Wirtschaft | Bilanzfälschungen

Kontrollversagen

Zwei Insolvenzen (Wirecard, Commerzialbank) mit erstaunlichen Parallelen: Bilanzfälschungen, die bei der Prüfung nicht aufgedeckt wurden
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Bei beiden Fällen hatten jahrelang die gleichen Bilanzprüfunternehmen die Bilanzen testiert. Bei der Commerzialbank, einer burgenländischen Regionalbank, sind inzwischen weitere Details bekanntgeworden. So hatte 2015 dort die Finanzmarktaufsicht (FMA) eine Sonderprüfung aufgrund von Hinweisen durch einen Whistleblower durchgeführt und dabei festgestellt, dass die Bilanzprüfer vorschriftswidrig es unterlassen hatten, die angeblichen Guthaben zu verifizieren und sich stattdessen mit gefälschten Belegen abspeisen ließen. Die FMA entzog daher diesen Bilanzprüfern auf 5 Jahre die Prüfberechtigung und zeigte den Missstand bei der Staatsanwaltschaft Eisenstadt  an, die jedoch keine weiteren Ermittlungen anstellte und dies mit fehlendem Anfangsverdacht begründete. Das Prüfunternehmen beauftragte in den Folgejahren andere Prüfer, die jedoch ebenfalls vorschriftswidrig die angeblichen Guthaben nicht recherchierten. Aufgrund einer umfangreichen Darstellung eines anonymen Hinweisgebers führte die FMA heuer eine erneute Sonderprüfung durch, die schließlich die Bilanzfälschung auffliegen ließ und die Insolvenz zur Folge hatte - Schadensausmaß über eine halbe Milliarde €.

Als unmittelbare Lehre liegt nahe, dass Bilanzprüfungen vom gleichen Unternehmen höchstens zwei Jahre in unmittelbarer Folge erlaubt sein sollen, um einer zu engen gegenseitigen Abhängigkeit vorzubeugen. Bei den Sicherheitsaudits in der Firma war überhaupt ein jährlicher Wechsel bei den internen Audits gängige Praxis und bei den Audits durch andere Standorte des Konzerns, die im Dreijahresrhythmus erfolgten, kamen immer andere Auditoren. Die fehlende Verifizierung der Guthaben scheint auch auf Schwierigkeiten hinzudeuten, eine Konteneinsicht zu erlangen, wenn der Konteninhaber das vermeiden will.Das ist ein weiterer Punkt neben Geldwäsche und Steuerhinterziehung, warum eine Kontentransparenz angebracht ist. Vielleicht könnte ein europäisches Bürgerbegehren Druck in diese Richtung machen.

Ich könnte mir für eine solche Kontentransparenz folgende Regelung vorstellen: Unterteilung in drei Kategorien ( 1 000 000 €), bis 100 000 € nur Auflistung von Namen und allfälliger Vermerk über Inhaberschaft weiterer Konten, darüberhinaus auch Auskunftspflicht des kontoführenden Instituts gegenüber Prüforganen der Bilanzprüfung über den genauen Betrag; über 1 Million auch Hinterlegung des Nachweises der Eigentümeridentität durch das kontoführende Institut und Meldung aller Kontobewegungen über 100 000 €, darunter von Konten aus Ländern ohne Kontentransparenz. Verwaltet sollte das staatlicherseits von der Justiz (etwa Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft) werden, damit bei allfälligen internationalen Kriminalitätsfällen gleich direkte Kooperation mit den Justizbehörden anderer Länder in Gang gesetzt werden kann.