Kultur | Salto Afternoon

Der Wiederholungstäter

“Transart” lädt erneut den Schweizer Künstler Roman Signer zum Festival. Was der gelernte Kajakfahrer dieses Mal wohl vorhat?
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Foto: Martina Kreuzer

„Ich gehe natürlich auf die Landschaft ein. Mich interessiert in dieser Landschaft etwas zu machen, nicht im Stadtraum“, kommentiert Roman Signer seinen Lokalaugenschein am Ritten Ende August. Bereits zum dritten Mal hat ihn das zeitgenössische Kunst- und Kulturfestival Transart nach Südtirol geladen. Mit spektakulären Aktionen bespielte der ruhige Schweizer 2014 den Vernagter Stausee im Schnalstal und ließ 2017 im Pustertal eine Lawine aus blauen Fässern vom Stadeldach zu Boden donnern. „Es ist nötig, dass man eine Explosion macht, um so etwas auszulösen. Wir haben Seile gespannt, die musste man alle durchtrennen. Alle gleichzeitig. Das kann man mit einer Sprengung sehr gut machen“, erinnert sich Signer.

Dachlawine und Kreissprengung 2017: Die Natur ist das Atelier des Schweizer Künstlers Roman Signers. Die vier Elemente – Feuer, Wasser, Erde, Luft – nutzt er seit Beginn seines künstlerischen Schaffens als zentrale Werkstoffe, ergänzt durch den Faktor Zeit. Seine Werke sind nicht für die Ewigkeit gedacht, seine Kunst allerdings schon. So flüchtig Signers Installationen meist sind, so spektakulär sind sie: Sie rennen davon, laufen aus, spucken Feuer oder explodieren.


Seine Kindheit und Jugend verbrachte der 1938 geborene Signer in Appenzell (CH). 1969 trat er in die Schule für Gestaltung in Luzern ein, wo er lediglich anderthalb Jahre blieb, da er die Ausbildung aus finanziellen Mitteln abbrechen musste. Daraufhin arbeitete er als Zeichner in Zürich und beschloss einige Monate später an einem geförderten Programm für einen Studentenaufenthalt in Polen teilzunehmen. Dort lernt er nicht nur seine Frau Aleksandra – bei einem Holzbildhauerlager – kennen, sondern nutzte unter anderem auch seine Erfahrung als Kajakfahrer. Er kaufte sich ein Schlauchboot und fuhr von Zakopane nach Warschau. 

Schauen wir mal, ob es in der Erde stehen bleibt, ob es umfällt, oder ob es zersplittert. Ich weiß es nicht. Es ist ein Versuch.

Mit einer Kajak-Performance wird Signer seine frühen Bootserlebnisse 2020 am Ritten auf eine ganz andere Art und Weise auffrischen: „Da wird ein Kajak abgeworfen, ein Wildwasserboot“, erzählt er besonnen, „es wird vorher in einer Betonfabrik mit Beton gefüllt, der Hubschrauber bringt es auf die Wiese, hebt es hoch, etwa 10 Meter. Und lässt es fallen. Schauen wir mal, ob es in der Erde stehen bleibt, ob es umfällt, oder ob es zersplittert. Ich weiß es nicht. Es ist ein Versuch.“ 
Signer liebt das Ausprobieren und Experimentieren. Die Versuche des international bekannten Künstlers sind eine beständige Suche den genauen Berechnungen und Zeichnungen seiner angedachten Experimente künstlerisch nachzuspüren. 


In einer zweiten für Transart 2020 erdachten Arbeit wird ein Hubschrauber acht Fahnenstangen anfliegen und die daran befestigten weißen Flaggen zum Flattern bringen. In einer dritten Arbeit versucht Signer – erneut durch den von einem Hubschrauber ausgelösten Luftdruck – speziell konstruierte und in die Landschaft gestellte große Holzplatten umzuwerfen.
In einer weiteren Arbeit wird der "Wiederholungstäter" wiederum auf blaue Fässer zurückkommen: „Die vierte Arbeit ist auf einem Plafond, einer Bühne“, verrät er, „da liegen vier Fässer drauf, der Hubschrauber kommt – sehr hoch –, fliegt dann immer tiefer und bläst sie weg. Die rollen dann fort. Das ist alles.“