Giuseppe Conte
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Politik | M5S-Turbulenzen

Conte übernimmt Vorsitz der Fünf-Sterne

Ex-Premier wandelt sich zum Parteichef

Giuseppe Conte soll den Vorsitz der Fünf-Sterne-Bewegung übernehmen - jener politischen Kraft, die ihn als Quereinsteiger 2018 zum Regierungschef befördert hatte. Nach dem Sturz seines Kabinetts im Jänner begnügt sich Conte nicht mit einer Rückkehr auf den Lehrstuhl für Privatrecht an der Universität Florenz. Er soll jetzt zum Vorsitzenden der Fünf Sterne aufrücken, in ein Amt, das es bisher nicht gab. Dazu soll das Statut geändert und neben dem fünfköpfigen Führungsgremium auch der Posten eines Präsidenten eingeführt werden. Das hört sich einfach an - ist es aber nicht. Denn in der Fünf-Sterne-Bewegung sind seit Monaten interne Flügelkämpfe im Gang. Bisher unbestrittene Regeln - etwa die Obergrenze von zwei Mandaten - werden in Frage gestellt. Das kann kaum verwundern. Denn bleibt diese Regel aufrecht, müsste auch ein grosser Teil der bisherigen Führungskräfte den Hut nehmen - von Luigi Du Maio über Roberto Fico bis zu Vito Crimi und Alfonso Bonafede. Ausserdem fördert diese Regel den Parteiwechsel, der im M5S so häufig vorkommt wie bei keiner anderen Partei. 34 Senatoren und 57 Abgeordneten sind in andere Fraktionen abgewandert - ein schmerzhafter Verlust von fast 100 Parlamentariern, der mit erhebichen finanziellen Einbussen verbunden ist.

Was für den Mitbegründer Beppe Grillo einen pilastro irrinunciabile del movimento darstellt, ist für andere eine überholte Regelung. Giuseppe Conte etwa will dem Drängen von fast 100 Parlamentariern teilweise entgegenkommen - etwa mit einer „misura salva-meritevoli“. Die Mitglieder - so ein Vorschlag - könnten auf der digitalen Rousseau-Plattform darüber entscheiden, wem eine erneute Kandidatur zugestanden werden soll. Streit ist vorprogrammiert - auch weil der Zugang zu Rousseau nach den internen Zwistigkeiten zwischen Grillo und Davide Casaleggio vorerst versperrt bleibt: „Saldino prima i debiti“ - der Sohn des Mitbegründers fordert ultimativ die Begleichung der Schulden von 45.000 Euro. Viele Parlamentarier wiederum fordern den Bruch mit Casaleggio.

Einzelinitiativen machen die Angelegenheit noch komplizierter. So haben die ehemaligen Staatssekretäre Carlo Sibilia und Dalila Nesci die Bezeichnung „Italia mia 2050“ registriert - zum Missfallen Contes und Grillos. Sibilia: „Noi siamo pronti. Conte non può fare a meno di coinvolgerci. Se vuole ascoltarci bene - altrimenti sappia che noi abbiamo 50 parlamentari e possiamo arrivare facilmente a 100“. Auch die von Grillo vorgeschlagene „Amnestie“ für die Ausgeschlossenen stößt auf Widerspruch: „Non possiamo farli rientrare senza un pieno ravvedimento sul Governo Draghi.“ Es wird befürchtet, dass einige der Ausgeschlossenen wie Nicola Morra und Barbara Lezzi nun für das fünfköpfige Führungsgremium der Bewegung kandidieren könnten. Dazu kommt, dass einige der letzthin Ausgeschlossenen die Massnahme vor Gericht anfechten wollen, darunter die Abgeordnete Yana Ehm: "Sono scossa. Ho deciso il ricorso." Mittlerweile wächst der Druck auf Grillo, die Mandatsbegrenzung zu lockern. Paola Taverna: "Altrimenti si troverà l'inferno al posto di un partito." Für Grillo und Conte alles andere als eine beneidenswerte Situation. Nach Meinungsumfragen könnte Contes M5S bis zu 22 Prozent der Stimmen erhalten. Dazu müssten die internen Streitigkeiten endlich beigelegt werden - vor allem jene ums Geld. Nach einem Vorschlag Contes soll jeder Parlamenatrier in Zukunft monatlich 3000 Euro abgeben - 1000 für die Kosten der Bewegung und 2000 als restituzione für unterstützenswerte Projekte.