Umwelt | Verkehr

„Wir brauchen keine Gipfelhupfereien“

Die einen sagen ihm vorab ein Scheitern voraus, Fritz Gurgiser findet ihn gar überflüssig: Der heutige Verkehrsgipfel in München lässt sich wenig vielversprechend an.

Um 17 Uhr soll es losgehen und schon der Veranstaltungsort verheißt für Transitgegner wenig Gutes: Im Haus der Bayerischen Wirtschaft treffen sich am Montag bereits das zweite Mal in diesem jungen Jahr Verkehrsminister und weitere Regierungsvertreter aus Österreich, Italien und Deutschland, um auf einem Verkehrsgipfel die Transitproblematik auf der Brennerachse anzugehen. Wie wenig die Bayern dabei von einigen Lösungen halten, auf sich die Euregio-Länder erst Mitte Jänner auf dem Brenner-Gipfel im Bozner NOI eingeschworen haben, ist keine Neuigkeit. Kurz vor dem Gipfel schmetterte die bayerische Transportwirtschaft aber noch einmal entschieden gegen die geplante Korridormaut auf der Brennerachse: „Das ist eine einseitige Belastung unserer Grenzregion und nicht hinnehmbar“, erklärte die Rosenheimer CSU-Bundestagsabgeordnete Daniela Ludwig als Sprecherin der CSU-Kommission für Infrastruktur und Mobilität, einer (selbsterklärt) parteiunabhängigen Kommission, in der Politiker der CSU, Vertreter von Behörden, aber auch der Verbände der Spediteure und der Transportwirtschaft, der Handels- und Handwerkskammer und großer Player wie der Deutschen Bahn oder der Flughafen München GmbH sitzen. Sie sprechen sich weiterhin energisch gegen Maßnahmen wie die Tiroler Blockabfertigung aus – und forderten einen Runden Tisch mit alle Beteiligten. „Bayerns regierende CSU torpediert Transit-Gipfel“, schrieb die Tiroler Tageszeitung den Gipfel nach solchen Erklärungen schon im voraus ab.

Südtirols Grüne hofften dagegen zu diesem Zeitpunkt noch darauf, dass die Minister, Landeschefs und zuständigen Verkehrs- und Umweltlandesrätinnen auf dem Münchner Gipfel den Ernst der Lage in der alpenquerenden Transitfrage erkannt haben. „Verkehrspolitik ist längst eine Überlebensfrage“, schreiben sie angesichts von 2,25 Millionen Transit-LKW am Brenner und der damit verbundenen anhaltenden Grenzwertüberschreitungen entlang der Brennerautobahn, die vor allem bei Stickstoffdioxid beunruhigende Ausmaße angenommen habe. Und zwar seit mindestens 13 Jahren. Spätestens seit 2010 wäre die Einhaltung des Grenzwerts von 40 Mikrogramm/Kubikmeter von Brüssel als Pflicht vorgegeben. Dennoch wurde im vergangenen Monat bei Brixen ein Mittelwert von 82 und in Neumarkt von 84 Mikrogramm gemessen. „Der Verkehrsgipfel in München gewänne einen Funken Glaubwürdigkeit, wenn er eine sofort wirksame Maßnahme gegen diese seit 13 Jahren anhaltende Vergiftung der Menschen an den Autobahnen mit Krankheit und Todesfolge setzen würde“, so die Grünen. „Auch die Glaubwürdigkeit der PD-Kandidatin Boschi, die an diesem Autobahnabschnitt kandidiert, stiege deutlich, wenn sie für entsprechende Verkehrsbegrenzungen bei der Regierung eintreten würde.“

"Aufruf zum Amtsmissbrauch"

„Wir brauchen keine inszenierten Gipfelhupfereien, mit denen nun davon abgelenkt wird, dass die Politik die Behörden davon abhält, bestehende Gesetze umzusetzen“, wettert dagegen Fritz Gurgiser. Alles, worum nun in München gefeilscht wird, ist laut dem Chef des Transitforums Austria längst in Gesetzen und Vereinbarungen festgemacht – von europäischen Richtlinien wie der Wegekostenrichtlinie über die Alpenkonvention bis hin zu nationalen Bestimmungen. 

Ist das Euregio-Papier also kein konkreter Fortschritt für seine jahrelangen Bemühungen, endlich Bewegung in die Sache zu bringen. „Das ist ja alles ganz liab – aber solche Papiere gibt es wie Sand am Meer“, kontert Gurgiser. Eine Korridormaut sei auch schon Teil einer  gemeinsamen Absichtserklärung mit 50 Maßnahmen gewesen, die im Mai 2009 von Günther Platter oder Luis Durnwalder in Rom unterzeichnet worden war. „Die Tragik ist aber, dass keine dieser 50 Maßnahmen umgesetzt wurde“, sagt der Chef des Transitforums. 

Rechtlich ist alles da, nun braucht es endlich die politische Umsetzung, fordert Gurgiser. Auch an die Adresse der bayerischen Wirtschaft, deren Interessen längst gehört worden seien, wie Gurgiser die bayerischen Forderungen nach mehr Mitsprache kommentiert. "Die Interessen der Wirtschaft wurden im Europarecht längst eingearbeitet", sagt er.  Wenn nun dennoch gegen Maßnahmen  opponiert werde, die von den Behörden aufgrund von Gesetzen und zum Schutz der Gesundheit ergriffen werden müssen, sei dies „nichts anderes als ein Aufruf zum Amtsmissbrauch“, sagt Fritz Gurgiser. Und das aus  einem Land, das seit 2004 alles schuldig geblieben ist, zu dem es sich in Sachen Verkehrseinschränkung und Verlagerung auf die Schiene verpflichtet habe.