Umwelt | Nachhaltigkeit

Klimabotschafter Lantschner

In einem ausführlichen Interview spricht Norbert Lantschner, Begründer der KlimaHaus Südtirol, über seine international agierende Stiftung ClimAmbita, über provinzielle Kleinkariertheit, Sticheleien des Landes und seinen Antrieb, immer weiter zu machen.
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Foto: Elisa Cappellari

Von 2006 bis 2011 stand Norbert Lantschner der KlimaHaus Agentur vor. Unfein von der Landesregierung hinauskomplimentiert, gab der rührige Klimabotschafter nicht nach: Im Juni 2012 ließ er erneut von sich hören mit der Stiftung ClimAbita. Ein Jahr nach Gründung zieht Lantschner Bilanz.

Herr Lantschner, Ihre Klimareisen haben nicht ab- sondern zugenommen. Sind Sie zufrieden?

Das Jahr war sehr intensiv, wir haben zu laufen, dass wir es fast nicht dertun. Obwohl die Baubranche, die für die ClimAbita ja wesentlich ist, eine tiefe Krise erfährt. Einerseits. Aber gleichzeitig zeigt diese Krise auch ein großes Thema auf: die Energie. Und dieses Thema muss angegangen werden. Deshalb: Für die Stiftung war es der richtige Moment, um mit Energiezertifizierungen und Beratungen voll einzusteigen. Wir haben derzeit 20 Zertifizierungen in Abwicklung, im Jänner haben wir das Rubner Kompetenzzentrum in Kiens zertifiziert, kürzlich kam die WolfHaus dazu. Es ist viel passiert, mehr als wir erhofft haben.

Mit ClimAbita wenden Sie sich an Private, Techniker, Projektanten und Baufirmen. Es geht um Ihr Steckenpferd, nachhaltiges Wohnen und Bauen.

Klar ist, wir sind alle im selben Schiff, ein Gleichgewicht zwischen den Erfordernissen der Menschen und der Umwelt muss geschaffen werden. Nachhaltiges Bauen kann hier einiges anstoßen. Wir wollen dazu anregen, klüger mit Ressourcen umzugehen, auch das Thema Mobilität und die Ernährung spielen mit herein. Alles muss eingebettet sein in ein größeres Umfeld.

Wie ist die Stiftung strukturiert?

Wir sind sehr klein, haben eine schmale Struktur. Aber wir sind hochmotiviert. In ganz Italien sind 20 Mitarbeiter der Stiftung tätig, wir sind verstreut zwischen Florenz, Bologna, Padova und Venedig - der Netzgedanke ist mir wichtig. Wissenschaftliche Unterstützung kriegen wir vom Frauenhofer-Institut Italien und vom Ibo Wien (Institut für Baubiologie und Bauökologie). Ab September wird es aber in Bozen ein fixes Büro geben, wo wir unter anderem Kurse und Schulungen anbieten wollen.

Sie agieren aber auch international, beispielsweise in Argentinien. Die Kontakte der KlimaHaus Agentur kommen Ihnen zugute?

Sicherlich ist es ein Vorteil, dass ich der Vater der KlimaHaus Agentur bin, denn mit dieser Marke punktet Italien im Ausland. Die Kontakte zu Argentinien sind über das italienische Konsulat zustande gekommen. Letztendlich wesentlich ist aber die Frage, wie können wir intelligent mit der Ressource Energie umgehen. Auch Planer und Unternehmen aus Russland und Iran haben schon bei uns angeklopft, Ressourcenknappheit ist ein weltweites Thema.

Klingt nach Klientel mit einem gewissen finanziellen Background.

Ja, die Brieftasche stimmt bei diesen Klienten. Es geht um prestigeträchtige Objekte, Hotelbauten etwa mit italienischem Design – Wohnbehaglichkeit ist ein hohes Kriterium. In Ländern wie Argentinien steht der Wunsch nach einer neuen Baukultur und -qualität im Vordergrund. Unsere Chance ist es, dieses Bedürfnis mit dem Inhalt Energie zu füllen. Aber die argentinische Regierung hat auch für Socialhousing Interesse angemeldet. Größere Baukomplexe, die nach ökologischen Maßstäben verwirklicht werden sollen. Mit diesen Projekten können Zeichen gesetzt werden.

Internationale Anerkennung also für Sie und Ihre Stiftung?

Wir werden als sehr kompetente Partner wahrgenommen, das war von Anfang an so. Nachdem ich die KlimaHaus Agentur verlassen hatte, gab es viel Solidarität außerhalb von Südtirol. Politiker, Unternehmer, Wissenschaftler, Planer, die mich ja eigentlich nicht wirklich kennen, haben ihr Bedauern ausgedrückt, über die Entwicklung der KlimaHaus Agentur. In Südtirol selbst gab es zwar viele, die hinter vorgehaltener Hand gesagt haben, es ist eine Sauerei, was da passiert ist, aber öffentlich etwas zu sagen, das haben sich die wenigsten getraut.

Die allseits bekannte Abhängigkeit der Südtiroler von „ihrem Land“?

Ja, das merke ich eindeutig. Viele Menschen haben Angst in diesem Land vor Repressalien, davor ihren Job zu verlieren, wenn sie was sagen oder tun. Wenn wir schon von Erneuerung in Südtirol sprechen wollen, müssen wir da auch hinschauen. Südtirol hätte im Bereich Wohnen und Bauen die besten Karten. Südtirol hat Top Produkte, super Handwerker....

Aber...

Wirtschaft und öffentliche Einrichtungen, die folgen einem anderen Rhythmus. Bei der Agentur war das irgendwann eine Zerreißprobe. Es war schwierig...ein unteres Mittelmaß, diese Kleinkariertheit der leitenden Beamten. Mit der Einstellung, die eine öffentliche Verwaltung hat - die ich menschlich auch verstehe, war es irgendwann fast nicht mehr möglich, neue Initiativen voranzutreiben, neue Märkte zu bearbeiten. Das Thema „Klima“ ist der KlimaHaus Agentur abhanden gekommen.

Der Strom hat dazwischengefunkt?

Die Zuspitzung in der KlimaHaus Agentur mit dem neuen Verwaltungsrat fiel ja mit dieser kriminellen Stromgeschichte zusammen. Laimer war einfach nicht bei der Sache, er war in das Thema Strom involviert. Wo man ihn gebraucht hätte, da war er nicht präsent. Heute ist die Agentur ein weiteres Landesamt. Das tut schon weh, dass dieses Projekt seine Leuchtkraft verloren hat. Es war ja mein Kind, ein Teil meiner Lebenszeit und es war immer eine Berufung für mich in diesem Bereich tätig sein.

Der Berufung sind Sie ja treu geblieben.

Das kann man so sagen, ja. Nach 35 Jahren im öffentlichen Dienst war diese Kündigung für mich trotz allem ein Sprung ins kalte Wasser. Es war nicht einfach, aber es war der richtige Weg. Ich bin froh, dass ich mich nicht hab erpressen lassen von dieser politischen Mannschaft. Mittlerweile hab ich ein nationales Netzwerk aufgebaut und sogar heute noch versuchen sie mit allen Mitteln mir Prügel in den Weg zu legen, immer wieder zu sticheln. Das hört nicht auf. Aber ich mach weiter, lass mich nicht beirren. Dass wir mit der Stiftung als Non-profit Organisation agieren, das hat uns viele Wege geöffnet - auch in Rom. Wir sind hochmotiviert und im Mittelpunkt steht das Thema Klima. Keine Seilschaften, keine internen Machenschaften, es geht uns allen um die Sache: nachhaltig unabhängiger im Energiebereich zu werden.