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Von Enten und Menschen

Martin Troger kannte man im Duo neutro und aus Anthologien. Im Erstling „Ein Einzelzimmer bitte“ stehen nun unterschwellige Emotionen über oberflächlichen Handlungen.
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Foto: Privat
Loslösen will sich Troger nicht von Zweierkonstellationen, trägt der bei Raetia, in SAAV-Erstlings-Program "ZOOM.ED" erschienene Band als Untertitel und Beschreibung doch „Paargeschichten“. Auch bei der Widmung „für Anna“ wäre es naheliegend an Anna Neuwirth zu denken: Die Niederösterreicherin ist die andere Hälfte von „neutro“. Die Kurzprosa-Sammlung bleibt allerdings konsequent bei Vornamen oder bei „er“ und „sie“. In knappen, präzisen Sätzen und oft auch im erzählerischem Präsens begegnen wir Figuren die wechselnd opak und so undurchdringlich wie der Geist einer Ente für uns sind, oder so transparent, dass man als Außenstehender Denkmuster der Figuren erkennt, derer sie sich selbst im Moment nicht bewusst scheinen.
Vorwiegend nüchterne Sprache bietet dabei wenig Platz für eine Wertung, wir sehen zu, werten selbst, wenn wir wollen. Neben der Betrachtung von Menschen ist das Bild einer im Schilf versteckten Ente ein wiederkehrendes Motiv und auch andere Tiere, etwa im Zoo werden in den Paargeschichten mit ein, zwei längeren Blicken bedacht. Der Reiz der Geschichten ist dabei nicht unmittelbar und es dauert beim Lesen einen einige Seiten langen Moment, bis man die schlichte Sprache zu schätzen weiß, als eine Reduktion auf klare Bilder im Äußerlichen, welche  den psychologischen Interessen des Autors Raum lässt. Es ist dabei nicht immer tiefgründig oder romantisch, was in diesem psychologischen Schreiben herausgearbeitet wird, es bleiben, zum Teil wohl auch gewollte, Leerstellen. Insbesondere zum offenen Ende hat Troger eine, wenn man so will, Liebesbeziehung aufgebaut, er lässt die Figuren selten zu so einem glatten Ende stehen wie etwa den doch an Columbo erinnernden Polizeiinspektor Eberer, der in Pension gehen darf. Wenngleich dieser sich bewusst ist, dass hier nur seine Arbeit endet, ist das doch mehr als die meisten erhalten.
Öfters ist es eine Handlung wie das Öffnen einer Brieftasche, das Warten auf eine Antwort oder das Auseinandergehen einer Konstellation, welches eine Geschichte - passender wär vielleicht der Begriff Miniaturen - beendet. In diesem Ende sucht Troger ein Fortleben seiner Figuren zu schaffen, die selten so detailliert beschrieben werden, als dass sie in der Fantasie des Lesers schon ein Eigenleben hätten. Was mehr Raum für Imagination für den einen bietet, sind für den anderen vielleicht bloß aufs wesentliche reduzierte Wesen.
Manchmal mit Romantik zwischen den Zeilen, öfters mit großer Nüchternheit präsentiert uns der Autor Paare und Beziehungen, welche uns daran erinnern, dass diese Begriffe in unseren Köpfen häufig auf ein klassisches Model verengt werden und wir in Kategorien denken: Liebe, Er und Sie, Happy Endings. Zwischenmenschliche (oder auch Mensch-Tier Beziehungen) sind selten so einfach und selten abgeschlossen, sondern in stetiger Entwicklung begriffen. Oder es sind keine Beziehungen mehr.
Mit „Ein Einzelzimmer bitte“ sind Beobachtungen mit sprödem Charme vorliegend, der sicherlich nicht jedermanns, oder -fraus, Sache ist, aber doch Interesse an einer unangepassten jungen Stimme der Südtiroler Literaturszene weckt.