildung aussehen soll.
Obwohl Antragsteller Sven Knoll von der Süd-Tiroler Freiheit eingangs erklärte, dass man nicht zu Gericht sitzen werde, hatte der heutige Sonderlandtag mit einer Gerichtsverhandlung wohl mehr gemein als mit einer politischen Diskussion.
 
Die Hände im Schoß gefaltet saß Landeshauptmann Arno Kompatscher in der Mitte der Angeklagten- bzw. Regierungsbank und ließ die Kritik der Oppositionspolitiker scheinbar geduldig über sich ergehen. Widmann, ebenfalls anwesend, merkte man seine Unruhe an: Die Handgestiken wechselten zwischen nervösem Fingertippen und defensivem Armverschränken.
 
„Ich habe so etwas noch nie erlebt“, konstatierte Knoll, der ein verheerendes Bild von der derzeitigen Landesregierung zeichnete. Die parteiinternen Streitigkeiten, die zu einem erheblichen Vertrauensverlust in der Südtiroler Bevölkerung führten, haben die Frage aufwerfen lassen, ob diese Landesregierung noch handlungsfähig ist. „Das ist nicht die Art der Politik, die wir unterstützen und welche die Bevölkerung gewählt hat“, so Knoll und kritisierte, dass der Landtag, welcher schließlich die Regierungsmitglieder wählt, immer wieder übergangen wird - so musste man von der Entlassung von Gesundheitslandesrat Thomas Widmann aus den Medien erfahren. Man erwarte sich deshalb seitens des Landeshauptmannes eine Klarstellung, ob diese Regierung noch handlungsfähig ist.
 

Kasperle-Theater

 
In den anschließenden Wortmeldungen überschütteten die Landtagsabgeordneten die Regierungsbank regelrecht mit Kritik. Kasperle-Theater, würdeloses Gezänk, Scheinheiligkeit, interne Kämpfe waren nur einige Aussagen, mit denen die Oppositionellen die Handlungen einiger SVP-Mandatare beschrieben haben. Die Vorwürfe mündeten in die Frage, ob und wie diese Landesregierung gedenkt, in Zukunft die Regierungsgeschäfte auszuüben. Ebenfalls wurde die Frage gestellt, wie die Inhalte des Buches „Freunde im Edelweiß“ von Christoph Franceschini und Artur Oberhofer wie ein Zündfunke ein Pulverfass in Brand setzen konnten, denn - die Inhalte waren ja seit über einem Jahr bekannt. Eine weitere Frage betraf Landesrat Thomas Widmann und die „wahren“ Gründe für die Entlassung sowie die Rolle Giuliano Vettoratos und der Lega.
 
 
 
„Ja, wir sind handlungsfähig“, betonte Landesrat Philipp Achammer, der die „unschönen Dinge, die nicht hierher gehören“ nicht rechtfertigen wollte. Die Bürger würden sich erwarten, dass man zusammen arbeitet, dafür müsse man nicht in enger Freundschaft verbunden sein, so Achammer, der betonte, dass die Arbeit der Landesregierung nicht negativ beeinflusst worden sei.
Landesrat Thomas Widmann wiederum wiederholte seine bekannten Aussagen: Er habe eine unschöne Aussage getätigt, für die er sich entschuldigt habe. Er habe Kritik an der Position von Karl Zeller, dessen Involvierungen in verschiedene PPP-Projekte sowie seine Tätigkeit als Anwalt geübt. Dafür sei er in die Schusslinie einiger Medien geraten - nichts Neues also.
 
 
 
Natürlich erklärte Landeshauptmann Arno Kompatscher: „Wir werden diesem Beschlussantrag nicht zustimmen. Wir sind handlungsfähig.“ Gleichzeitig betonte er aber, dass es ihm leid tue, wie sich die Geschehnisse entwickelt haben. Man könne inzwischen in verfielvältigter Art und Weise nachlesen, dass es eine versuchte Einflussnahme auf die Regierungsbildung gegeben habe. Dies sei jedoch verhindert worden: „Alle haben standgehalten.“ Es habe auch keinen Skandal in der Landesregierung gegeben. Zur Causa Widmann erklärte Kompatscher, dass es klar geworden sei, dass ein Vertrauensverlust da ist, bei einer allfälligen Regierungsumbildung wird selbstverständlich der Landtag involviert.
Thomas Widmann erklärte in seiner Replik, dass er sich keiner Schuld bewusst ist. So wie er eingestellt wurde, möchte er auch wieder ausscheiden - durch den Landtag. Damit ist wohl die Frage beantwortet, ob Widmann freiwillig geht.
 
Diese Regierung ist am Ende, so Knolls Fazit und erklärte Richtung Kompatscher: Man sollte wissen, wann es Zeit ist zu gehen. Der Antrag Knolls wurde jedoch abgelehnt, also dürfte Kompatscher noch über eine Mehrheit verfügen.

 

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Robert Hölzl Mo., 04.04.2022 - 17:31

Antwort auf von Günther Alois …

Es wäre nur noch zu klären, bei welchen nächsten Wahlen abgerechnet wird. Schaut man auf die vergangenen Wahlen, dann dürften es nicht die nächsten und auch nicht die übernächsten sein. Aber vielleicht danach. Wer auf die nächsten Wahlen hofft, sollte vielleicht auch die Qualität der Opposition in Betracht ziehen. Und die ist nicht gerade überwältigend; aber vielleicht ist die übernächste Generation der Opposition etwas besser. Dum spiro spero.

Mo., 04.04.2022 - 17:31 Permalink
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Dietmar Nußbaumer Mo., 04.04.2022 - 20:53

Stimme dem Robert Hölzl zu; bis jetzt hat die Opposition nicht wirklich geliefert. Allerdings sollte sich die Opposition eher bei der "alternativen Presse" ein Sprachrohr suchen, da davon auszugehen ist, dass die Oppositionswähler die Informationen nicht unbedingt bei den Athesia-Medien suchen.

Mo., 04.04.2022 - 20:53 Permalink
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Sepp.Bacher Mo., 04.04.2022 - 21:26

Antwort auf von Dietmar Nußbaumer

Die Opposition kann m.A.n. nicht liefern, den sie sitzt nicht an der Macht. Ihr Aufgabe ist es, den Mächtigen auf die Fingern zu schauen und die Macht zu kontrollieren. Sie können fast nur eine grundsätzliche Gegenposition vertreten. Aber diese ist meistens auch nicht klar. Die Opposition ist auch zu zersplittert.

Mo., 04.04.2022 - 21:26 Permalink