Politik | Brenner

Brenner – ein Fall für zwei?

EU-Kommission schließt Grenzkontrollen am Brenner explizit aus: "Schengen-System bis Ende des Jahres wieder voll normalisiert." Renzi: "Aus Österreich nur Propaganda."

Das Thema Brenner und Grenzkontrollen stand auch am heutigen Mittwoch, 4. Mai, wieder auf zahlreichen politischen Agenden, national und auf EU-Ebene. Die EU-Kommission hat fünf Mitgliedsstaaten des Schengen-Raums heute erlaubt, die von diesen Ländern bereits eingeführten Grenzkontrollen für weitere sechs Monate zu verlängern. Österreich, Deutschland, Dänemark, Schweden und Norwegen dürfen demnach ein weiteres halbes Jahr an ihren inneren Grenzen kontrollieren. Grenzkontrollen am Brenner sind jedoch ausdrücklich von dieser Genehmigung ausgenommen, wie in der offiziellen Mitteilung der EU-Kommission zu lesen steht. Über mehrere Kanäle – darunter Twitter – ließ der EU-Migrationskommissar Dimitris Avramopoulos mitteilen, dass eine Rückkehr zum Schengen-System “nur eine Frage der Zeit” sei. “Bis Jahresende wird das Schengen-System wieder voll normalisiert sein.”

Auch aus diesem Grund habe die EU-Kommission den Staaten nur erlaubt, die bestehenden Kontrollen um sechs Monate zu verlängern. Die EU-Kommission behalte die Situation bezüglich Flüchtlingsströmen im Auge und sobald es keine Gründe für Grenzkontrollen gebe, müsse der Schengen-Raum wieder voll hergestellt werden, so Avramopoulos. “Keine Elemente, die eine Schließung der Grenze zwischen Österreich und Italien rechtfertigen”, sieht EU-Kommissions-Vizepräsident Frans Timmens derzeit gegeben. In einem Interview mit La Repubblica spricht er sich klar gegen eine Grenzschließung am Brenner aus. Auch nach Ansicht von Avramopoulos werde die strittige Frage von Grenzkontrollen am Brenner bilateral zwischen Österreich und Italien gelöst.

Eine der vom EU-Migrations-Kommissar zitierten Parteien hat sich heute ebenfalls zu den angekündigten Kontrollen geäußert. Ministerpräsident Matteo Renzi hatte im italienischen Parlament Gelegenheit, im Rahmen seiner “Question Time”, einer Art Schnell-Fragestunde für die Abgeordneten, ein weiteres Mal Position zu beziehen. “Wir wünschen uns, dass Österreich den von der EU-Kommission vorgeschlagenen Ansatz respektiert”, schließlich habe die österreichische Regierung diesen bereits akzeptiert, so Renzi. “Das, was wir auf der anderen Seite des Brenners gesehen haben, ist vergleichbar mit reiner Propaganda”, meinte der Premier. Trotzdem handle es sich um eine “gefährliche Operation”, da mit der Angst gespielt werde. Die Schließung sei “poco più di una provocazione che attiene al dibattito da campagna elettorale in Austria”, sagte der Ministerpräsident wörtlich. Aber auch ein Wahlkampf dauere nicht unendlich lange. Er und seine Regierung hätten den österreichischen Kollegen klar die Risiken aufgezeigt und man sei bereit, sich unverzüglich an die EU zu wenden, wenn irgendwelche Verletzungen von Abkommen auch nur vermutet werden. “Wir haben die Absicht, eine gegenseitige Zusammenarbeit mit der österreichischen Regierung anzustreben”, verspricht Renzi.

Il Brennero è un simbolo, negli ultimi 100 anni tanti nostri connazionali sono morti a quel confine, è diventato un simbolo di amicizia e di dialogo, è diventato un luogo di comunicazione sempre più forte e consolidato.
(Matteo Renzi)

Bereits am morgigen Donnerstag koordiniert Renzi in Rom ein Gipfeltreffen zum Thema Flüchtlingskrise und der Zukunft Europas. Nach Rom geladen wurden die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel, EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker, EU-Ratspräsident Donald Tusk und der Präsident des EU-Parlaments Martin Schulz. Österreich nimmt an dem Treffen nicht teil. Nichtsdestotrotz sollen auch die Pläne der österreichischen Regierung am Brenner – ein weiteres Mal – ein Thema sein.