Gesellschaft | Brainstorming

Wörter, die auf -and enden

Muss ich mir Sorgen machen? Brainstorming im großen Stil.
Hinweis: Dieser Artikel ist ein Beitrag der Community und spiegelt nicht notwendigerweise die Meinung der SALTO-Redaktion wider.

Wörter, die auf -and enden.

In Zeiten, in denen uns Covid zur unfreiwilligen Passivität verbannt und das sonst von uns so gern als Auszeit wahrgenommene "chillen" auf dem Sofa plötzlich, da erzwungen, als Strafe empfunden wird, wird das Smartphone mehr und mehr Teil unseres Lebens. Und somit ist es nicht verwunderlich dass auch wir uns, beim scrollen durch die, inzwischen teils bereits als Apps installierten Onlinepräsenzen der Printmedien, vermehrt unbewusst manipulieren, oder uns in unseren längst gefassten Meinungen und Vorurteilen um einiges einfacher bestärken lassen.

Dies umso leichter, da der persönliche Meinungsaustausch und die kritische Diskussion in der Runde mit Freunden praktisch auf 0 dezimiert wurde. Auch ich scrolle mich mit mich selbst beängstigender Frequenz, auf dem Sofa liegend und die sonnenbeschienenen, leider unerreichbaren Bergspitzen im Blick, durch die verschiedenen Nachrichtenportale, STOL, die Tageszeitung, la Repubblica, die Zeit, den Spiegel, die Sueddeutsche und die NYT.

Als wir in Italien schon längst mit eingeschränkter Bewegungsfreiheit zu leben hatten, wurde bei unseren nördlichen Nachbarn quer durch die Medien die Frage nach der Verhältnismäßigkeit einschränkender Maßnahmen und deren Gefahr auf unsere Grundrechte, beziehungsweise deren zeitweise Aussetzung oder Wiederherstellung, sowie die Gefahr das Ausnützen ebendieser Situation durch Populisten diskutiert.

Ich persönlich sah von den uns auferlegten Einschränkungen auf Grund ihrer Verhältnismäßigkeit keine Gefahr ausgehend, zumal ich Vertrauen in das Krisenmanagement von Herrn Kompatscher habe, den ich als einen vernünftig denkenden und mit Bedacht handelnden Landeshauptmann einschätze, der, ähnlich einem Kapitän, sein Schiff auf gerader Linie, ohne viele Richtungsänderungen, durch den Sturm zum Ziel führen wird.

Doch vielleicht erging es mir ähnlich wie in dem kleinen Gedicht von Pfarrer Niemöller, denn langsam begann ich auch hier im Land von "arroganter Präpotenz der Streitkräfte bei Kontrollen" sowie einer "Denunziationskultur zu lesen.

Obwohl ich von Beidem, dort wo ich lebe, noch nicht tangiert worden bin, stelle ich mir, und aus bereits erwähnten Gründen, praktisch nur mir, die Frage:

"Muss ich mir Sorgen machen ?"

Nein, habe ich für mich beschlossen, den ich habe Vertrauen in Herrn Kompatscher.

Ich sehe, dass er bemüht ist, bürger- und zeitnah selbst kleinere, sich aus der Umsetzung der mannigfachen Dekrete auftretende Probleme zu lösen, wie zum Beispiel die Regelung des Verkaufs von Schreibmaterial in Lebensmittelgeschäften.

Ein Kapitän muss nicht laut und unbeugsam sein, das Laute und das Poltern überlasse ich den Populisten.

Ein Kapitän lernt aus schwierigen und unerwarteten Situationen, die es zu bewältigen gilt.

Somit sollte ich die Entscheidungen dem Mann am Ruder überlassen und die zwangsverordnete Pause für etwas Konstruktives nutzen.

