Umwelt | Protest

„Den Mensch in den Mittelpunkt stellen“

40 Südtiroler Umweltvereine wollen heute mit einem Lichterumzug in Bozen Druck auf die Landespolitik machen. Andreas Riedl über die Aktion und die Hintergründe.
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Foto: upi
Salto.bz: Herr Riedl, muss man im Jahr 2018 für „saubere Luft, sauberes Wasser und ein gesundes Land“ wirklich noch auf die Straße gehen?
 
Andreas Riedl: Ich glaube, dass mittlerweile diese Dinge nicht mehr so selbstverständlich sind. Wir haben uns in den vergangenen Monaten mit einigen Organisationen ausgetauscht und dabei war man sich einig, jetzt im Vorfeld der Landtagswahlen bestimmte Themen bewusst wieder an die Öffentlichkeit zu bringen. Themen, die in den vergangenen fünf Jahren wichtig waren und auch in den kommenden fünf Jahren wichtig sein werden. Dabei stand im Raum die klassische Umfrage bei den Landtagskandidaten zu machen, also den Kandidaten einen Fragebogen zuzuschicken und dann die Antworten zu publizieren. Wir haben uns dann dafür entschieden fehlende Themen in den öffentlichen Raum zu tragen. Mit einen Lichtermarsch.
 
Lichterumzüge werden meistens als ultimatives Alarmzeichen verstanden. Ist das wirklich die richtige Methode?
 
Das wird sich heute Abend zeigen. Man wird sehen wie diese Aktion ankommt. Wir haben diese Veranstaltung in sehr kurzer Zeit organisiert. Dabei haben über 30 Vereine, Verbände und Organisationen sofort zugesagt. In den vergangenen Tagen sind noch einige dazugekommen, sodass es inzwischen über 40 Organisationen sind. Das hat uns sehr positiv überrascht. 
Wir haben uns dafür entschieden fehlende Themen in den öffentlichen Raum zu tragen. Mit einen Lichtermarsch.
Was fordern die Träger dieses Lichterumzuges?
 
Wir fordern ganz einfach ein „Gsundes Land für gsunde Leit“. Das Thema ist dabei bewusst sehr weit gehalten. Das können die Stickoxyde sein, das kann der Flugplatz sein, das Raumordnungsgesetz, die Pestizide, das kann der ausufernde Verkehr sein oder der Overtourism. Es fallen viele Themen da hinein. Der roten Faden dabei ist klar: In all diesen Bereichen muss bei Entscheidungen wieder der Mensch in den Mittelpunkt gerückt werden. Der Mensch muss wieder der Planungsmaßstab werden. Die Politik soll sich nicht hinter irgendwelchen bürokratischen Vorgaben oder Statistiken verstecken können....
 
Sie sagen es braucht lokale, pragmatische Lösungen?
 
Ja. Wenn es ein Problem mit Pestiziden gibt, wenn sie auf Kinderspielplätzen nachgewiesen werden, dann muss man dort ansetzen und das ändern. Wenn die Politik eine Volksbefragung zum Flugplatz macht, dann soll man nicht drei Jahre lang herum lavieren, sondern das Ergebnis annehmen, wie es im Juni 2015 von der Südtiroler Bevölkerung entschieden wurde. Die Politiker brauchen sich nicht zu wundern, wenn die Politikverdrossenheit weiter anwächst. Hier gibt es eine klare Bringschuld der Politik vorhanden.
In all diesen Bereichen muss bei Entscheidungen wieder der Mensch in den Mittelpunkt gerückt werden. Der Mensch muss wieder der Planungsmaßstab werden.
Mit dem Marsch will man mitten im Wahlkampf Druck auf die Politik machen?
 
Ganz genau. Es gibt einzelne Themen, die man hochspielt. Zum Beispiel, Wolf und Bär. Wir wollen unsere Themen offen transportieren und platzieren. Deshalb haben wir als Endpunkt des Marsches auch bewusst den Silvius-Magnago-Platz, spricht den Landhausplatz gewählt. 

 
Wenn am Ende nur ein Häufchen aufrechter Ökoaktivisten mitmarschieren wird, könnte die Aktion aber leicht zum Reinfall werden?
 
Auch wenn nur 50 Menschen erscheinen, dann zahlt es sich aus. In Südtirol tut man sich auch aufgrund unseres Wohlstandes manchmal schwer für Anliegen auf die Straße zu gehen. Veranstaltungen gegen etwas sind nicht beliebt. Deshalb sind wir nicht gegen etwas, sondern für ein gesundes Land. Und diese Forderung gilt für alle, die in diesem Land leben. Vielleicht ist es nicht mehr so sexy heute auf die Straße zu gehen. Wie viele Menschen am Ende kommen werden weiß ich nicht. Ich persönlich hoffe mehr als 100. Jedenfalls bin ich für jeden der kommt dankbar.