Und dies besteht sicherlich nicht darin, Medien zu folgen, die in ihrer Form der Berichterstattung bereits lange vor der Krise mit dem dem Land Südtirol aufgedrückten "Saubermann-Image" eine Plattform für Denunziationskultur boten,wenn wieder einmal jemand mit einigen Gramm Cannabis "herausgefischt " wurde oder ein armer Teufel mit 0,2 Promille "mit eindeutigen Zeichen von Trunkenheit ?!" - das entspräche einem halben Glas Bier, den Carabinierei " ins Netz geht ", oder gar beim Fahren mit abgelaufenem Führerschein "von den Ordnungshütern", alleine dieses Wort !, "ertappt wurde ".

Denn mit jedem "Click" auf ebendiese Quellen trage ich indirekt zu derem Erfolg bei.

Nein, wir sollten die Zeit mit Wichtigem nutzen, uns die Frage stellen, wie wollen wir weiterleben, was sollte sich ändern und wie können wir selbst dazu beitragen, dass sich etwas ändert.

Gerne werden heutzutage von der Politik sogenannte "Experten", selbsternannte, teuer zu bezahlende, teils auch tatsächlich kompetente, zur Hilfe bei der Entscheidungsfindung sowie zur Abwälzung von Verantwortlichkeiten, herangezogen.

Sind wir Einwohner Südtirols, die wir die Lebensumstände quer durch alle Bevölkerungsschichten doch am Besten kennen sollten, in den uns betreffenden Fragen nicht ebenfalls gute " Experten " ?

Was wollen wir persönlich, was sollte sich ändern ?

Dazu bräuchte es eine von der Politik zur Verfügung gestellte Plattform für Vorschläge und Ideen beispielsweise zu den Bereichen Wirtschaft, Konsum, Tourismus und Verkehr, Soziales und Umwelt.

Eine Plattform für Ideen der Südtiroler, aus denen vernünftige, realisierbare, oder oftmals erwähnte Vorschläge als Anregung von der Politik aufgenommen und zum Diskurs gestellt werden.

Brainstorming im ganz großen Stil.

Brainstorming für eine ganze Provinz.

Und vorab für uns selbst, sozusagen um die Vorauswahl zu erleichtern, eine Tabelle als Anregung mit drei Spalten:

Miteinand, Menschenverstand und Anstand.

Wörter, die auf -and enden.

Was spricht dagegen, überschüssige Eier vom Bauern und selbst angebaute Salate wieder im Dorfladen kaufen zu dürfen, statt sie von weither in die Supermärkte karren zu lassen ? Ist es Grund genug, dass vielleicht einmal ein Ei zu Bauchweh führt, dies nicht zu dürfen ? In wie weit ist diese Krise auch eine Form der Globalisierung ?

Zeugt es von gesundem Menschenverstand, Bauernmärkte, die unter freiem Himmel mit genügen Sicherheitsabstand abgehalten werden, zur Polemik werden zu lassen ?

Und zeugt es von Anstand, den Nachbarn zu denunzieren, dem auf engem Raum in einem Kondominium ohne Balkon die Decke auf den Kopf fällt, auch weil er nicht weiß, wie es finanziell weitergehen soll ? Oder den Snowboarder auf einer leeren Piste ? Greift das Argument, "wenn das alle tun", den bereits dann, wenn ich selbst etwas nicht "tue", sind es bereits nicht mehr "Alle".

Und hier, zum Schluß meines Beitrages, würde ich noch gerne auf das kleine Büchlein über den Anstand von Axel Hacke sowie auf den grandiosen Film " Fegefeuer der Eitelkeiten " mit Morgan Freeman in der Rolle des Richters verweisen, aus denen ich für mich interessante Aspekte zum Thema Anstand entnommen habe, auch wenn ich mich selbst leider nicht immer zu einem anständigen Menschen zähle. Aber ich bemühe mich.

Denn das sollte mit das Wichtigste sein, was wir uns in Zeiten der Krise bewahren und für die Zeiten danach als Vorsatz nehmen sollten:

Lasst uns anständig bleiben.

Und wenn sich die Exekutive ebenso wie die Medien und die Einwohner dieses Landes sich dies zur Maxime machen könnten, würde uns das allen beim Bewältigen dieser schweren Zeit sehr helfen.

Anstand, Miteinand und Menschenverstand. Drei Worte, die auf -and enden.